Das Schwebebahn-Komplott
Hand
gehabt.
»Wenn Sie so
wollen, steht ein gebrochener Krug vor Ihnen«, sinnierte er
und warf die Waffe in die Luft, um sie mit spielerischer Sicherheit
aufzufangen.
»Sie sind sehr
pessimistisch«, murmelte Stefan, mehr, um Zeit zu gewinnen.
Spielberg wurde ihm unheimlich. Obwohl er nicht viel von Pistolen
verstand, so wusste er doch, wie man sie entsichert. Das leise
Klicken schenkte ihm einen Adrenalinstoß. Wie gebannt starrte
Stefan auf das böse Spielzeug in Spielbergs Hand, und dessen
irres Gelächter riss ihn aus den Gedanken.
»Ja«,
kicherte der. »Ich selber war es, der ihn getötet
hat.« Wieder lachte er. Sein ganzer Oberkörper
zitterte.
Stefan stutzte.
»Sie haben ihn erschossen?« Von Tod durch
Schusswaffeneinwirkung war nichts bekannt.
Spielberg stand gut
fünf Meter von Stefan entfernt. ›Aus dieser Entfernung
würde er ein nettes Loch in meinen Oberkörper
schießen‹, durchzuckte es ihn, während sein Blick
auf der Kanone in der fleischigen Pranke haftete. Die
verrücktesten Gedanken schossen durch Stefans Kopf, als er
sah, wie Spielberg die Hand mit der Waffe wieder hob, langsam, wie
in Zeitlupe. ›Wer würde die Nachtsendung moderieren,
wenn ich ein toter Mann bin -wer würde sich um Heike
kümmern ...‹ Das waren seine Gedanken, die in diesen
Sekunden durch seinen Kopf schossen. ›Eckhardt würde
toben, wenn ich mich so einfach kalt machen ließe - bei einer
solch heißen Story. ‹ Harald Spielberg hatte ihm
soeben gestanden, seinen Bruder eigenhändig getötet zu
haben, - kaltblütig ermordet zu haben. Die Geschichte nutzte
Stefan reichlich wenig, wenn er den Sender nicht lebend erreichen
würde. Da er nun zum Mitwisser geworden war, musste Spielberg
ja auch ihn umbringen!
»Warten
Sie«, rief Stefan sprichwörtlich im letzten Moment und
hob abwehrend die Hand.
Spielberg
zögerte. Seine Mundwinkel zuckten. »Sie haben ihn nicht
erschossen«, sagte der Reporter heiser.
Das war eine
Feststellung.
Spielberg
schüttelte den Kopf. »Nein«, murmelte er mit
singendem Unterton in der Stimme. »Das wäre zu
offensichtlich gewesen.« Er kicherte wieder. »Ich habe
ihn vergiftet, ein tödliches Gift in den Cocktail gemixt. Der
Idiot war so besoffen, dass er nicht einmal merkte, dass etwas in
dem Drink war, den ich ihm spendierte. Der Rest war Spielerei: Ich
habe ihn zum Elberfelder Bahnhof gefahren, von dort aus ist er
durch den Fußgängertunnel in Richtung Innenstadt
geschwankt, um sich total besoffen in die Schwebebahn zu setzen.
Dass ich ihn bis zur Bahn verfolgt habe, hat er schon gar nicht
mehr mitgekriegt.« Er schüttelte sich
amüsiert.
Nein, es bestand kein
Zweifel: Spielberg war wahnsinnig. Er hatte seinen eigenen Bruder
kaltblütig ermordet, und so würde er auch vor einem
zweiten Mord nicht zurückschrecken. Zumindest würde
Stefan das Wissen mit ins Grab nehmen, dass die Bewegung 12. April
nicht hinter Spielbergs Mord steckte. Somit handelte es sich
tatsächlich nur um einfache Trittbrettfahrer. ›Also war
doch Alkohol im Blut gewesen‹ durchzuckte es den Reporter.
So viel zur Verlässlichkeit der polizeilichen
Alkohol-Schnelltests. Er dachte an Heikes Worte, doch kam er nicht
dazu, den Gedankengang weiter zu verfolgen, denn die Ereignisse
überschlugen sich. Spielberg hatte die Pistole erhoben. Stefan
schloss die Augen, und sein Herzschlag setzte einen Augenblick aus,
als der Schuss ertönte. Er warf sich reflexartig auf den Boden
des Arbeitszimmers und riss die Arme über den Kopf.
10.
Kapitel
Das ist ein echter
Hammer«, staunte Eckhardt, als Heike ihm von dem Mordanschlag
auf Hans Zoch berichtete. Er zog anerkennend die Mundwinkel nach
unten und beugte sich weit über ihren Schreibtisch. Die blonde
Reporterin tippte, während sie ihm von den Geschehnissen am
Hammesberg berichtete, einen Beitrag in den Computer.
»Ich will eine
Meldung in der nächsten Stunde in den Lokalnachrichten
hören«, murmelte er und wandte sich ab.
»Dreißig Sekunden.«
Mit wenigen
Sätzen hatte sie ihm zuvor berichtet, was auf dem
Grundstück der Eheleute Zoch vorgefallen war. Immerhin konnte
man von einem Happy End reden - auch, wenn von dem unbekannten
Schützen noch jede Spur fehlte. Nachdem die Ärzte im
Bethesda-Krankenhaus die gute Nachricht überbracht hatten,
dass Hans Zoch außer Lebensgefahr sei, war Heike wie eine
Wahnsinnige zurück zur Redaktion gebraust, um prompt ihrem
Chef in die Arme zu laufen. Als sie von dem Attentat auf Hans Zoch
erzählt hatte, war dessen
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