Das Schweigen des Glücks
nicht darum und klatschen auch nicht übermäßig darüber. Aber Fragenstellen gehört zu ihrem Zeitvertreib, weil es sonst nichts zu tun gibt.«
»Und was machst du so? Ich meine, in deiner Freizeit?«
»Mit meiner Arbeit und der freiwilligen Feuerwehr habe ich meistens genug zu tun, aber wenn ich mal wegkann, dann gehe ich zur Jagd.«
»Das käme bei meinen Freunden in Atlanta nicht gut an.«
»Was soll ich sagen? Ich bin einfach ein normaler Mann aus den Südstaaten.«
Und wieder fiel Denise auf, wie sehr er sich von den Männern unterschied, mit denen sie bisher zu tun gehabt hatte. Nicht nur in den offensichtlichen Dingen – was er machte und wie er aussah –, sondern auch deswegen, weil er zufrieden schien mit der Welt, die er sich geschaffen hatte. Er sehnte sich nicht nach Ruhm und Ansehen, er war nicht darauf erpicht, Reichtümer anzuhäufen, und er bastelte nicht an seiner Karriere. In gewisser Weise wirkte er wie ein Relikt aus einer früheren Zeit, einer Zeit, als die Welt noch nicht so kompliziert war wie jetzt und die einfachen Dinge am wichtigsten waren.
Während ihr diese Gedanken durch den Kopf gingen, rief Kyle aus dem Badezimmer und Denise drehte sich beim Klang seiner Stimme um. Sie warf einen Blick auf ihre Uhr und stellte fest, dass Rhonda sie in einer halben Stunde abholen würde, und sie war noch nicht umgezogen. Taylor erriet ihre Gedanken und trank den letzten Schluck aus.
»Ich sollte mal gehen.«
Kyle rief noch einmal und diesmal antwortete Denise ihm.
»Ich komme gleich, Süßer.«
Dann sagte sie zu Taylor: »Fährst du zurück zum Grillfest?«
Taylor nickte. »Die wundern sich wahrscheinlich schon, wo ich bin.«
Sie lächelte verschmitzt. »Meinst du, sie reden über uns?«
»Wahrscheinlich.«
»Daran werde ich mich vermutlich gewöhnen müssen.«
»Keine Angst. Ich werde ihnen erklären, dass es nichts bedeutet.«
Sie sah ihn an und unter seinem Blick spürte sie, wie sich etwas in ihr regte, plötzlich und unerwartet. Bevor sie es verhindern konnte, hatte sie es schon ausgesprochen: »Mir hat es etwas bedeutet.«
Taylor betrachtete sie schweigend und dachte über das nach, was sie gesagt hatte, als sich Verlegenheitsröte über ihre Wangen und ihren Hals ausbreitete. Er ließ seinen Blick durch die Küche schweifen, senkte ihn und richtete ihn wieder auf sie.
»Arbeitest du morgen Abend?«, fragte er schließlich.
»Nein«, sagte sie, ein bisschen außer Atem.
Taylor holte tief Luft.
Mein Gott, war sie hübsch!
»Kann ich dich und Kyle morgen zur Kirmes einladen? Kyle würde es bestimmt gefallen, auf einem Karussell zu fahren.«
Obwohl sie schon geahnt hatte, dass diese Frage kommen würde, spürte sie eine Welle der Erleichterung, als er sie stellte.
»Das wäre schön«, sagte sie leise.
Später, als Taylor nicht einschlafen konnte, überlegte er, dass der Tag, der am Anfang ganz normal verlaufen war, plötzlich eine Wendung genommen hatte, auf die er nicht vorbereitet gewesen war. Er verstand eigentlich nicht so recht, wie es passiert war… die ganze Situation mit Denise hatte sich einfach verselbstständigt und war seiner Kontrolle entglitten.
Sicher, sie war attraktiv und intelligent – das gab er zu. Aber er hatte schon vorher attraktive und intelligente Frauen gekannt. Irgendetwas an Denise und an ihrer Beziehung zueinander war schon jetzt so, dass seine übliche Abwehr ein wenig nachgelassen hatte. Es war fast wie eine Art Trost – ein besseres Wort fiel ihm nicht ein.
Aber er verstand das alles nicht, überhaupt nicht, dachte er, drehte das Kissen um und klopfte es zurecht. Er kannte sie doch kaum. Er hatte nur ein paar Mal mit ihr gesprochen, er hatte sie nur wenige Male gesehen. Sie war wahrscheinlich ganz anders, als er sie sich vorstellte.
Und außerdem wollte er sich auf nichts einlassen. Das kannte er alles schon.
Taylor warf in einem Anflug der Gereiztheit die Decke zurück.
Warum hatte er ihr bloß angeboten, sie nach Hause zu fahren? Warum hatte er sie wegen morgen gefragt? Und was noch wichtiger war – warum waren ihm die Antworten auf diese Fragen so unbehaglich?
Kapitel 15
Z um Glück war es am Sonntag etwas kühler als am Vortag. Dünne Wolken waren am Morgen aufgezogen und verhinderten, dass die Sonne mit voller Kraft die Erde versengte, und als Taylor in die Auffahrt einbog, kam eine abendliche Brise auf. Es war kurz vor sechs; sein Truck holperte durch die Schlaglöcher und schleuderte die Kieselsteine in die Luft. In
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