Das Schwebebahn-Komplott
das Taschentuch mit beiden
Händen und zitterte plötzlich am ganzen Leib. Die Frau
blickte Heike fest an. »Mein Mann und ich kannten diesen
Spielberg gut.« Sie lachte trocken auf. »Zu gut«,
fügte sie dann hinzu.
Heike erwiderte:
»Ich habe Ihren Mann zuletzt gefragt, ob das kleine
Häuschen, das Sie beide bewohnen, abbezahlt
sei.«
Hilde Zochs Augen
weiteten sich. »Sie haben ... waas?«
»Ich wollte
nicht indiskret sein, ich kann jetzt gar nicht sagen, was mich zu
der Frage veranlasst hat«, räumte Heike mit dem Unterton
einer Entschuldigung ein. »Es ist mir äußerst
unangenehm, aber Ihr Mann ... nun, er behandelte mich nicht sehr
freundlich.«
»Das ist doch
klar, wenn Sie ihn zu Spielberg befragt
haben.«
Heike schüttelte
den Kopf. »Das habe ich nicht. Ich habe ihn nur zum Mord in
der Schwebebahn allgemein befragen wollen.«
»Sie haben ihn
doch gefragt, ob unser Haus abbezahlt sei, oder nicht?« Hilde
Zochs Augen sprühten Funken.
»Ja - aber
...« Heike räusperte sich. »Das ist mir
unangenehm. Wo ist da der Zusammenhang? Ich wollte nicht taktlos
sein ...«
»Nein, schon
gut«, beeilte Frau Zoch sich zu sagen und schnaubte sich die
Nase. »Sehen Sie, Frau Göbel, vor mehr als zehn Jahren
gerieten wir in einen finanziellen Engpass. Seinerzeit wurde der
Straßenbahnbetrieb eingestellt, und mein Mann fiel als arbeitsloser
Straßenbahnfahrer in ein tiefes Loch, trank viel und blieb
dem Dienst fern.«
»Warum
erzählen Sie mir das alles?«
»Wir konnten die
Raten für das Haus nicht bezahlen, wollten aber den Kindern
ein Heim bieten. Das war die Zeit, als Spielberg
auftauchte.«
Heike glaubte, sich
verhört zu haben.
»Spielberg war
ein junger, aufstrebender Geschäftsmann, der auf der Suche
nach Objekten war«, führte Hilde Zoch aus.
»Nach
Immobilien, die er für einen Spottpreis von
zahlungsunfähigen Besitzern übernehmen konnte?«
Heikes Wangen glühten vor Aufregung.
»Ja«,
stimmte Frau Zoch ihr zu. »So könnte man es
nennen.«
»Das ist...
unglaublich.«
Hilde Zoch ging nicht
auf Heikes Bemerkung ein. »Wir waren uns im Klaren über
die Nachteile der Abtrittserklärung, hatten aber keine andere
Wahl und Unterzeichneten den Vertrag.«
»... der Sie
fortan zu Mietern in den eigenen vier Wänden machte?«,
beendete die Reporterin den Satz.
»Ja«,
stimmte Hilde Zoch ihr zu. »Welche Wahl hatten wir denn?
Irgendwann, so schworen wir uns, wollten wir das Haus
zurückkaufen und es diesem Hai zeigen, der uns an die frische
Luft setzen wollte.«
»Aber ...
warum?«
Entweder wollte er
neue Häuser bauen, oder die Zinsen drastisch erhöhen. Der
Vertrag war mehr als zwielichtig, konnte aber vor jedem Gericht der
Welt bestehen. Er war ein verdammt schlauer
Fuchs.«
Heikes Gedanken
rasten. Langsam dämmerte ihr, warum der unbekannte
Schütze just in dem Moment zugeschlagen hatte, als die Sprache
auf die Besitzverhältnisse gekommen war. Man wollte mit aller
Macht verhindern, dass die Medien von den Machenschaften Spielbergs
Wind bekamen. - Und sie war eine Vertreterin der
Medien, und das, was Heike hier im Krankenhaus von Hilde Zoch
erfuhr, war ein Skandal, ein gefundenes Fressen für alle
Medien. Aber das klang so unwahrscheinlich, denn immerhin war Rolf
Spielberg doch tot.
Wer hatte jetzt noch
Interesse daran, seine Geschäfte fortzuführen?
Langsam fühlte
Heike sich wie eine Marionette in einem teuflischen
Spiel...
*
Spielberg
lachte.
Es war kein
freundliches, zuvorkommendes Lachen. Es klang höhnisch, ja,
überheblich, und Stefan kam sich vor wie in einem schlecht
inszenierten Theaterstück.
»Wie ... ich
meine, eigentlich sind Sie ... tot.«
Spielberg lachte
erneut, diesmal klang es fast mitleidig. »Alles ist
relativ«, bemerkte er und fuchtelte mit der Waffe herum, mit
der er den Reporter nach wie vor in Schach hielt.
»Darf ich jetzt
aber endlich erfahren, wer Sie sind und was Sie hier
treiben?«
»Stefan Seiler
ist mein Name. Ich arbeite für die
Wupperwelle.«
Spielberg nickte und
musterte ihn mit listigen Augen. Scheinbar dachte er angestrengt
nach. Das feiste Lächeln in seinem Gesicht verblasste.
»Und das gibt Ihnen das Recht, hier
einzudringen?«
»Natürlich
nicht«, beeilte Stefan sich zu sagen. »Aber die
Tür stand offen, und da ...«
»... da dachten
Sie, so eine Gelegenheit in der Privatsphäre meines Bruders
herumzuschnüffeln ergibt sich kein zweites Mal,
richtig?« Seine Stimme klang hart und unerbittlich. Dennoch
registrierte
Weitere Kostenlose Bücher