Das Schwarze Weib
Gewahrsam bringen!«
»Was wollt ihr denn von mir?« schnarrte Hammichel. »Ich hab' ja bloß das Pferd gehalten und von allem andern kein Sterbenswort gewußt.«
»Murr mir nicht viel, elender Giftmischer!« fuhr ihn Franz zornig an. »Bloß das Pferd gehalten! als ob das nicht genug wäre, dir einen Strick um den Hals zu drehen. Manschen und kuppeln immer und überall, das ist dein Handwerk; du sollst dran zu schlucken haben!«
Hammichel wollte, gänzlich geknickt und an allen Gliedern schlotternd, etwas darauf entgegnen, aber sein Lügenmaul blieb ihm tonlos offen stehen, denn ihm gerade gegenüber tauchte plötzlich Schneckenkaschper aus dem Gesträuch hervor und schien nicht im mindesten erstaunt, welchen Kreis von guten Bekannten er hier versammelt fand.
»Bube, verfluchter! Du hast uns verraten,« keifte der Alte mit vor Wut überschnappender Stimme, als sich ihm die Zunge wieder löste, und mit haßsprühenden Augen wollte er auf seinen Enkel los, um ihn zu würgen.
Aber Steffen trat schnell dazwischen und sprach: »Sachte, Halunke! mach' dir keine Ungelegenheiten, sonst regnet's hageldichte Hiebe.«
Kaspar sagte zu den Mädchen: »Ich hab' alles mit angesehen, war lange vor euch hier. Kannst du mich brauchen, Trudi?«
»Ei freilich!« erwiderte sie. »Einmal hast du den Bader für mich geholt, jetzt tu's für Franz. Er soll gleich auf den Gersbacherhof kommen und Franzens Wunde verbinden.«
Ohne Antwort flog der Junge davon.
»Also vorwärts!« gebot Peter. »Du Franz, machst, daß du heimkommst; wir zwei sind schon Manns genug als Trabanten für die beiden hier.«
»Zwei?« fragte Ammerie, »wir sind doch ohne Franz unser vier. Uns Mädchen rechnest du wohl nicht? wir wollen aber auch mit dabei sein und verlassen euch nicht, bis alles zu Ende ist.«
»Meinetwegen!« sagte Peter. »Faß an, Steffen! Nein, du nicht, Franz! Du darfst dich nicht bücken.«
Mit einem kräftigen Ruck hoben die zwei den Gefesselten vom Boden auf, der sich stumm alles gefallen und von seinen Bändigern auf dem Wege zum Turm in die Mitte nehmen ließ. Trudi und Ammerie folgten und trieben seinen Schildknappen wie einen gepfändeten Hammel vor sich her. Franz aber begleitete die gemischte Gesellschaft doch noch zum Schultheißen, damit dieser sich von seiner Verwundung überzeugen sollte.
Zum Liebsten, der an ihrer Seite ging, sprach Trudi leise: »Wie habt ihr's nur angestellt, daß ihr just im entscheidenden Augenblick zu unserer Rettung kamet?«
»Ja, konntet ihr törichten Jungfrauen denn glauben, daß wir euch den gefährlichen Weg allein machen und dem hungrigen Wolf geradeswegs in den Rachen laufen ließen?« erwiderte Franz. »Peter hat den Braten gleich gerochen, als ihr ihn um Rat fragtet, und mit mir und Steffen alles zu eurem Schutze verabredet. Sagen durfte er euch nichts davon, denn sonst hättet ihr euch am Ende nicht hergetraut, und unser köstlicher Plan, die Hasenstricker in ihren eigenen Schlingen zu fangen, wäre gescheitert. So aber haben wir ihnen aufgelauert und fürchteten nur, sie könnten uns entdecken, als sie sich in demselben Gebüsch verkrochen, wo wir bereits im Hinterhalt lagen. Schneckenkaschper stand schon Wache am Tor, als wir kamen, paßte auf, wann die Schufte sich nahten und tat uns, unbemerkt von ihnen, Kundschafterdienst.«
Trudi wußte nicht, wie sie mit ihrem vollen Herzen ihm danken sollte, und fragte nur: »Hast du Schmerzen?«
»Nur wenig,« antwortete er.
Beim Schultheißen führten sie die Verbrecher dem alten Herren vor, und nach Anhörung von Peters Bericht über das Geschehene schrieb Gottfried Bofinger den Befehl für den Schließer, die beiden einzukerkern. Dann ging es, während sich Franz stracks nach Hause begab, zum Eulenturm, wo Ebendorffer und Hammichel, voneinander gesondert, in Eisen gelegt wurden.
»Nun haben wir sie hinter Schloß und Riegel,« sprach Steffen und trennte sich mit einem fröhlichen Gute Nacht! von den anderen, wobei er Ammerie so kräftig die Hand drückte, daß sie beinah' laut aufgeschrien hätte.
Der ganze Vorgang hatte sich ziemlich schnell abgespielt und von Anfang bis zu Ende etwa dreiviertel Stunde gedauert.
Peter, Trudi und Ammerie wandten sich dem Abtshofe zu, sprachen aber kaum miteinander, denn das in einen knappen Zeitraum zusammengedrängt Erlebte übte seine mächtige Nachwirkung auf sie aus, die jeder in sich selbst zu überwinden strebte. Als sie aber an das Tor des Gehöftes kamen, sahen sie in zwei Fenstern des Hauses
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