Das Schwebebahn-Komplott
Herausforderung an die
einzelnen Redakteure dar. Sie konnten später behaupten, ihre
Sendung tatsächlich eigenhändig gestaltet zu
haben.
Eckhardt zog Heike in
sein Büro und schloss die Tür hinter sich. »Es ist
mir egal, was Herr Seiler in seiner Freizeit treibt«, sagte
er, nachdem er sich in den Chefsessel gesetzt hatte. Spielerisch
legte er die Fingerspitzen beider Hände aneinander und
betrachtete die junge Redakteurin. »In den letzten beiden
Tagen ist zu viel geschehen. Die Erpressung in Verbindung mit
Spielbergs Tod ist ein Hammer, wie er in der Geschichte unserer
Stadt einzigartig ist.«
»Dann sollten
wir darüber berichten«, schlug Heike vor. Eckhardt
beugte sich weit über den Schreibtisch und schüttelte
energisch den Kopf. »Natürlich ist es eine große
Verlockung, einfach die Katze aus dem Sack zu lassen und die
komplette Wuppertaler Medienwelt mit dieser Exklusivgeschichte zu
überraschen. Aber ich muss mich an die Auflagen der Kripo
halten. Keine Nachricht über die Erpressung, solange die
Täter nicht eingekreist sind.«
»Und?«,
meinte Heike und wandte sich zum Gehen. Die Nachrichtenpause war
fast um. »Was hat das alles mit Seiler zu
tun?«
»Immerhin wollte
er zum Haus von diesem Spielberg«, erinnerte Eckhardt sie.
»Da ist es doch nicht auszuschließen, dass er von
dieser Bewegung 12. April abgefangen wurde und...«
Die Tür wurde
energisch auf gestoßen, Heike fuhr erschrocken herum. Ein
hoch gewachsener Mann steckte den Kopf ins Büro und grinste
breit: »Hallo!«
Die Redaktion hatte er
um zwei Minuten nach zwei Uhr betreten. Frau Stritzel, die
Empfangsdame an der Rezeption, hatte ihm gesteckt, dass Eckhardt
ihn händeringend überall suche. Sie hatte ihm empfohlen,
mal zum Chef reinzuschauen, wie sie das zu nennen pflegte. Brav kam
er der Empfehlung nach. Stefan hatte ein ernstes Wort mit Eckhardt
zu reden. Immerhin wusste er jetzt, dass Rolf Spielberg
tatsächlich ermordet worden war und dass die Bewegung 12.
April lediglich die Gunst der Stunde zu nutzen
versuchte.
»Seiler!«
Eckhardt sprang von seinem Ledersessel auf und musterte Stefan wie
einen Außerirdischen.
»Stefan!«,
rief Heike gleichzeitig sichtlich erleichtert.
»Welch
Empfang«, schwärmte dieser grinsend. »Darf ich
erfahren, warum ich so heiß begehrt bin?«
»Und ob«,
nickte Michael Eckhardt und erklärte ihm, dass er sich
ernsthaft Sorgen gemacht habe.
»Nicht ganz
unbegründet«, murmelte Stefan ausweichend und
überlegte, ob er von seiner Exkursion ins Präsidium
berichten sollte. Dann dachte er an Heike, die zurück ins
Studio musste und entschied sich dagegen. Sie würden
später über den Vorfall reden. Die Zeit rannte, die
Täter wollten Ernst machen und setzten den Reportern die
Pistole auf die Brust. Leider wussten diese nicht einmal, wo sie
mit ihren Recherchen ansetzen sollten.
»Nur so
viel«, sagte Stefan. »Spielberg ist
tot.«
»Was Sie nicht
sagen.« Eckhardt tippte sich bezeichnend gegen die
Schläfe. Auf seiner Stirn bildete sich eine steile Falte. Der
Chef wechselte einen raschen Blick mit Heike, fast so, als
bezweifle er Seilers geistigen Zustand. Dann schüttelte er den
Kopf. »Zum Scherzen bin ich wirklich nicht
aufgelegt.«
»Gut, dann
verrate ich eben nicht, dass Rolf Spielberg einen Zwillingsbruder
hatte, der sich vor meinen Augen selber umgebracht hat, und dass
der es war, der den Immobilienmakler in der Schwebebahn
niederstreckte.« Stefan drehte die Handflächen nach oben
und zuckte mit den Schultern. »Dann eben nicht.« Ohne
die Antwort des Chefs abzuwarten, verließ er das Büro.
»Bin außer Haus«, erklärte er lapidar.
Immerhin war erst in sieben Stunden Dienstanfang für
ihn.
»Stefan!«
Er fuhr auf dem Gang
herum. Heike kam angerannt, obwohl Kracht im Hintergrund bereits
die Verkehrshinweise verlas.
»Du musst ins
Studio«, sagte er ernst.
»Gleich«,
nickte sie. »Erst will ich wissen, was los war.« Sie
verschränkte trotzig die Arme vor der Brust und funkelte ihn
mit ihren blauen Augen an.
»Frau
Göbel, Sie sind dran«, rief Beate, die junge
Volontärin aus dem Hintergrund. Heike ignorierte den
Ruf.
»Heike -
bitte.« Stefan strich ihr eine widerspenstige
Haarsträhne aus der Stirn. »Das ist recht
kompliziert.«
»Dann komm mit
ins Studio und erzähl mir dort, was du
weißt.«
*
Zwischen den
redaktionellen Beiträgen berichtete er ihr, was geschehen war.
- Solange ein Musikstück lief, konnten sie sich ungestört
im Studio unterhalten.
»Spielberg
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