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Das Schweigen der Tukane

Das Schweigen der Tukane

Titel: Das Schweigen der Tukane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gold
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ist noch unklar», nahm Nadine den Faden auf.
    «Sind Sie verheiratet, Frau Kupfer?»
    «Nur lose liiert.»
    «Lose liiert?» Emma Grauwiler schmunzelte. «So heisst das heute. Wohnen Sie mit ihm zusammen?»
    «Nein!»
    «Das ist sicher auch besser. Dann können Sie sich in die eigenen vier Wände zurückziehen, wenn es in der Beziehung nicht gut funktioniert.»
    «Wie lange kennen Sie Ihren Mann schon?»
    «Kennen? So, wie es scheint, kannte ich ihn nie wirklich. Wir verliebten uns während des Studiums und sind seit zwanzig Jahren verheiratet.»
    «Haben Sie Kinder?»
    «Zuerst wollten wir nicht, dann konnten wir nicht. Das liegt an mir. Mein Arzt probierte alles Mögliche aus, aber es ging nicht. Und eine künstliche Befruchtung kam für mich nicht infrage.»
    «Sie sind von Beruf Psychologin?»
    «Ja, allerdings übte ich meinen Beruf nur ein gutes Jahr aus. Ich konnte die vielen Problemfälle nicht verkraften. Statt zu helfen, wurde ich selbst krank.»
    «Danach waren Sie für Ihren Mann tätig?»
    «Es war ein steiniger Weg. Für ihn und für mich. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob Peter überhaupt Nationalrat werden wollte. Ich war nämlich stets die treibende Kraft im Hintergrund. Beinahe bin ich versucht zu sagen, dass Peter meine Marionette war. Das klingt furchtbar, ich weiss, doch es ist die Wahrheit. Er führte einfach das aus, was ich mir in den Kopf gesetzt hatte.»
    «Weshalb sind Sie nicht selbst in die Politik eingestiegen?»
    «Weil ich zu schwach bin, Frau Kupfer!»
    Nadine sah sie misstrauisch an.
    «Sie glauben mir nicht? Sehen Sie, mein Leben lang bin ich den Problemen ausgewichen. Wenn mich jemand anschreit, ziehe ich mich automatisch in mein Schneckenhaus zurück. Nur keine Konfrontation. So jemand taugt nichts in der Politik. Peter war es hingegen egal, ob ihn jemand kritisiert. Das prallte an ihm ab. Er war schon immer eine Frohnatur, die einfach Spass am Leben haben wollte und es liebte, in der Öffentlichkeit zu stehen. Ich zog dafür viel lieber im Hintergrund die Fäden. Wir sind … waren sehr gegensätzlich und Gegensätze ziehen sich ja bekanntlich an.»
    «Aber eben räumten Sie ein, dass Ihr Mann vielleicht gar nicht glücklich über das Nationalratsmandat gewesen sei.»
    «Stimmt. Die Funktion als Grossrat und der Vorsitz in vielen Vereinen waren für ihn in Ordnung, aber ich wollte mehr. Etwas hoch hinaus, wie Peter meinte. Als Nationalrat war er unglücklich. Es wäre seine letzte Legislaturperiode gewesen … Vor ein paar Wochen unterhielten wir uns darüber.»
    Emma Grauwiler betrachtete wieder das Bild auf dem Kamin. Sekunden verstrichen. Ferrari deutete Nadine an, weitere Fragen zu stellen.
    «Ihre Ehe … wie würden Sie Ihre Ehe beschreiben?»
    «Zuerst war es die grosse Liebe, dann in einer zweiten Phase eine schöne Lebensgemeinschaft. Doch in den letzten Jahren stritten wir oft, vor allem, weil Peter mir die Schuld an seinem Unglück gab. Der Nationalrat war für ihn wirklich eine riesige Belastung.»
    Sie drehte sich zur Wand hin und wischte einige Tränen weg.
    «Wussten Sie von der Beziehung zu Nora Schüpfer?»
    «Nein! Ich bin tief gekränkt. Verstehen Sie das, Frau Kupfer?»
    Nadine konnte es ihr nachfühlen und nickte.
    «Immer und immer wieder stelle ich mir die gleichen Fragen. Was trieb ihn zu dieser Prostituierten? Was habe ich falsch gemacht? Waren es die ewigen Streitereien oder bin ich nicht mehr attraktiv? Sie war bestimmt jung und hübsch. Seit ich es weiss, bin ich wie von Sinnen.»
    Emma Grauwiler verlor die mühsam aufrechterhaltene Fassung. Sie sass weinend auf dem Sofa. Nadine legte tröstend einen Arm um sie und gab Ferrari zu verstehen, dass er sie allein lassen solle.
    «Ich kann doch nichts dafür, dass ich nicht mehr zwanzig bin!», schluchzte Emma Grauwiler. «Ich … ich habe schon seit Längerem gemerkt, dass er es sich auswärts holt. Er blockte mich nur noch ab … Das tut so weh … Warum nur ist er zu dieser Dirne gegangen, Frau Kupfer?»
    «Ich weiss es nicht.»
    «Ich könnte es noch verstehen, wenn er sich in eine meiner Freundinnen verliebt hätte. Aber käufliche Liebe! Damit beleidigt er mich über seinen Tod hinaus.» Nach einer Weile fuhr sie fort, «Peter war nie ein Kind von Traurigkeit, das habe ich auch so an ihm geliebt, und bis vor einigen Jahren gab es keinerlei Probleme zwischen uns, im Bett meine ich. Dann wollte er plötzlich nichts mehr von mir wissen. Er brauche keinen Sex mehr in seinem Alter, Geselligkeit und

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