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Das Schweigen des Sammlers

Das Schweigen des Sammlers

Titel: Das Schweigen des Sammlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaume Cabré
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Seele.«
    Max und Adrià wechselten einen verwunderten Blick.
    »Welche sind das?«, fragte ich.
    »Die Landschaft von Tona und die Apsis von Sant Pere de Burgal.«
    Ich war vollkommen perplex über die Entschlossenheit, mit der du deine weiteren Anweisungen erteiltest: Beide sind in der schwarzen Mappe, die in Cadaqués geblieben ist. Die Zeichnung von Tona soll den Titel In Arcadia Hadriani bekommen, die andere Sant Pere de Burgal: ein Traum .
    »Welche Seele stellen sie dar?« Max musste man aber auch alles erklären.
    »Der, der das wissen sollte, wird es wohl wissen.«
    »Anima Hadriani«, sagte ich und war nahe daran, in Tränen auszubrechen oder vor Freude einen Luftsprung zu machen, ich weiß es bis heute nicht.
    »Aber die von der Galerie …«
    »Menschenskind, Max, zwei Zeichnungen! Und wenn das Budget nicht reicht, sollen sie sie ungerahmt aufhängen.«
    »Nein, nein, ich meine weil das Thema doch Porträts sind …«
    »Max, sieh mich an.«
    Du bliesest dir eine Strähne aus dem Gesicht, die dir über die Augen gefallen war, ich strich sie dir zur Seite, und du sagtest danke. Und an Max gewandt, die Ausstellung wird so, wie ich es sage. Das seid ihr mir schuldig. Dreißig Porträts und zwei Landschaften, die dem Mann gewidmet sind, den ich liebe.
    »Nein …, natürlich.«
    »Warte. Die eine stellt eine freie Interpretation von Adriàs verlorenem Paradies dar. Und die andere die Ruinen eines Klosters, das Adrià seit jeher im Kopf herumspukt, obwohl er es erst vor kurzem zum ersten Mal gesehen hat. Ihr werdet dafür sorgen. Mir zuliebe. Auch wenn ich die Ausstellung nicht sehen kann.«
    »Wir bringen dich hin.«
    »Mir graust vor dem Spektakel mit Krankenwagen und Trage und … Nein. Nehmt es für mich auf.«
    Somit fand die Vernissage ohne die Hauptperson statt. Max hielt sich tapfer und sagte, meine Schwester ist zwar nicht hier, aber es ist, als wäre sie dabei. Heute Nachmittag werden wir ihr die Fotos und das Video zeigen, und Sara, halb aufgerichtet und mit Kissen gestützt, sah im Zimmer 54 gemeinsam mit Max, Dora, Bernat, Doktor Dalmau und ich weiß nicht mehr, wem noch, zum ersten Mal alle Porträts und die zwei Landschaften im Zusammenhang, und an einer bestimmten Stelle der Wiedergabe, bei der Zeichnung von Onkel Chaim, sagte Sara, halt mal einen Moment an. Und sie betrachtete das eingefrorene Videobild eine Weile gedankenverloren, und dann spielten wir den Film weiter ab. Bei meinem Porträt, auf dem ich den Kopf über ein Buch gesenkt halte, bat sie nicht um eine Pause. Der Ausstellungsrundgang erreichte schließlich ihr Selbstbildnis mit diesem rätselhaften Ausdruck, und auch das wollte sie nicht näher betrachten. Aufmerksam verfolgte sie, wie Max vor den Anwesenden eine kleine Rede hielt, sah, dass viele Leute gekommen waren, und während sie die Bilder noch einmal ablaufen ließen, sagte sie, danke Max,du hast sehr schön gesprochen. Und sie zählte auf, wen sie alles gesehen hatte, die Murtra, Josée und Chantal Cases, die Rieras aus Andorra und hey, ist das nicht Llorenç? Herrje, ist der groß geworden!
    »Und Tecla, siehst du?«, sagte ich.
    »Und Bernat. Wie nett.«
    »Oh, und dieser hübsche Kerl?«, fuhr Dora auf.
    »Ein Freund von mir«, sagte Max. »Giorgio.«
    Um das folgende Schweigen zu brechen, sagte Max:
    »Und sie sind alle verkauft. Hast du gehört?«
    »Und der da? Halt mal an, halt an!« Sara sah aus, als würde sie gleich auf wundersame Weise aufspringen. »Aber das ist ja Viladecans! Sieht aus, als wollte er Onkel Chaim mit den Augen aufessen …«
    »Ja, stimmt, der war auch da. Er hat Stunden vor jedem Bild verbracht.«
    »Sag bloß …«
    Als ich den Glanz in ihren Augen sah, dachte ich, ihre Lebensfreude sei zurückgekehrt, und ich glaubte an die Möglichkeit eines neuen Lebens unter anderen Vorzeichen, in anderem Stil, mit einer anderen Gewichtung aller Dinge. Nein? Als hätte sie meine Gedanken gelesen, wurde sie plötzlich ernst.
    »Das Selbstbildnis ist nicht zu verkaufen.«
    »Was?« Max entsetzt.
    »Es steht nicht zum Verkauf.«
    »Es war als Erstes weg.«
    »Wer hat es gekauft?«
    »Ich weiß es nicht. Ich werde mich erkundigen.«
    »Ich habe euch doch gesagt …« Sie schwieg leicht verstört.
    Davon hast du uns kein Wort gesagt. Aber du bringst das, was du sagst, mit dem durcheinander, was du denkst, was du dir wünschst und was hätte sein können, wenn du nicht …
    »Kann ich von hier aus telefonieren?«, fragte Max geknickt.
    »Vor dem

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