Das Schweigen der Laemmer
Problem bei der Erstellung psychologischer Diagramme. Ich möchte Sie um Ihre Hilfe bitten.«
»Wobei ›wir‹ die Abteilung für Verhaltensforschung in Quantico ist. Sie gehören zu Jack Crawfords Leuten, nehme ich an.«
»Das tue ich, ja.«
»Darf ich Ihre Ausweispapiere sehen?«
Darauf war sie nicht gefaßt. »Ich habe sie im... Büro vorge-zeigt.«
»Sie wollen damit sagen, Sie haben Sie Dr. phil. Frederick Chilton gezeigt?«
»Ja.«
»Haben Sie seine Papiere gesehen?«
»Nein.«
»Die akademischen geben keinen umfassenden Lesestoff ab, das kann ich Ihnen sagen. Sind Sie Alan begegnet? Ist er nicht reizend? Mit welchem von ihnen würden Sie lieber sprechen?«
»Alles in allem würde ich sagen, mit Alan.«
»Sie könnten eine Reporterin sein, die Chilton für Geld hereingelassen hat. Ich glaube, ich bin dazu berechtigt, Ihre Ausweispapiere zu sehen.«
»Na gut.« Sie hielt ihren laminierten Ausweis hoch.
»Aus dieser Entfernung kann ich ihn nicht lesen, schicken Sie ihn bitte durch.«
»Das kann ich nicht.«
»Weil er hart ist.«
»Ja.«
»Fragen Sie Barney.«
Der Pfleger kam und dachte nach. »Dr. Lecter, ich werde den Ausweis durchschieben. Wenn Sie ihn aber nicht zurückgeben, wenn ich Sie darum bitte - wenn wir alle Mann bemühen und Sie fesseln müssen, um ihn zu kriegen -, dann werde ich sauer sein.
Wenn Sie mich soweit bringen, bleiben Sie eingemummt, bis ich wieder besser auf Sie zu sprechen bin. Mahlzeiten durch den Schlauch, Gummihosen zweimal täglich gewechselt - der ganze Kram. Und ich werde Ihre Post eine Woche lang einbehalten. Kapiert?«
»Gewiß, Barney.«
Die Karte rollte auf dem Tablett durch, und Dr. Lecter hielt sie ans Licht.
»Eine Auszubildende? Hier steht ›Auszubildende‹. Jack Crawford hat eine Auszubildende geschickt, um mich zu befragen?« Er klopfte mit der Karte gegen seine kleinen weißen Zähne und atmete ihren Geruch ein.
»Dr. Lecter«, sagte Barney.
»Natürlich.« Er legte die Karte in das Tablett zurück, und Barney zog es nach draußen.
»Ich bin noch in der Ausbildung an der Akademie, ja«, sagte Starling, »aber wir diskutieren hier nicht über das FBI - wir unterhalten uns über Psychologie. Können Sie selbst feststellen, ob ich in dem Fach qualifiziert bin, über das wir uns unterhalten?«
»Hmmmm«, meinte Dr. Lecter. »Eigentlich... ist das ziemlich gerissen von Ihnen. Barney, glauben Sie, Officer Starling könnte einen Stuhl haben?«
»Dr. Chilton hat mir nichts von einem Stuhl gesagt.«
»Was sagen Ihnen Ihre Manieren, Barney?«
»Hätten Sie gern einen Stuhl?« fragte Barney sie. »Wir hätten einen haben können, aber er kriegt ja nie - also, gewöhnlich muß keiner so lang bleiben.«
»Ja, danke«, sagte Starling.
Barney brachte einen Klappstuhl aus dem abgeschlossenen Wandschrank auf der gegenüberliegenden Seite des Korridors, stellte ihn auf und ließ sie allein.
»Nun«, sagte Lecter und setzte sich seitwärts an seinen Tisch, um ihr das Gesicht zuzuwenden, »was hat Miggs zu Ihnen gesagt?«
»Wer?«
»Der multiple Miggs, in der Zelle dort unten. Er hat Sie ange-zischt. Was hat er gesagt?«
»Er sagte: ›Ich kann deine Fotze riechen. ‹«
»Aha. Ich selbst kann es nicht. Sie benutzen Evyan-Hautcreme, und manchmal tragen Sie L'Air du Temps, aber nicht heute. Heute sind Sie entschieden unparfümiert. Was meinen Sie zu dem, was Miggs gesagt hat?«
»Er ist aus Gründen feindselig, die ich nicht kennen kann. Es ist zu dumm. Er ist feindselig gegen Leute, Leute sind feindselig gegen ihn. Es ist eine Schleife.«
»Sind Sie ihm feindlich gesinnt?«
»Es tut mir leid, daß er gestört ist. Darüber hinaus bedeutet er Lärm. Wie haben Sie von dem Parfüm gewußt?«
»Ein Hauch aus Ihrer Tasche, als Sie Ihre Karte herausholten.
Ihre Tasche ist schön.«
»Danke.«
»Sie haben doch Ihre beste Tasche gebracht, oder?«
»Ja.« Es stimmte. Sie hatte für die klassische sportliche Handtasche gespart. Es war das beste Stück, das sie besaß.
»Sie ist viel besser als Ihre Schuhe.«
»Vielleicht bringen die's auch noch soweit.«
»Das bezweifle ich nicht.«
»Haben Sie die Zeichnungen an Ihren Wänden gemacht, Doktor?«
»Glauben Sie, ich habe einen Dekorateur kommen lassen?«
»Ist die über dem Waschbecken eine europäische Stadt?«
»Es ist Florenz. Das ist der Palazzo Vecchio und der Duomo, vom Belvedere aus gesehen.«
»Haben Sie sie aus dem Gedächtnis gezeichnet, die ganzen Details?«
»Gedächtnis ist das,
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