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Das Schweigen

Das Schweigen

Titel: Das Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Costin Wagner
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    tücher.
    »Meine Frau Ruth«, sagte Vehkasalo.
    Die Augen der Frau waren klein und gerötet, ihr Hän-
    dedruck war kaum spürbar. Aber Joentaa hatte den Ein-
    druck, dass allein das Erscheinen Sundströms in ihr
    Hoffnung aufkeimen ließ. Der große, sportlich wirkende
    Sundström mit seinen kantigen Zügen strahlte, ohne ein
    Wort sagen zu müssen, eine gewisse Zuversicht aus.
    »Wir wollen natürlich vor allem wissen, was eigent-
    lich los ist«, sagte Vehkasalo. Er stand Sundström bezüg-
    lich der äußeren Erscheinung in nichts nach. Ebenfalls
    ein großer, dynamisch und effektiv wirkender Mann. Er
    trug ein lässiges und gleichzeitig elegantes Jackett und
    vermittelte Joentaa den Eindruck, mit jeder Bewegung,
    jeder Geste und jedem Wort Kontrolle über das Gesche-
    hen beanspruchen zu wollen. Was Joentaa einleuchtete,
    da Vehkasalo genau diese Kontrolle in dem Moment, in
    dem er die Nachrichten gesehen hatte, verloren haben
    musste.
    »Aber setzen wir uns doch erst mal, sagte Vehkasalo
    und wartete, bis alle saßen, bevor er fortfuhr: »Also,
    kurz und gut: Das im Fernsehen war Sinikkas Fahrrad.
    Das ist sicher. Meine Frau macht sich natürlich Sorgen.
    Sinikka ist immer mal wieder spät nach Hause gekom-
    men, aber ... wir möchten, dass Sie uns sagen, was pas-
    siert ist.«
    »Ich verstehe ... ich verstehe Ihre Sorge ...«, begann
    Sundström.
    Vehkasalo ging dazwischen, seine Stimme hatte
    plötzlich einen anderen Ton. »Nein. Entschuldigung,
    aber lassen Sie uns gar nicht mit dieser Tour anfangen,
    diese Tour mag ich gar nicht. Sagen Sie uns, was los ist.
    Es ist doch einfach. Unsere Tochter ist nicht nach
    Hause gekommen, und die Polizei hat ihr Fahrrad
    gefunden ... was ist passiert?«
    »Ich möchte zunächst ...«
    »Hören Sie schwer?! Ich hätte gerne eine klare Ant-
    wort auf meine Frage!« Vehkasalo schlug mit der
    flachen Hand auf den Tisch, sprang auf, hielt kurz inne,
    ging dann mit weiten Schritten zum Fernseher und
    schaltete ihn aus.
    »Kalevi ...«, flüsterte Ruth Vehkasalo.
    »Ich habe hier Fotos«, sagte Sundström. »Ich möchte
    zunächst, dass Sie mir sagen, ob das die Sporttasche
    Ihrer Tochter ist, und ob das ihre Kleidung ist.«
    Er reichte ein Foto Vehkasalo, der wieder an den
    Tisch getreten war, das andere seiner Frau, die sofort
    nickte. »Ja, ganz sicher, den Trainingsanzug hat sie vor
    zwei Wochen zum Geburtstag bekommen. Ganz sicher,
    Kalevi, das ist genau der Anzug, den ich ihr gekauft
    habe ...«
    Sie reichte das Foto ihrem Mann.
    »Und es ist ihre Sporttasche. Jedenfalls besitzt sie so
    eine Sporttasche. Und ein Fahrrad mit genau diesem
    Aufkleber, aber das habe ich ja schon gesagt«, murmelte
    Vehkasalo.
    »Ich verstehe«, sagte Sundström. »Wir müssen in die-
    sem Punkt natürlich ganz sichergehen. Morgen werden
    wir Ihnen auch noch einmal das Fahrrad zeigen müssen,
    aber ich vermute inzwischen, dass es tatsächlich das
    Fahrrad Ihrer Tochter ist.«
    »Streichen Sie die letzte Floskel«, unterbrach Vehka-
    salo.
    »Ich möchte, bevor wir weiter sprechen, etwas sehr
    Wichtiges sagen: Ich möchte Ihnen sagen, dass wir alles
    tun werden, um Ihre Tochter zu finden. Zum jetzigen
    Zeitpunkt wissen wir nicht mehr als Sie. Das Ver-
    schwinden Ihrer Tochter liegt wenige Stunden zurück,
    und wir haben ja eben erst erfahren, dass es sich bei der
    Verschwundenen aller Wahrscheinlichkeit nach um
    Ihre Tochter handelt ...»
    »Streichen Sie die letzte Floskel«, unterbrach Vehka-
    salo wieder.
    »Ich will damit sagen ...«
    »Streichen Sie das mit der Wahrscheinlichkeit, es ist
    Sinikka. Es handelt sich um unsere Tochter Sinikka.«
    »Ich will damit sagen, dass wir am Anfang stehen. Ihre
    Tochter ist verschwunden. Wir haben ihr Fahrrad
    gefunden und ihre Sporttasche. Sie ist nicht nach Hause
    gekommen. Wir sind dabei, den Fundort auszuwerten,
    und haben gleichzeitig begonnen, nach ihr zu suchen.
    Vieles spricht dafür, dass Ihre Tochter wohlbehalten zu-
    rückkehren wird ...«
    »Streichen Sie die ganzen Floskeln. Das Fahrrad lag
    neben diesem Kreuz.« Vehkasalo sprach jetzt betont
    ruhig und sachlich, als wolle er einen beliebigen Vor-
    gang schildern. »Wir wissen ja alle, was mit dem Mäd-
    chen damals passiert ist. Es war klar und deutlich in den
    Nachrichten. Da wurde ein Mädchen vom Fahrrad ge-
    zerrt und umgebracht. Das habe ich doch richtig ver-
    standen. Wieso lag das Fahrrad unserer Tochter ausge-
    rechnet neben dem Kreuz? Und wieso läuft das Ganze
    in den

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