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Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Titel: Das Schweigen der Miss Keene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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das absurde Verlangen, seine Lippen auf ihre warme bloße Haut zu drücken.
    »Was ist los?«, fragte sie mit einer gewissen Besorgnis, als er nicht aufhörte, ihre Finger zu betrachten. »Stimmt etwas nicht?« Sie versuchte, ihre Hand wegzuziehen, aber er hielt sie fest.
    »Ich habe nur geschaut, ob Ihre Fingerknöchel weiß sind. Sie haben sich mit beeindruckender Kraft an meinen Armen festgehalten.«
    Ihr Mund formte ein O und ihre Röte vertiefte sich. Er fand ihre Reaktion bezaubernd.
    »Ich bin sicher, dass mir der Abdruck einige Stunden erhalten bleibt«, sagte er und zog einen Mundwinkel zu einem schiefen Grinsen hoch. »Zumindest hoffe ich das.«
    Dann gab er seinem Impuls nach und küsste ihren Handrücken. Ihre Haut war warm und weich, genau, wie er es sich vorgestellt hatte.
    Audrey klatschte und Andrew schlitterte zu ihnen. »Gehört das auch zum Tanz?«, wollte er wissen.
    »Vielleicht«, gab Edward zur Antwort, und ließ Miss Keene widerstrebend los. »Eines Tages, wenn du viel älter bist.«

     
    Audrey saß auf einem kleinen Hocker im Garten, Staffelei und Palette neben sich. Vor lauter Konzentration hatte sich ihre Zunge ein Stückchen aus dem Mund hervorgeschoben. Während sie versuchte, einen Baum abzubilden, ging Olivia ein paar Meter hinter ihr auf und ab, das lateinische Lehrbuch in der Hand, und hielt ab und zu inne, um Audrey zu ermutigen oder ihr einen Vorschlag zu machen.
    Andrew saß im Schneidersitz im Gras, fing Käfer in seinen Händen ein und hörte Olivia träge bei ihrem Versuch zu, Latein zu unterrichten.
    Eine Tür in der Friedhofsmauer öffnete sich quietschend und Olivia zuckte zusammen. Mr Tugwell erschien in dem engen gebogenen Durchgang. »Guten Tag, die Damen. Guten Tag, Master Andrew.« Er verbeugte sich. »Ich habe eben gehört, wie jemand lateinische Verben dekliniert hat. Waren Sie das, Miss Keene?«
    Olivia spürte, wie ihr die Hitze ins Gesicht stieg. »Bestimmt sind meine Lateinkenntnisse nichts gegen Ihre, Mr Tugwell. Ich hoffe, ich habe Sie nicht gestört.«
    »Keineswegs. Sie haben eine wunderschöne Stimme. Wissen Sie, ich erwähnte es Bradley gegenüber, als Sie hier ankamen. Denn ich war Ihnen bereits einmal begegnet, bevor dieses unglückliche … hm, Missgeschick Ihnen die Sprachfähigkeit raubte. Und aufgrund unseres kurzen Aufeinandertreffens wusste ich, dass Sie eine gebildete, vornehme Frau sein mussten.«
    »Dachten Sie das tatsächlich? Dann danke ich Ihnen. Lord Bradley hat Ihrer Einschätzung aber anscheinend nicht geglaubt.«
    »Nein. Er ist ein Mann, der lieber seine eigenen Schlüsse zieht, und manchmal etwas voreilig, fürchte ich.«
    Sie grinste. »Ich glaube, er könnte das Gleiche von Ihnen sagen.«
    »Sie haben zweifellos recht. Obwohl ich vielleicht zu schnell dabei bin, milde zu urteilen und er dagegen streng, halte ich meinen Fehler für geringer, wenn ich das über mich selbst sagen darf.« Seine Augen funkelten.
    »Ich stimme Ihnen völlig zu. Aber wie ich von Lord Bradley gehört habe, haben Sie oft einen hohen Preis dafür gezahlt, dass sie zu gut von jemand gedacht haben.« Sie neigte den Kopf und fragte: »Vielleicht möchten Sie mir ein Beispiel dafür erzählen?«
    Mr Tugwell senkte das Kinn. »Ach, Sie werden mich ebenfalls verspotten, das sehe ich schon.«
    »Ganz und gar nicht, Sir. Aber es weckt natürlich meine Neugier.«
    »Na gut. Wenn Sie einverstanden sind, mit mir eine Runde durch den Garten zu spazieren, werde ich Ihnen etwas erzählen.«
    Olivia lächelte. Sie ermutigte Audrey, an ihrem Bild weiterzuarbeiten, und versicherte den Kindern, dass sie in ein paar Minuten wieder da wäre.
    »Ich hoffe nicht, dass so eine Geschichte Sie davon abhalten wird, Menschen zu vertrauen, Miss Keene«, begann er.
    »Ich werde mich bemühen, unvoreingenommen zu bleiben.«
    »Gut. Nun, wie soll ich ein einzelnes Beispiel auswählen? Lassen Sie mich nachdenken … Natürlich habe ich ab und zu ein Problem im Armenhaus. Ich dachte, der alte Mann an Krücken wäre wirklich ein früherer Soldat, den das Glück verlassen hatte. Er stahl jedes einzelne Möbelstück aus seinem Zimmer und ließ nur die Krücken zurück, um mich zu ärgern!«
    Olivia lachte und schlug sich schnell die Hand auf den Mund.
    »Dann war da dieses junge Dienstmädchen – ein hübsches Ding, deshalb warnte mich Edward besonders vor ihr. Aber ich vertraute ihr, und weg war der komplette Abendmahlswein, der für zwölf Monate gereicht hätte. Dann gibt es da natürlich

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