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Das Schweigen der Toten

Das Schweigen der Toten

Titel: Das Schweigen der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Todd Ritter
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der Polizei einen Bären aufzubinden. Womöglich Troy selbst.
    Henry hielt ihr das Blatt hin. Wortlos griff sie mit nassen Fingern danach und achtete nicht darauf, dass auch das Papier feucht wurde, als sie den einen Satz überflog.
    Troy Gunzelman aus Perry Hollow starb am 4. Juli um 18:30 Uhr im Alter von 17 Jahren.
    Von einem Trittbrettfahrer konnte diese Nachricht nicht sein, da sie wortwörtlich der von Georges Todesanzeige entsprach. Ihr Blick wanderte auf den Zeitstempel in der linken oberen Ecke. Das Fax war um Punkt sechs abgeschickt worden. Vor fünf Minuten.
    «Seine Mutter steht da drüben», sagte Kat. «Ich werde sie fragen, wo sich ihr Sohn zurzeit aufhält.»
    Etwas anderes fiel ihr auf die Schnelle nicht ein. Sie hoffte, von Lisa zu erfahren, dass Troy nicht allein war, vielleicht sogar hier auf der Main Street, geschützt von der Menge, sodass der Mörder nicht an ihn herankäme.
    Um Fassung bemüht, tippte sie Lisa Gunzelman auf die Schulter und führte sie hinter den Stand.
    «Wissen Sie, wo Troy gerade ist?»
    Lisas Augen weiteten sich ein wenig, als sie Kat, Henry und Carl sah. Kat wusste, dass sie selbst auf eine solche Frage mit einer Gegenfrage geantwortet hätte. Und das tat auch Mrs.Gunzelman.
    «Stimmt was nicht?»
    Um nicht lügen zu müssen, wich Kat der Frage aus. «Wir würden nur gern wissen, wo er gerade steckt.»
    «Gibt’s Probleme?»
    Möglich
, dachte Kat.
Vielleicht ist er tot. Vielleicht werden ihm gerade die Lippen zugenäht.
«Es ist wichtig, dass wir kurz mit ihm reden.»
    «Er ist in der Highschool, Gewichte stemmen», sagte Lisa.
    «Heute?»
    «Jeden Tag. Der Trainer will es so. Troy hat einen Schlüssel für die Turnhalle, um jederzeit reinzukommen.»
    «Hat er ein Handy?»
    Lisa nickte, und als sie die Nummer nannte, hatte Carl bereits sein Handy gezückt und wählte nervös. Er drückte es ans Ohr und wartete.
    «Er geht nicht dran.»
    «Versuchen Sie es weiter», sagte Kat. «Wenn er drangeht, sagen Sie ihm, er soll die Tür zuschließen und nur mich reinlassen.»
    Sie rannte zur Polizeistation und zog dabei eine Tropfspur hinter sich her. Als sie ihren Crown Vic erreichte, hörte sie hinter sich eine Stimme.
    «Ich komme mit Ihnen.»
    Es war Henry Goll, den sie in der Aufregung ganz vergessen hatte.
    «Das geht nicht», entgegnete Kat und schwang sich hinters Steuer.
    Ohne ein Wort zu verlieren, nahm Henry auf dem Beifahrersitz Platz und schnallte sich an.
    «Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie uns sofort informiert haben», sagte Kat. «Aber alles Weitere ist Sache der Polizei.»
    «Ich stecke mit drin, ob ich es will oder nicht», erwiderte Henry. «Erinnern Sie sich nicht an das kleine Geschenk, das mir im März vor die Tür gelegt wurde?»
    Kat musste ihm im Stillen recht geben. Der Mörder hatte ihn als Empfänger seiner makaberen Todesnachrichten ausgewählt, aus welchen Gründen auch immer. Damit war Henry in die Verbrechen verwickelt.
    Kat stieg wieder aus, eilte zum Kofferraum und holte eine schwarze Weste daraus hervor, die sie Henry auf den Schoß warf.
    «Wenn Sie mitkommen, müssen Sie das Ding tragen.»
    Henry hob die Weste an seine Brust. «Was ist das?»
    «Kevlar. Kugelsicher. Sehen Sie zu, dass Sie das Ding anhaben, bevor wir die Schule erreichen.»
    «Und Sie? Schützen Sie sich nicht?»
    Kat zeigte ihm ihre Glock, die sie ebenfalls aus dem Kofferraum geholt hatte. «Machen Sie sich um mich keine Sorgen.»
    Während Henry die Weste anzulegen versuchte, fuhr sie den Crown Vic vom Parkplatz herunter. Der Wortwechsel zwischen ihnen hatte schon zu viel Zeit gekostet. Jetzt wollte sie so schnell wie möglich zur Schule kommen. In der Nachricht war der Todeszeitpunkt auf halb sieben festgesetzt. Jetzt zeigte die Uhr Viertel nach.
    Troy Gunzelman würde nur noch fünfzehn Minuten zu leben haben.
     
    Fahrerisches Können, schieres Glück und etliche Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung, die sich nur eine Polizeichefin ungestraft leisten konnte, brachten Kat in nur fünf Minuten zur Highschool. Henry staunte über ihren Fahrstil, der dem eines Formel-1-Piloten in nichts nachstand.
    Obwohl er in jeder Kurve hin und her geschleudert worden war, hatte es Henry gerade geschafft, die Weste anzuziehen, als sie die Schule erreichten. Das kugelsichere Material war schwerer, als es aussah. Und sehr viel fester. Ihm war nicht wohl dabei, gepanzert zu sein, während Kat nur ein T-Shirt über dem noch feuchten Badeanzug trug. Von den nassen Haaren, die ihr

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