Das Schweigen der Toten
Vorrat», sagte sie. «Ein bisschen Chloroform könnte man sich auch gleich noch dazupacken lassen.»
«Vor allem, wenn man die Bestellung von zwei unterschiedlichen Orten aus gleichzeitig aufgibt», fügte Tony hinzu.
«Wir kontaktieren diese Firmen», entschied Nick. «Und zwar alle. Notfalls laden wir sie vor. Ich will wissen, ob irgendeine dieser Firmen Waren nach Perry Hollow geschickt hat.»
«Ich glaube, ich kann behilflich sein», meldete sich eine Stimme.
Alle drei wandten sich der Tür zu, in der Henry Goll stand. Er trug einen Karton unterm Arm.
«Das hier lag heute Morgen vor meiner Tür», sagte er. «Es stammt von Georges Mörder.»
«Woher wissen Sie das?», fragte Kat.
Henry betrat das Büro, stellte den Karton auf dem Schreibtisch ab und griff mit beiden Händen hinein. Als sie wieder zum Vorschein kamen, hielten sie das kleinste Faxgerät, das Kat je gesehen hatte.
Vorsichtig stellte Henry das Gerät auf Kats Schreibtisch. Es sah aus wie jedes andere moderne Faxgerät, nur sehr viel flacher und schmaler. Vorn befand sich der Nummernblock, in der oberen Blende ein Schlitz für den Seitenauswurf und unten eine Papierablage für den Einzug.
«Wo ist das Stromkabel?», fragte Kat.
«Es braucht keins», antwortete Henry. «Das Ding funktioniert wie ein Handy. Man kann es überall einsetzen, schnurlos.»
Dass sich Henry so gut auskannte, war schnell erklärt. Er hatte wenige Wochen zuvor in der
New York Times
von einem solchen Gerät gelesen – als Werbegeschenk für Leser, die andere zu einem Abonnement überreden konnten. Besitzer dieses Geräts fanden es offenbar ganz toll, überall auf der Welt Faxe senden und empfangen zu können, sei es auf den Seychellen oder in den Anden.
Chief Campbell war beeindruckt. Sie ging in die Knie, bis ihre Augen auf Höhe des Geräts waren.
«Ich hatte keine Ahnung, dass es so etwas gibt. Was heute alles möglich ist!»
«Ist nicht ganz billig.»
Das sagte der Mann, der neben Kat stand. Henry hatte ihn am Abend zuvor mit ihr im Bestattungsinstitut gesehen.
Kat stellte die beiden einander vor. «Nick, das ist Henry Goll. Ihm ist die Nachricht von Georges Tod zugefaxt worden. Und Henry, das ist Nick Donnelly von –»
«Der Landespolizei», sagte Henry.
Nick Donnelly versuchte, darüber zu lachen, aber es gelang ihm nicht so richtig. «Ist das so offensichtlich?»
«Und das ist Tony Vasquez, ebenfalls von der Landespolizei», ergänzte Kat.
Die beiden, ähnlich muskulös, gaben einander die Hand. «Bei mir ist es allerdings offensichtlich», sagte Tony und deutete auf seine Uniform.
Mit einem Taschentuch hob Nick das Gerät an, kippte es vorsichtig und warf einen Blick auf die Unterseite.
«Es müsste eine Geräte- oder Seriennummer geben», sagte er. «Aber die ist offenbar gründlich entfernt worden.»
Er zeigte den anderen das längliche Metallschild auf der Unterseite. Von der eingeprägten Nummer waren nur noch die letzten beiden Ziffern zu erkennen. Nick zog mit dem Taschentuch die Papierablage hervor.
«Ich brauche Papier», sagte er. «Wollen mal sehen, ob die Todesnachricht tatsächlich von diesem Gerät aus abgeschickt worden ist.»
Kat reichte Nick ein frisches Blatt, das er in die Ablage legte, griff dann nach einem Aktenordner und zog eine Seite daraus hervor, beschrieben mit einem einzigen Satz. Henry las die Namen George Winnick und Perry Hollow und wusste sofort, dass es sich um die Todesnachricht handelte, die er gestern Morgen entdeckt hatte.
Die drei Männer folgten Kat zur Anmeldung am Ende des Flurs.
«Ich brauche deine Hilfe, Lou», sagte sie. «Schick mir bitte ein Fax.»
Lou schlurfte auf ein Faxgerät zu, dass sehr viel größer war als das auf Kats Schreibtisch und mindestens zehn Jahre älter. Kaum eingeschaltet, fing es an zu brummen.
Kat reichte Lou das Blatt Papier und zeigte in die linke obere Ecke. «An diese Nummer.»
«Und wo kommt es dann an?»
«Hoffentlich in meinem Büro», antwortete Kat.
Schweigend beobachteten alle, wie Lou die Nummer eintippte und auf «Senden» drückte.
Fünf Sekunden vergingen.
Zehn.
Schließlich hörten sie einen Piepton, der aus Kats Büro kam, und dann einen Klacklaut, als das Papier eingezogen wurde. Henry setzte sich als Erster in Bewegung. Die anderen folgten ihm zurück ins Büro und sahen das Fax aus dem Gerät rutschen, darauf ein einziger langer Satz:
George Winnick aus Perry Hollow starb am 14. März um 22:45 Uhr im Alter von 67 Jahren.
Der Verdacht,
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