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Das Schweigen der Laemmer

Das Schweigen der Laemmer

Titel: Das Schweigen der Laemmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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Frau gefangen-gehalten und wo sie umgebracht wurde. Wir hoffen, daß dieses Insekt eine spezielle Eigenart hat oder daß es auf einen Bereich begrenzt ist, wissen Sie, oder daß es nur auf einer bestimmten Baum-art schläft - wir wollen wissen, wo dieses Insekt herkommt. Ich bitte um Ihr Vertrauen, weil - hat der Täter das Insekt dort vorsätzlich plaziert - nur ihm diese Tatsache bekannt wäre und wir sie dann verwenden könnten, um falsche Geständnisse zu eliminieren und Zeit zu sparen. Er hat mindestens sechs umgebracht.
    Die Zeit frißt uns auf.«
    »Glauben Sie, er hält genau in dieser Minute, in der wir uns sein Insekt ansehen, eine weitere Frau gefangen?« fragte Roden sie ins Gesicht. Seine Augen waren weit aufgerissen, und sein Mund stand offen. Sie konnte ihm in den Mund sehen, und eine Sekunde lang besann sie sich blitzartig auf etwas anderes.
    »Ich weiß nicht.« Das ein wenig schrill. »Ich weiß nicht«, wiederholte sie, um dem Geäußerten die Schärfe zu nehmen. »Er wird es wieder tun, sobald er kann.«
    »Also kümmern wir uns um dies, sobald wir können«, sagte Pil- cher. »Machen Sie sich keine Sorgen, wir sind darin gut. Sie könnten nicht in besseren Händen sein.« Mit einer dünnen Zange entfernte er das braune Objekt aus dem Glas und legte es auf ein Stück weißes Papier unter dem Licht. Er schwenkte eine Lupe mit biegsamem Arm darüber.
    Das Insekt war lang, und es sah aus wie eine Mumie. Es steckte in einer halbtransparenten Hülle, die sich seinen allgemeinen Umrissen wie ein Sarkophag anpaßte. Die Fortsätze waren so fest gegen den Körper gebunden, daß sie genausogut in Flachrelief hätten gemeißelt sein können. Das kleine Gesicht sah weise aus.
    »Erstens, es ist nichts, was eine Leiche normalerweise im Freien befallen würde, und es wäre auch nicht im Wasser, es sei denn, durch Zufall«, sagte Pilcher. »Ich weiß nicht, wie vertraut Sie mit Insekten sind oder wieviel Sie hören wollen.«
    »Sagen wir mal, ich weiß überhaupt nic hts. Ich möchte, daß Sie mir alles erklären.«
    »Okay, dies ist eine Puppe, ein unausgereiftes Insekt, in einer Chrysalis - das ist der Kokon, der es zusammenhält, während es sich von einer Larve zu einem ausgewachsenen Insekt umwan-delt«, erläuterte Pilcher.
    »Pupa obtecta, Pilch?« Roden rümpfte die Nase, damit seine Brille nicht herunterrutschte.
    »Yeah, ich glaube, ja. Willst du Chu über die unausgereiften Insekten herunterholen? Okay, dies ist das Puppenstadium eines großen Insekts. Ein Großteil der weiterentwickelten Insekten durchläuft ein Puppenstadium. Viele von ihnen verbringen den Winter auf diese Weise.«
    »Buch oder nachschauen, Pilch?« fragte Roden.
    »Ich schaue nach.« Pilcher brachte das Exemplar zum Objekt-tisch eines Mikroskops und beugte sich mit einer Zahnsonde in der Hand darüber. »Also los: Keine ausgeprägten Atmungsor-gane in der dorsalzephalen Region, Tracheen auf dem Mesotho-rax und einige Abdominalsegmente, fangen wir damit an.«
    »Mhhmhhmm«, sagte Roden und blätterte Seiten in einem kleinen Handbuch um. »Funktionelle Mandibeln?«
    »Nee.«
    »Paarige Markierungen der Maxillen auf dem Ventro meson?«
    »Ja, ja.« »Wo sind die Antennen?«
    »An den Mesalrand der Flügel angrenzend. Zwei Paar Flügel, das innere Paar vollkommen bedeckt. Nur die drei unteren Abdominalsegmente sind frei. Kleine punktartige Cremaster - ich würde sagen, Lepidoptera.«
    »Das steht auch hier«, sagte Roden.
    »Es ist die Familie, zu der die Schmetterlinge und Nachtfalter gehören. Umfaßt ein großes Gebiet«, erklärte Pilcher.
    »Wird schwierig werden, wenn die Flügel durchnäßt sind. Ich hol' mal die Nachschlagewerke«, sagte Roden. »Ich kann dich wohl nicht davon abhalten, über mich zu reden, während ich weg bin.«
    »Wohl kaum«, entgegnete Pilcher. »Roden ist in Ordnung«, er-klärte er Starling, sobald Roden den Raum verlassen hatte.
    »Ich bin sicher, daß er das ist.«
    »Tatsächlich.« Pilcher schien amüsiert. »Wir waren Kommilito-nen, arbeiteten und schnappten uns jedes Forschungsstipendium, das wir nur kriegen konnten. Er bekam eins, wo er in einem Kohlenbergwerk unten sitzen mußte, um auf den Protonenzerfall zu warten. Er ist einfach zu lang im Dunkeln geblieben. Er ist in Ordnung. Nur nicht Protonenzerfall erwähnen.«
    »Ich werd' versuchen, drum herumzureden.«
    Pilcher wandte sich von dem grellen Licht ab. »Lepidoptera, das ist eine große Familie. Vielleicht dreißigtausend Schmetterlinge

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