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Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Titel: Das Schweigen der Miss Keene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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einem weiteren Buch für Andrew. Sie fand nichts Passendes und schrieb den Titel, an den sie dachte, auf ein Stück Papier.
    Mrs Howe, in düsteren schwarzen Wollstoff gekleidet, kam ins Kinderzimmer und brachte Alexander zu Miss Peale zurück. Höflich und mit fragend hochgezogenen Brauen hielt Olivia ihrer Herrin den Zettel hin. Mrs Howe versicherte ihr, dass sie eine Ausgabe von The History of Little Goody Two-Shoes im Kinderzimmer gehabt hatten. Sie vermutete, dass ein übereifriges Hausmädchen das Buch in die Bibliothek zurückgebracht hatte. Judith erklärte, sie wolle sich nun auch eine Weile hinlegen, und trat zur Tür.
    »Hat Miss Livie also Ihre Erlaubnis, in die Bibliothek seiner Lordschaft zu gehen?«, fragte Miss Peale.
    »Ja, ja.« Mrs Howe machte eine wegwerfende Handbewegung. »Es ist niemand dort, den sie stören könnte.«
    Olivia zündete eine Kerze für die düsteren Räume an und machte sich auf den Weg nach unten in die Bibliothek. Sie klopfte leise an die Tür, und als keine Reaktion kam, trat sie ein. Im Raum lag ein leichter Geruch von Zigarren, Leder und staubigen Gardinen.
    Mit erhobener Kerze sah sich Olivia um. Hohe Regale waren zwischen verhangenen Fenstern und an der gesamten hinteren Wand eingebaut. Im vorderen Teil des Zimmers stand ein eindrucksvoller Schreibtisch, und zwei Lehnstühle waren vor dem dunklen Kamin platziert.
    Olivia stellte ihre Kerze auf den Tisch in der Nähe der Bücherwand und fing an, die Titel zu überfliegen. Es kam ihr unangebracht und anmaßend vor, in der Bibliothek des Earls herumzustöbern, aber sie rief sich in Erinnerung, dass sie nach einem Buch für die Kinder suchte.
    Plötzlich öffnete sich hinter ihr die Tür zur Bibliothek und Olivia drehte sich mit einem Ruck um. Ein älterer Herr stolperte mit seiner eigenen Kerze herein, offensichtlich erschöpft und mit zerknitterten Kleidern. Er stellte die Lampe ab und ließ sich in einen Sessel fallen. Er schien nicht einmal zu bemerken, dass Olivia da war. Das musste Lord Brightwell sein. Einige Augenblicke lang konnte Olivia sich nicht bewegen und den Blick nicht von seinem gebeugten, grau-blonden Kopf und dem von Trauer gezeichneten Gesicht abwenden.
    Die Erinnerung an ein anderes Bild zog ihr durch den Kopf. Sie sah vor sich, wie der Earl seine Frau im Arm hielt, sie mit sanften Worten beruhigte, zärtlich ihre Wange streichelte und sie küsste. Sie hatte bis dahin nicht gewusst, dass ein Mann seine Frau so lieben konnte, und jetzt hatte er sie verloren.
    Spontan lief Olivia zu ihm hin. Sie kniete vor seinen Sessel und nahm sanft seine welke Hand in ihre.
    Überrascht öffnete er die Augen.
    »Mylord«, flüsterte sie, völlig vergessend, dass sie zu schweigen versprochen hatte. »Es tut mir so leid.« Tränen schwammen in ihren Augen, verzerrten und vergrößerten dann sein Bild.
    Er starrte sie aus zusammengekniffenen Augen an, dann weiteten sich seine Augen und sein Mund öffnete sich schockiert. Seine entgeisterte Miene verstand Olivia als Entsetzen darüber, dass eine Bedienstete ihn angesprochen und ihn berührt hatte.
    Mit glühendem Gesicht ließ sie seine Hand los und senkte den Blick. »Es tut mir leid«, flüsterte sie wieder und stand auf.
    »Miss Keene!«, keuchte jemand fassungslos auf. Judith Howe stand auf der Schwelle, die Hand auf dem Türgriff. »Was um alles in der Welt tun Sie da? Kehren Sie sofort ins Kinderzimmer zurück!«
    Mit gesenktem Kopf ging Olivia schnell zur Tür. Ihr entging nicht der entschuldigende, besorgte Blick, den Judith Lord Brightwell zuwarf. »Ich wusste nicht, dass du zurückgekehrt bist, Onkel. Ich werde mich darum kümmern, dass du nicht mehr gestört wirst.«
    Olivia spürte ihrer beider Blicke auf sich, als sie den Raum verließ.

     
    Als sie am nächsten Morgen zu Lord Bradley gerufen wurde, spürte Olivia große Anspannung, aber sie war nicht überrascht. Sie hatte es erwartet. Ich habe spontan gehandelt , verteidigte sie sich im Stillen. Ich hatte keine böse Absicht . Als sie die Stufen nach unten stieg, fragte sie sich besorgt, worüber Lord Bradley wohl ärgerlicher war – dass sie es gewagt hatte, mit seinem Vater zu sprechen, oder dass sie überhaupt gesprochen hatte?
    Sie betrat das Studierzimmer wie gebeten, schloss die Tür und stellte sich steif vor seinen Schreibtisch.
    Lord Bradley erhob sich. »Ich möchte mit Ihnen über meinen Vater sprechen«, begann er ruhig.
    Olivia hob das Kinn und richtete sich kerzengerade auf.
    »Miss

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