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Das Schweigen des Glücks

Das Schweigen des Glücks

Titel: Das Schweigen des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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verschwunden.
    Taylor näherte sich inzwischen wieder der Straße und war überrascht, wie hell es dort war, verglichen mit dem sumpfigen Dickicht, aus dem er kam. Außerdem hörte er zum ersten Mal, seit er sich von den anderen getrennt hatte, Stimmen… viele Stimmen, die einander etwas zuriefen.
    Taylor beschleunigte seine Schritte, ließ die letzten Bäume hinter sich und sah, dass über ein Dutzend Autos neu eingetroffen waren – ihre Scheinwerfer leuchteten zusammen mit den anderen. Und es waren mehr Leute da. Nicht nur waren die Suchenden wieder versammelt, sondern es waren auch neue gekommen, die über Mundpropaganda von der Suchaktion gehört hatten und jetzt mithelfen wollten. Sogar aus der Entfernung erkannte Taylor die meisten von ihnen. Craig Sanborn, Rhett Little, Skip Hudson, Mike Cook, Bart Arthur, Mark Shelton… und noch sechs oder sieben andere Männer, die dem Unwetter trotzten. Männer, die am nächsten Tag zur Arbeit gehen mussten. Männer, die Denise wahrscheinlich gar nicht kannte.
    Gute Menschen,
dachte er spontan.
    Die Stimmung jedoch war gedrückt. Die Suchenden waren bis auf die Knochen nass, schlammbespritzt und zerkratzt, sie waren außerdem erschöpft und niedergeschlagen. So wie Taylor hatten sie erlebt, wie dunkel und undurchdringlich es da draußen war. Als Taylor näher kam, wurden sie still. Auch die neu Hinzugekommenen schwiegen.
    Sergeant Huddle wandte sich zu ihm, sein Gesicht war von den Stablampen erleuchtet. Auf seiner Wange war ein tiefer, frischer, von Schlammspritzern teilweise verdeckter Kratzer zu sehen. »Was gibt es? Hast du was gefunden?«
    Taylor schüttelte den Kopf. »Nein, aber ich habe eine Idee, in welche Richtung er gegangen ist.«
    »Wie willst du das wissen?«
    »Ich bin mir ja nicht sicher. Es ist nur eine Vermutung, aber ich glaube, er ist in südöstliche Richtung gegangen.«
    Wie viele andere wusste Sergeant Huddle von Taylors besonderem Spürsinn – sie kannten sich von Kindesbeinen an.
    »Warum?«
    »Also, zum einen haben wir da die Decke gefunden, und wenn er in die Richtung weitergegangen ist, dann hatte er den Wind im Rücken. Ich glaube, ein kleiner Junge würde nicht gegen den Wind gehen – ich glaube, er würde einfach mit dem Wind gehen. Sonst würde ihm der Regen zu sehr wehtun. Und ich glaube, er würde auch die Blitze hinter sich haben wollen. Seine Mutter hat gesagt, er fürchtet sich vor Blitzen.«
    Sergeant Huddle sah ihn skeptisch an.
    »Das ist nicht viel.«
    »Nein«, sagte Taylor, »zugegeben, viel ist es nicht. Aber ich glaube, es gibt uns eine Chance.«
    »Du meinst also, wir sollten nicht weiter suchen wie bisher und jede Richtung abdecken?«
    Taylor schüttelte den Kopf. »Wir wären immer noch zu spärlich verteilt – es würde nichts nützen. Du weißt ja, wie es da aussieht.«
    Taylor wischte sich mit dem Handrücken über die Wange und dachte nach. Er wünschte sich, Mitch wäre hier und könnte ihm helfen, seine Gründe darzulegen – Mitch konnte so etwas gut. »Hör zu«, sagte er schließlich, »ich weiß, es ist nur eine Vermutung, aber ich bin bereit zu wetten, dass ich Recht habe. Jetzt sind wir – wie viele? über zwanzig? Wir könnten uns weit verteilen und einen breiten Streifen in dieser Richtung abdecken.«
    Huddle sah ihn aus zusammengekniffenen Augen zweifelnd an.
    »Und wenn er nicht in diese Richtung gegangen ist? Wenn du dich irrst? Da draußen ist es stockfinster… er könnte sich im Kreise bewegen, was wissen wir schon? Vielleicht hat er sich irgendwo verkrochen und Schutz gesucht… bloß weil er Angst vor Blitzen hat, heißt das noch nicht, dass er genug weiß, um sich von ihnen abzuwenden. Er ist erst vier. Außerdem haben wir jetzt reichlich Leute, so dass wir in unterschiedliche Richtungen gehen können.«
    Taylor sagte nichts, er überlegte. Was Huddle sagte, ergab Sinn, zweifellos. Aber Taylor hatte gelernt, seinen Eingebungen zu trauen. Sein Ausdruck war entschlossen.
    Huddle runzelte die Stirn und hatte die Hände tief in die Taschen seiner regendurchweichten Jacke gesteckt.
    Dann sagte Taylor: »Vertrau mir, Carl.«
    »Das ist nicht so leicht. Es geht um einen kleinen Jungen. «
    »Ich weiß.«
    Darauf seufzte Sergeant Huddle und wandte sich ab. Letztendlich lag die Verantwortung bei ihm. Er war derjenige, der die Suche offiziell leitete. Es war sein Bericht, es war seine Pflicht… und am Ende war er Rechenschaft schuldig.
    »Also gut«, sagte er schließlich. »Wir machen es, wie du sagst.

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