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Das Schweigen der Laemmer

Das Schweigen der Laemmer

Titel: Das Schweigen der Laemmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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Angst, daß man Catherine Baker Martins Leiche gefunden hatte. Als Buffalo Bill entdeckte, wer sie war, war er vielleicht in Panik geraten. Er hatte sie vielleicht umgebracht und ihren Körper mit einem Insekt im Hals abgeladen.
    Vielleicht brachte Crawford das Insekt zum Identifizieren.
    Warum sonst würde er sie im Smithsonian treffen wollen? Doch jeder x-beliebige Agent konnte ein Insekt ins Smithsonian bringen, ein FBI-Bote konnte es tun, was das betraf. Und er hatte ihr gesagt, sie solle für zwei Tage packen.
    Sie konnte verstehen, daß Crawford es ihr nicht über eine unge-sicherte Richtfunkstrecke erklären wollte, doch es war zum Verrücktwerden, so gespannt zu sein.
    Sie fand einen reinen Nachrichtensender im Radio und wartete das Ende des Wetterberichts ab. Die Nachrichten selbst waren keine Hilfe. Die Story aus Memphis war ein Aufguß der 19-Uhr-Nachrichten. Senatorin Martins Tochter war vermißt. Man hatte ihre Bluse im Stil von Buffalo Bill am Rücken entlang aufgeschlitzt gefunden. Keine Zeugen. Das in West Virginia entdeckte Opfer blieb unbekannt.
    West Virginia. Unter Clarice Starlings Erinnerungen an die Leichenhalle von Potter war etwas Hartes und Wertvolles. Etwas Haltbares, das von den dunklen Enthüllungen getrennt aufleuch-tete. Etwas zum Behalten. Sie erinnerte sich nun absichtlich daran und stellte fest, daß sie es wie einen Talisman drücken konnte. Als sie in der Leichenhalle von Potter am Becken stand, hatte sie Kraft aus einer Quelle geschöpft, die sie überraschte und erfreute - die Erinnerung an ihre Mutter. Starling hatte mit dem durch ihre Brü-
    der weitergereichten Wohlwollen ihres verstorbenen Vaters über-lebt; diese neue großzügige Gabe, die sie gefunden hatte, er-staunte und bewegte sie.
    Sie parkte den Pinto in der Tiefgarage des FBI-Hauptquartiers an der Zehnten und Pennsylvania. Auf dem Bürgersteig waren zwei Fernsehteams aufgestellt, deren Reporter im Scheinwerferlicht zu gepflegt aussahen. Sie waren dabei, mit dem J. Edgar Hoover Building im Hintergrund Berichte zu rezitieren. Starling ging den Lichtern aus dem Weg und marschierte die zwei Blocks zum Smithsonian's National Museum für Naturgeschichte.
    Hoch oben in dem alten Gebäude konnte sie ein paar erhellte Fenster sehen. Ein Dienstwagen der Bezirkspolizei von Baltimore war in der halbkreisförmigen Auffahrt geparkt. Dahinter wartete Crawfords Fahrer Jeff am Steuer eines neuen Überwachungswagens. Als er Starling kommen sah, sprach er in ein Handfunkgerät.

18. Kapitel

    Der Aufseher brachte Clarice Starling zur zweiten Ebene über dem großen ausgestopften Elefanten des Smithsonian. Die Fahrstuhltür öffnete sich auf jenes weite halbdunkle Stockwerk. Crawford wartete dort allein, die Hände in den Taschen seines Regenmantels.
    »'n Abend, Starling.«
    »Hallo«, sagte sie.
    Über ihre Schulter sagte Crawford zum Aufseher: »Von hier aus finden wir allein weiter, Officer, danke.«
    Crawford und Starling gingen nebeneinander einen schmalen Gang zwischen den aufgestapelten Tabletts und Kästen mit anthropologischen Museumsstücken entlang. Einige Deckenlampen waren an, nicht viele. Als Starling mit ihm die für einen Cam-pusspaziergang typische Haltung einnahm - leicht gekrümmt und nachdenklich -, wurde ihr bewußt, daß Crawford ihr die Hand auf die Schulter legen wollte, daß er es getan hätte, wenn es ihm möglich gewesen wäre, sie zu berühren.
    Sie wartete darauf, daß er etwas sagte. Schlie ßlich blieb sie stehen, steckte ebenfalls die Hände in die Taschen, und im Schweigen der Gebeine sahen sie einander über den Gang hinweg an.
    Crawford lehnte den Kopf nach hinten gegen einen der Kästen und atmete tief durch die Nase ein. »Catherine Martin ist wahrscheinlich noch am Leben«, sagte er.
    Starling nickte und hielt den Kopf nach dem letzten Nicken gesenkt. Vielleicht fände er es leichter, zu reden, wenn sie ihn nicht anschaute. Er war ruhig, doch etwas hatte Macht über ihn. Starling fragte sich in dem Moment, ob seine Frau gestorben sei. Vielleicht rührte es aber auch daher, den ganzen Tag mit Catherines bekümmerter Mutter verbracht zu haben.
    »Memphis war ein ziemlicher Schlag«, sagte er. »Er hat sie auf dem Parkplatz erwischt, glaube ic h. Keiner hat es gesehen. Sie ging in ihr Apartment, und dann kam sie aus irgendeinem Grund wieder heraus. Sie hatte nicht vor, lang draußen zu bleiben - sie ließ die Tür angelehnt und den Sicherheitsriegel eingeschnappt, damit die Tür nicht hinter ihr ins

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