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Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Titel: Das Schweigen der Miss Keene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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widerwärtigen Ehe zwingen wollte?«
    Olivias Mund war trocken. »Nein … keine erzwungene Ehe, nein.«
    Die Frau seufzte theatralisch. »Nun gut. Dann eben nicht.«
    Lord Brightwell klopfte und trat ins Kinderzimmer. »Hier ist heute viel los.«
    »Hallo, Onkel«, sagte Judith. »Unser zweites Kindermädchen ist wieder gesund, wie du siehst, aber leider nicht die ausländische Prinzessin, die ich mir erhofft hatte.«
    Amüsiert klopfte er seiner Nichte auf die Schulter. »Das Leben ist voll solcher kleiner Enttäuschungen, meine Liebe.« Seine Augen funkelten. »Obwohl Miss Keene dich vielleicht noch überraschen wird.«
    »Was soll das heißen?«, fragte Judith scharf zurück.
    Olivia versuchte, dem Earl ein Zeichen zu geben, doch Judith ertappte sie dabei, wie sie den Kopf schüttelte. Mit wachsendem Argwohn schaute Mrs Howe von einem zum anderen. »Was geht hier vor?«
    »Überhaupt nichts, meine Liebe. Du musst die Torheit eines alten Mannes entschuldigen.«
    »Muss ich das?«
    Aus Angst, Mrs Howe könnte zu einer fantasievolleren Schlussfolgerung kommen, erklärte Olivia schnell: »Lord Brightwell meint nur, dass er entdeckt hat, dass meine Mutter einmal die Gouvernante seiner jüngeren Schwestern war.«
    »Tatsächlich?«, erwiderte Judith Howe überrascht. Sie nickte langsam und kaute an ihrer Lippe, während sie die Neuigkeit verdaute. Sie dachte offensichtlich immer noch darüber nach, als sie das Zimmer verließ.

     
    Als Olivia die Kinder an diesem Abend zu Bett brachte, baten sie sie, ihnen vorzulesen und sie stimmte gern zu. Sie las Psalm 46, ihren Lieblingspsalm, und ein weiteres Kapitel aus Die Rotkehlchen .
    Wieder einmal lehnte Audrey ihren Kopf an Olivias Schulter, während Andrew sich neben ihr zusammenkuschelte. Er nahm Olivias Arm und legte ihn sich wie einen menschlichen Umhang um die Schultern.
»Als die Mutter ankam, setzte sie sich an den Rand des Nestes; das Herz schlug ihr vor Unruhe; als sie aber ihre ganze Familie frisch und gesund sah, schlüpfte sie geschwind hinein und nahm sie unter ihre Flügel. …«
    »Ich mag Ihre Stimme, Miss Keene«, sagte Audrey.
    »Ich auch«, murmelte Andrew, der beinahe einschlief. »Hat die Stimme unserer Mama auch so geklungen?«
    Aus der Ehrerbietung, mit der er das Wort aussprach, schloss Olivia, dass er seine erste Mutter meinte. Olivia spürte das Beben, das durch Audreys Körper ging und legte ihre Wange an den Kopf des Mädchens.
    »Ich weiß es nicht mehr«, flüsterte Audrey. »Aber ich glaube, so muss es sein.«
    Olivias Hals schnürte sich zusammen und sie konnte nicht weiterlesen.

22
     
Gesucht: eine Gouvernante – ein behagliches Heim, jedoch keine Entlohnung wird der Dame angeboten, die eine Stellung sucht, um zwei Kinder in Musik, Zeichnen und Englisch zu unterrichten.
Anzeige in der TIMES, 1847
     
    Als Olivia das erste Mal nach ihrer Krankenzeit in die Küche kam, empfing Mrs Moore sie mit weit geöffneten Armen und drückte sie fest an sich. Ihre Umarmung war so süß wie das von ihr zubereitete Zuckerwerk.
    »Livie, meine Liebe, wie sehr ich für Sie gebetet habe! Ich kann Ihnen nicht sagen, wie gut es ist, Sie gesund und munter zu sehen und wieder einmal Besuch von Ihnen in meiner Küche zu haben. Jetzt setzen Sie sich, ich gieße Ihnen eine Tasse heiße Schokolade ein und wir gönnen uns ein Schwätzchen.«
    Olivia lächelte und fühlte, wie es ihr warm ums Herz wurde, noch bevor sie einen Schluck des heißen Getränks genossen hatte.
    Mrs Moore eilte geschäftig hin und her und stellte dann eine Tasse Schokolade zusammen mit feinem Buttergebäck vor ihr auf den Tisch. Sie hob die dünnen Brauen und schaute sie aus großen Augen erwartungsvoll an. »Und?«
    »Und was, Mrs Moore?«
    »Ohhh! Ich konnte es kaum erwarten, meinen Namen von Ihnen zu hören. Sagen Sie noch etwas.«
    »Mrs Moore, Sie machen mich verlegen. Ich komme mir vor, als stünde ich vor meinem Französischlehrer und sollte ihn damit beeindrucken, wie gut ich die neue Sprache beherrsche.«
    »Ach!« Sie klatschte in die Hände. »Doris hat gesagt, dass Sie wie eine echte Dame sprechen, und bei meiner Treu, sie hatte recht.«
    Olivia lachte. »Ist es so merkwürdig, mich sprechen zu hören?«
    »Merkwürdig und wunderbar, mein Mädchen. Merkwürdig und wunderbar.«
    Es klopfte an der Küchentür und Mrs Moore erhob sich. »Bleiben Sie hier und trinken Sie Ihre Schokolade. Ich bin sofort wieder da.«
    Olivia beobachtete schweigend, wie Mrs Moore die Tür zum äußeren

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