Das Schwebebahn-Komplott
Minuten
später stand er am Eingangsbereich des Kleingartenvereins.
Dort wurde er von Stefan und Heike, einem äußerst
schlecht gelaunten Ulbricht, dessen milchgesichtigen Assistenten,
einigen Streifenpolizisten und einem kleinen Spurensicherungstrupp
empfangen.
»Und Sie sind
sicher, dass das Sinn macht?«, fragte Eckhardt, an Ulbricht
gewandt. »Das ist ja die reinste Razzia. Wenn er's nun gar
nicht ist.«
Der Kommissar kaute
auf einem erkalteten Zigarettenstummel herum und betrachtete die
Schuhspitzen seiner ausgetretenen Hush Puppies. Nächste Woche
würde er sie mal wieder putzen. »Das lassen Sie mal
meine Sorge sein. Ich schreibe Ihnen ja auch nicht vor, welche
Musik Sie im Radio spielen. Aber um Sie nicht dumm sterben zu
lassen: Ich habe mir das Original des Erpresserschreibens
besorgt.
Er zog das Schreiben
aus der Tasche seines Trenchcoats und wedelte Eckhardt damit vor
der Nase herum. »Die Jungs hier von der Spurensicherung haben
sich vor Begeisterung in den Arsch gebissen, als ich sie zum Dienst
holte. Wegen ... wegen eines Briefes.« Er schüttelte den
Kopf, dann erhellte ein Grinsen seine Gesichtszüge, und er
wirkte versöhnlicher. »Das Schriftbild ist absolut
identisch mit dem des Zettels, den mir Ihr Mitarbeiter besorgt hat.
Dann gibt es noch einige Argumente, die gegen diesen Lange
sprechen. Zunächst bestätigte mir der Betriebsleiter der
Vohwinkler Werkstatt, dass Lange in den letzten Tagen nur
unregelmäßig zum Dienst in der Werkstatt erschienen war.
Er gab Arzttermine und eine Autopanne als Gründe
an.«
Stefan wechselte einen
raschen Blick mit Heike. Sie hatte Käfer-Klaus am
Schwebebahnhof Loh gesehen, nachdem dort das Feuer ausgebrochen
war. Zu einer Zeit, zu der normale Menschen längst
arbeiten.
Ulbricht zählte
weiter auf und dozierte wie ein zerstreuter Professor. »Er
hat verdammt viele Schulden, säuft und lebt geschieden von
seiner Frau, zahlt Alimente, fährt einen Oldtimer und hat
dennoch Geld, einen Kleingarten zu halten? Da kommt 'ne Menge Holz
zusammen, mein lieber Mann. Außerdem hat Seiler in
der Laube eine verdächtige Werkzeugtasche mit Elektroteilen
gesehen. Also scheint der Bursche auch auf dem Gebiet der Elektrik
nicht ganz unbewandert.«
»Das getauschte
Schütz im Schwebebahn-Auffahrunfall?« Eckhardt
schürzte die Lippen.
»Möglich
ist alles. Da wir so ziemlich im Dunkeln tappen, müssen wir
uns jeder Spur annehmen.«
Stefan trat mit Heike
einen Schritt näher, als sich die Streifenbeamten einsatzklar
machten. »Können wir dabei sein?«
»Muss das
sein?« Verdammt stöhnte auf.
»Geben Sie sich
einen Ruck, Mann«, forderte der Chefredakteur ihn auf.
»Immerhin steckt unser Sender knietief mit drin in der
Geschichte. Da wäre eine kleine Exklusivstory doch das
Mindeste, was rausspringen müsste, oder? Als kleine
Entschädigung, sozusagen.«
»Sie werden mir
unheimlich, Eckhardt«, flüsterte Ulbricht und dachte
angestrengt nach. Dann hatte er sich eine Strategie
zurechtgelegt.
»Ich denke, es
ist unklug, wenn Ihre Leute bei der Vernehmung anwesend sind. Die
Exklusivstory ist Ihnen sowieso sicher. Von mir aus können Sie
aus der Entfernung Zusehen, wenn der Typ abgeführt wird. Aber
hüten Sie sich, mit Namen rauszurücken!«
»Ich kenne das
Datenschutzgesetz«, erwiderte Eckhardt.
»Gut, dann
lassen Sie uns jetzt einfach unsere Arbeit machen.« Ulbricht
ließ Eckhardt, Heike und Stefan stehen wie begossene Pudel
und gab seinen Leuten ein Zeichen. Gefolgt von seinem Assistenten
und vier uniformierten Polizisten betrat er den kiesbelegten Weg
der
Kleingartenanlage.
»Typisch
Bullen«, wetterte Heike, als die Beamten außer
Hörweite waren. »Wir dürfen die Drecksarbeit
machen, und wenn es spannend wird, dann behandelt man uns
wie dumme
Kinder. Das ist das Letzte!« Sie stapfte wütend mit dem
Fuß auf und ballte die kleinen Hände zu
Fäusten.
Stefan nahm sie in die
Arme und strich ihr durch das Haar.
»Wir werden
nichts verpassen, ganz sicher.«
*
»Hallo und guten
Morgen, hier ist Stefan Seiler, Sie hören den Wupperwecker,
ich heiße Sie herzlich willkommen mit It Is A Good Sign von Emilia, und
über das gute Zeichen werden wir gleich in Ruhe reden.
Versprochen, also bleiben Sie dran.« Regler zurück,
Kopfhörer ab.
» Come on, Come on, Come on
... «
sang er leise mit.
»He, so gut
gelaunt?« Heike räkelte sich verschlafen im Studiostuhl,
als Stefan den Kopfhörer abnahm. »Was meintest du mit
dem guten Zeichen, über das
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