Das Schwebebahn-Komplott
Umständlich kroch Klaus unter dem Spülschrank
hervor, hockte auf allen Vieren und grinste zu Stefan hoch.
»Der ist so alt, er muss noch 'nen Hörschaden vom
Urknall haben.« Damit steckte er den Kopf wieder in den
Unterbauschrank und wühlte in den Utensilien herum. Stefan
blickte sich unauffällig in der Laube um. Es gab ein altes
Schlafsofa, davor ein primitiver Tisch mit zwei ebenso primitiven
Stühlen, eine Stehlampe mit knallrotem Schirm und
Messingfuß. An der einfachen Garderobe hing ein dunkler
Regenmantel, darunter schwere, schwarze Stiefel mit getrocknetem
Lehm an den Absätzen. Typische Gartenarbeiterschuhe. In einer
Nische ein altmodisches Sideboard aus den Siebzigern, darauf stand
eine vergoldete Schale mit zwei Schlüsseln. Neben der Schale
erkannte Stefan ein Telefon, ein Handy der ersten Generation und
eine alte Adler-Reiseschreibmaschine, die im Museum wahrscheinlich
ein heiß begehrtes Exponat gewesen wäre. Vermutlich war
Klaus sich dieses Schatzes nicht einmal bewusst.
»Hier ist das
Scheißding.« Klaus rappelte seine hundert Kilo
mühsam ächzend in die Höhe. Sein runder Kopf war
puterrot, als er Stefan die Zündblitzpistole überreichte.
»Weißt du, wie man damit umgeht?«
»Bin ich
blöd?«
»Hätte ja
mal sein können.« Er grinste schief. »Noch 'n
Bier?«
»Da will ich mal
nicht nein sagen.«
»Endlich«,
sagte Heike, als die Männer ins Freie traten, und blinzelte
ihnen verschlafen entgegen. »Habt ihr gefunden, wonach ihr
gesucht habt?«
»Klar«,
nickte Klaus im Brustton der Überzeugung und reichte Stefan
ein Bier. Genüsslich tranken sie.
»Sag mal«,
eröffnete der Reporter schließlich das Gespräch.
»Die alte Schreibmaschine da in deiner Laube ... was machst
du damit?«
Er musterte Stefan
unverständlich, seine buschigen Augenbrauen zogen sich
sekundenlang zu einem durchgehenden Strich zusammen. Dann lachte er
auf und winkte ab. »Die ist von Tabbert«, erklärte
Klaus. »Er war bis zum letzten Jahr Schriftführer in
unserem Vorstand. Dann wurde er abgewählt und wollte den ollen
Hackkasten wegschmeißen. So etwas tut mir in der Seele weh,
da kann ich nicht zuschauen.«
»Es ist eine
uralte Adler, sicherlich dreißig Jahre alt«, vermutete
Stefan und runzelte die Stirn. Während er von seinem Bier
trank, begann es in seinem Hirn zu arbeiten.
»Vierunddreißig Jahre
alt«, verbesserte Käfer-Klaus.
»Geschenkt, auf
jeden Fall ziemlich wertvoll.«
»Darf man
erfahren, was Sie bei den Stadtwerken genau machen?«, mischte
Heike sich nun ein. Sie nippte an ihrer Cola. Klaus blickte sie mit
ernster Miene an. War ihm diese Frage etwa unangenehm?
»Ich meine,
Stefan erzählte, Sie arbeiten in der
Schwebebahnwerkstatt.«
»Ja, ich
repariere die Züge, warte sie ...« Klaus blies die Luft
aus und rollte mit den Augen. »Alles, was halt so
anfällt.«
»Hast du auch an
dem Zug gearbeitet, der dem in der Station wartenden Wagen
aufgefahren ist?«, fragte Stefan und lehnte sich weit
über die Tischplatte.
»Klar«,
nickte Käfer-Klaus und nahm einen tiefen Schluck aus seiner
Bierflasche. Dann wischte er sich mit dem behaarten Handrücken
den Schaum aus dem Bart. »Wir arbeiten in Teams an einer
Generalüberholung, so wie sie der Zug gekriegt hatte. In der
Schwebebahnwerkstatt ist nichts besonders anders als in anderen
Werkstätten. Es gibt normale Schlosser, Schreiner, Lackierer
und Elektriker.« Er zuckte die Schultern und zog die
Mundwinkel nach unten. »Irgendetwas ist bei denen wohl schief
gelaufen.«
»Bei den
Elektrikern?«, hakte Heike nach.
»Klar. Der Zug
war nicht zu bremsen, weil ein elektrisches Bauteil, ein
Schütz, versagt hat - warum auch immer.«
»Unternimmt man
nach einer solch umfangreichen Inspektion keine Probefahrt, bevor
man einen Fahrer mit einem überholten Schwebebahnzug auf
Strecke schickt?« Heike erhob sich und trat hinter Stefan. Er
spürte die Wärme ihrer Haut auf seiner Schulter, als sie
ihn zärtlich massierte.
»Natürlich«,
brummte der bärtige Hüne jetzt. »Weiß der
Teufel, was da passiert ist. Der Kollege hat den Zug abgenommen und
konnte keine Defekte feststellen.«
Unauffällig
blickte Stefan zu Heike auf. Langsam keimte ein vager Verdacht in
ihm auf. »Sabotage?«
Heikes Massage wurde
kurz unterbrochen, dann bohrte sich ihr rechter Daumen in Stefans
Schulter. Beinahe hätte er aufgeschrien. Sie hatte endlich
verstanden, worauf er hinauswollte. »Vielleicht jemand aus
Ihren eigenen Reihen?«, spann Heike den Faden
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