Das Schweigen der Schwaene
hinter sich ins Schloss.
Einen Augenblick später hörte sie, wie der Jeep vom Hof auf die Straße donnerte. Sie stand auf, trat ans Fenster und sah dem davonfahrenden Wagen nach. Beim Anblick der Rücklichter empfand sie mit einem Mal ein Gefühl der Einsamkeit. In den letzten Wochen war er oft nachmittags auf die Ranch gefahren, aber dies war das erste Mal, dass er sie abends alleine ließ, um in die Stadt zu fahren. Sie hatte das eigenartige Empfinden, von ihm verlassen worden zu sein.
Idiotisch. Um so besser, dass er das gewohnte Muster durchbrach. Sie fühlte sich viel zu wohl in seiner Nähe und empfand einen viel zu großen Genuss, wenn sie abends mit ihm im Wohnzimmer vor dem flackernden Kaminfeuer saß.
Er ist ein Mann, und Sie sind näher als die Frauen in der Stadt.
Michaelas Worte fielen ihr wieder ein
Die Frauen in der Stadt. Natürlich lebte Tanek bestimmt nicht hier in der Wildnis, ohne dass er irgendwo sexuelle Befriedigung fand. Es sollte sie wundern, dass er nicht schon vorher zu einer Frau gefahren war.
Zu einer bestimmten Frau?
Das ging sie nichts an. Er führte sein Leben, und sie führte das ihre.
Dass sie sich von ihm verlassen fühlte, war demnach ein Ding der Unmöglichkeit.
Etwas Weiches strich über ihren Schenkel, und sie sah, dass Sam herangeschlichen gekommen war.
»Hallo, alter Junge.« Sie strich ihm sanft über den Kopf. »Er ist weg. Willst du heute vielleicht in meinem Zimmer nächtigen? «
Warum sollten sie sich nicht zusammentun?
Schließlich hatte er nicht nur sie verlassen, sondern auch seinen Hund.
»Mehr«, keuchte Melissa und reckte sich ihm entgegen, damit er tiefer in sie drang. »Ja, so. Hilf mir.«
Er schob sich tiefer und tiefer in sie hinein.
Er kam zu schnell, brach auf ihr zusammen und erschauderte. Er spürte, wie sie sich anspannte, als sie ebenfalls kam, rollte sich neben sie und schob seinen Arm unter seinen Kopf. Er wusste, er sollte sie an sich ziehen, denn Nähe war etwas, das den meisten Frauen nach dem Akt wichtig war.
Er wollte sie nicht halten.
Er wollte nicht in ihrer Nähe sein.
»Das war schön«, murmelte Melissa und schmiegte sich an seinen Bauch. »Ich bin froh, dass du vorbeigekommen bist, Nicholas.«
Er strich ihr über das Haar. Sex war für Melissa immer schön.
Melissa Rawlins war wunderbar unkompliziert, erbat wenig für sich und gab einem viel. Sie war vierunddreißig, geschieden, selbständige Immobilienmaklerin, und sie liebte es, ungebunden zu sein. Sie war einfach perfekt für ihn.
Aber er wollte nicht bei ihr sein.
Sie küsste seine Schulter. »Ich hatte schon Angst, ich würde dich nicht wieder sehen. Wie ich hörte, hattest du Frauenbesuch auf deiner Ranch. Ist sie immer noch da? «
Jetzt an Nell zu denken, gefiel ihm ebenso wenig wie hier zu sein. »Ja.«
Melissa kicherte. »Tja, dann ist sie offenbar nicht besonders gut.« Sie streckte die Hand nach ihm aus. »Du hättest mich fast vergewaltigt, ehe ich überhaupt aus meinen Klamotten war.«
»Zu einer Vergewaltigung gehört, dass das Opfer nicht einverstanden ist.« Er küsste ihre Schläfe. »Also ist es wohl das falsche Wort.«
»Nun, vielleicht habe ich mich nicht vehement genug zur Wehr gesetzt. Ich habe dich vermisst.« Sie streichelte ihn. »Und du hast mich vermisst.«
»Natürlich.« Er konnte jetzt unmöglich gehen. Melissa war keine Hure. Er konnte sich nicht einfach nehmen, was er begehrte, und dann gehen. Das entspräche nicht den Regeln.
Also gib ihr etwas, du Schwein. Er riss sich zusammen und legte einen Arm um sie. »Es tut mir leid, dass ich grob zu dir war.«
»Es hat mir gefallen.« Sie gähnte. »Mir gefällt alles, was du mit mir machst. Auch wenn es heute anders war.« Sie ließ ihn los und schmiegte sich dafür enger an seine Brust. »Macht es dir etwas aus, wenn ich ein kurzes Nickerchen mache? Ich hatte einen saumäßigen Tag.«
»Soll ich gehen? «
»Nein, ich brauche nur ein bisschen Schlaf.« Sie rieb ihre Wange an seiner Schulter. »Ich weiß, dass du bestimmt bald noch mal willst.«
»Es geht darum, was du willst.«
»Dann bleib über Nacht. Ich lasse dich bestimmt nicht gleich wieder gehen, nun, da du dich endlich dazu durchgerungen hast, mal wieder vorbeizuscha uen.«
Mühsam unterdrückte er seine Ungeduld. Sie hatte das Recht zu erwarten, dass er blieb. Das hatte er immer getan. »Dann schlaf jetzt. Ich bleibe hier.«
»O.k.« Sie schwieg einen Augenblick, doch gerade als er dachte, sie schliefe, fragte sie:
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