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Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Titel: Das Schweigen der Miss Keene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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Erwähnung Ihrer Qualifikation?«
    Sie zögerte und nickte dann.
    Er verzog das Gesicht. »Sind Sie tatsächlich aufgrund der vagen Hoffnung hergekommen, eine Anstellung in einer Schule zu erhalten, wenn Sie nicht einmal wissen, wie die Leiterin heißt oder ob überhaupt eine Stelle zu vergeben ist?«
    Trotzig hob sie das Kinn und nickte wieder.
    Er schüttelte den Kopf. »Unglaublich. Und was ist das für eine Geschichte mit Ihrer Mutter? Sie vertraut ihrer eigenen Empfehlung so sehr, dass sie nicht daran zweifelt, Sie glücklich beschäftigt in der Schule anzutreffen, sobald sie zufällig vorbeikommt?«
    Olivia zuckte die Achseln.
    »Warum schreiben Sie nicht direkt an Ihre Mutter? Teilen Sie ihr mit, dass Sie stattdessen hier eine Stellung bekommen haben. Ich gebe meine Zustimmung dazu.«
    Sie zauderte und schüttelte dann langsam den Kopf.
    Seine hellblauen Augen wanderten über ihre gefalteten Hände und ihre hoffentlich harmlose Miene, bevor er sich wieder dem Brief zuwandte. »Ich frage mich, Miss Olivia Keene – was Sie zu verbergen haben?«
    Sie zwang sich, seinem kritischen Blick unverwandt standzuhalten.
    Er faltete das Papier zusammen. »Danke, Charles. Ich werde Hodges beauftragen, das hier sofort abzuschicken. Es ist nicht nötig, dass Sie sich Mühe damit machen.«
    Er schaute wieder zu Olivia. »Aber ich würde an Ihrer Stelle nicht gespannt auf eine Antwort warten. Davon abgesehen sind Sie natürlich nicht frei, eine andere Stellung anzunehmen, solange Sie meine Erlaubnis dazu nicht haben.«
    Mr Tugwell erhob Einspruch. »Wirklich, Edward, ich verstehe nicht –«
    Lord Bradley unterbrach ihn mit erhobener Hand. »Keine Sorge, Charles. Miss Keene versteht es.« Er starrte sie aus zusammengekniffenen Augen an. »Nicht wahr?«
    Sie kniff ebenfalls die Augen zusammen, nickte aber dem Pfarrer zuliebe.
    »Sehr gut. Ich werde Sie beide nun für den Rest dieses Besuchs allein lassen.« Lord Bradley machte auf der Ferse kehrt und verließ den Raum so abrupt, wie er ihn betreten hatte.
    Nach einem peinlichen Moment des Schweigens nahm der Pfarrer seinen Hut vom Sofa. »Ich sollte mich wohl besser verabschieden und Ihnen erlauben, zu Ihren Pflichten zurückzukehren.« Er zögerte und ließ den Hut an der Krempe kreisen. »Ich hoffe, es ist Ihnen nicht unangenehm, wenn ich Ihnen sage, dass ich immer noch für Sie bete, Miss Keene.« Er sah zwischen der verschlossenen Tür und ihr hin und her. »Ich spüre, dass es Dinge in Ihrem Leben gibt, die nicht so sind, wie sie sein sollten. Ich bitte Gott darum, dass er Ihnen alles zum Besten dienen lässt, denn die Schrift sagt, dass er das für die Menschen tut, die ihn lieben und die nach seinem Ratschluss berufen sind. – Tun Sie das, Miss Keene«, fragte er behutsam, »lieben Sie ihn? Vertrauen Sie ihm und dienen Sie ihm?«
    Verwirrt starrte sie ihn an. Wie konnte ein Mann, den sie kaum kannte, ihr solche persönlichen Fragen stellen? Sie wusste nicht, ob sie gerührt oder gekränkt sein sollte. Die sanften Linien seines Gesichts verschwammen vor ihr und voller Verlegenheit bemerkte sie, dass ihr Tränen in die Augen stiegen und über die Wangen rannen.
    Nein … Sie schüttelte den Kopf. Ich vertraue Gott nicht und diene ihm nicht , dachte sie. Liebe ich ihn? Manchmal? Ist mein Leben so, wie es sein sollte? Bin ich, wie ich sein sollte? Nein und nochmals nein.
    Er nahm ihre Hand. »Ich werde auch dafür beten.«

     
    Ein paar Tage später bot Olivia Becky an, ihr beim Ausklopfen der Kinderzimmerteppiche zur Hand zu gehen. Als sie sich abmühte, einen der schweren Teppiche ins Freie zu tragen, kam Johnny Ross vom Stall zum Wäscheplatz herübergelaufen.
    »Darf ich Ihnen damit helfen, Miss?«, fragte der Stallknecht. »Es macht mir keine Mühe.«
    Sie erlaubte es ihm. Mit seiner Hilfe hängte sie den Teppich über eine Leine und drückte ihre Dankbarkeit mit einem Lächeln aus.
    Er lächelte noch breiter. »Ich habe mich gefragt, wann Sie Ihren Halbtag bekommen«, fing er an. »Wenn das der Sonntagnachmittag ist wie bei mir, könnten wir dann vielleicht zusammen ins Dorf spazieren?«
    Langsam schüttelte sie den Kopf.
    »Sie haben keinen Halbtag?«
    Sie schüttelte erneut den Kopf.
    »Gut. Ich meine, nicht gut, aber zumindest sagen Sie nicht grundsätzlich nein zu mir. Das tun Sie doch nicht, oder?«
    Olivia verneinte mit einem Kopfschütteln. Doch da sie ihn nicht ermutigen wollte, fing sie an, den Teppich mit dem Klopfer zu bearbeiten, den Miss Peale ihr

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