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Das Schweigen des Sammlers

Das Schweigen des Sammlers

Titel: Das Schweigen des Sammlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaume Cabré
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mitgebracht. Und dieses Buch. In Ordnung?«
    »Ich bin müde.«
    »Aber mein Goldstück, ich habe dich doch gerade erst angezogen!«
    »Ich muss Kacka.«
    »Na, du bist mir vielleicht anstrengend.« Zu Bernat gewandt: »Wenn Sie gestatten? Es dauert nur fünf Minuten.«
    Bernat trat auf den Flur hinaus; das Buch nahm er mit. Er ging auf die Terrasse und blätterte darin. Ein Schatten tauchte an seiner Seite auf: »Gut, was?« Doktor Valls zeigte auf das Buch. »Das ist doch Ihres, oder?«
    »Es ist …«
    »Ach je«, unterbrach ihn Doktor Valls, »ich habe ja überhaupt keine Zeit für Bücher. Aber ich verspreche Ihnen, eines Tages werde ich es lesen.« Und nach dieser Drohung fügte er freundlich hinzu: »Ich verstehe gar nichts von Literatur, aber ich werden Ihnen eine erstklassige Kritik hinlegen.«
    Von dem habe ich jedenfalls nichts zu befürchten, dachte Bernat, während er dem davoneilenden Arzt hinterhersah. Sein Handy summte. Er verzog sich in eine Ecke der Terrasse, weil innerhalb des Pflegeheims die Benutzung von Handys verboten war.
    »Ja?«
    »Wo bist du?«
    »Im Pflegeheim.«
    »Soll ich kommen?«
    »Nein, nein«, wehrte er etwas zu hastig ab. »Um zwei bin ich bei dir.«
    »Soll ich wirklich nicht kommen?«
    »Nein, ist echt nicht nötig.«
    »Bernat.«
    »Was.«
    »Ich bin stolz auf dich.«
    »Ich … Warum?«
    »Ich habe gerade das Buch ausgelesen. Soweit ich das beurteilen kann, hast du deinen Freund sehr treffend geschildert …«
    »Also … Danke. Ehrlich.« Er riss sich zusammen: »Um zwei bin ich bei dir.«
    »Ich setze den Reis erst auf, wenn du da bist.«
    »In Ordnung, Xènia. Ich muss jetzt Schluss machen.«
    »Gib ihm einen Kuss von mir.«
    In dem Augenblick, als er auflegte und an die unmögliche Form der Kleinschen Flasche dachte, schob Wilson Adrià im Rollstuhl auf die Terrasse. Adrià legte die Hand schützend über die Augen, als ob blendender Sonnenschein herrschte.
    »Hallo«, sagte Bernat. Und zu Wilson: »Ich nehme ihn mit zu den Glyzinien.«
    Wilson zuckte mit den Achseln, und Bernat schob Adrià an den Rand der Terrasse, wo die Glyzinien blühten. Von hier aus sah man ein gutes Stück von Barcelona, im Hintergrund das Meer. Klein. Er setzte sich und schlug das Buch auf den letzten Seiten auf. Er las:
    Das, was ich erlebt habe, liegt lange zurück; und seit ich es aufgeschrieben habe, ist ebenfalls viel Zeit vergangen. Jetzt ist es anders. Jetzt ist morgen.
    Warum ich das alles erzählt habe? Nun, wenn Fra Miquel angesichts der Grausamkeiten des Großinquisitors nicht das schlechte Gewissen überkommen hätte, wäre er nicht geflohen und zu Bruder Julià mit den Spitzahornsamen in der Tasche geworden, und Guillaume-François Vial hätte seineStorioni nicht zu einem exorbitanten Preis an die Familie Arcan verkauft.
    »Eine Storioni.«
    »Der Name sagt mir nichts.«
    »Ihr wollt mir doch nicht weismachen, Ihr hättet noch nie von Laurent Storioni gehört!«
    »Nein.«
    »Hoflieferant von Bayern und Weimar«, behauptete Vial aufs Geratewohl.
    »Mir ist er nicht bekannt. Habt Ihr nichts von Ceruti oder Pressenda?«
    »Um Gottes willen!«, rief Monsieur Vial in gespielter Empörung. »Pressenda hat sein Handwerk bei Storioni gelernt!«
    »Und von Stainer?«
    »Zurzeit habe ich nichts von ihm.« Er zeigte auf die Geige, die auf dem Tisch lag. »Probiert sie aus, Mijnheer Arcan. So lange Ihr wollt.«
    Nicolas Arcan setzte die Perücke ab und nahm die Geige zur Hand, scheinbar widerwillig und verächtlich, in Wirklichkeit aber begierig darauf, sie auszuprobieren. Mit seinem üblichen Bogen, unglaublich flinken Fingern und einer merkwürdigen Körperhaltung spielte er drauflos; doch schon beinahe die erste Note verriet einen außergewöhnlichen Klang. Guillaume-François Vial musste die Demütigung schlucken, dass ihm ein flämischer Geiger aus dem Stegreif eine der Sonaten des verhassten Tonton Leclair vorspielte, ließ sich aber nichts anmerken, denn schließlich ging es ums Geschäft. Eine Stunde später gab ihm Nicolas Arcan mit schweißbedeckter Glatze und Stirn die Geige zurück, und Guillaume-François Vial wusste, dass er ihn in der Tasche hatte.
    »Nein. Die gefällt mir nicht«, sagte der Geiger.
    »Fünfzehntausend Florin.«
    »Ich beabsichtige nicht, sie zu kaufen.«
    Monsieur Vial stand auf und nahm die Geige. Er legte sie sorgfältig in den Kasten zurück, der einen merkwürdigen, unbestimmbaren Fleck aufwies.
    »Anderthalb Stunden von Antwerpen entfernt habe ich einen

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