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Das Schweigen

Das Schweigen

Titel: Das Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Costin Wagner
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Nachrichten, wenn unsere Tochter so
    wohlbehalten ist, wie Sie sagen?«
    »Ich möchte Ihnen nur vergegenwärtigen, dass wir
    am Anfang stehen«, sagte Sundström. »Ich möchte, dass
    Sie, und ich weiß, dass das schwer ist, aber ich möchte
    Sie bitten ... Ruhe zu bewahren.«
    »Ich bin ruhig. Meine Frau ist auch ruhig«, sagte Veh-
    kasalo und legte einen Arm um sie.
    Für einige Sekunden herrschte Schweigen.
    »Ist denn Ihre Tochter oft diesen Weg gefahren. An
    dem Kreuz vorbei?« fragte Joentaa in die sich ausbrei-
    tende Stille. Das Ehepaar wechselte Blicke.
    »Ich weiß nicht. Wo ist sie eigentlich hingefahren?«
    fragte Vehkasalo seine Frau.
    »Zum Sport. Zum Volleyball. Sie spielt seit einigen
    Monaten, dafür habe ich ihr auch die neuen Sachen
    gekauft ...«
    »Sie macht ja ständig irgendwas Neues. Man verliert
    den Überblick«, sagte Vehkasalo und versuchte ein Lä-
    cheln.
    »Sie ist also diese Strecke immer zum Volleyballspie-
    len gefahren?« fragte Joentaa.
    »Ich denke, ja«, sagte Ruth Vehkasalo. »Ich weiß es
    nicht sicher, weil ich ja nie dabei war, wenn sie dorthin
    fuhr. Aber ich denke, ja.«
    »Wie oft hat sie denn Volleyball gespielt?«
    »Zwei Mal die Woche hatte sie Training. Und am
    Wochenende meistens Spiele.«
    »Sie ist sehr sportlich«, sagte Vehkasalo. »Sie hat be-
    dauerlicherweise ... kein Stehvermögen. Sie macht dies
    und das, sie fängt dauernd was an und bleibt nie dabei.
    Aber das mag ja heute ganz normal sein, ich ... es spielt
    ja auch jetzt keine Rolle.« Er verstummte.
    »Hat sie je dieses Kreuz erwähnt?« sagte Joentaa.
    Beide sahen ihn fragend an.
    »Ich meine, hat sie davon gesprochen, dass sie an dem
    Kreuz vorbeikam, hat sie die Inschrift erwähnt?«
    »Nein«, sagte Vehkasalo. Auch seine Frau schüttelte
    den Kopf. »Nein, nie. Warum auch?«
    »Warum soll Sinikka sich für Dinge interessieren, die
    vor dreißig Jahren passiert sind? Da war sie ja noch nicht mal geboren«, sagte Vehkasalo. »Ich frage mich ohnehin,
    was dieses Getue soll. Kommt nach dreißig Jahren der-
    selbe Psychopath und bringt unsere Tochter um? Ist das
    dann Ihre Theorie dazu, oder was haben Sie in diesem
    Zusammenhang bisher zutage gefördert?«
    »Nichts«, sagte Sundström. »Bislang nichts. Wir ste-
    hen am Anfang. Natürlich ist der Fundort ein besonde-
    rer, und die Parallele zu diesem tatsächlich lange zurück-
    liegenden Fall ist auffällig. Aber ganz ehrlich muss ich
    Ihnen sagen, dass ich etwas Vergleichbares noch nie er-
    lebt habe. Wir sind zunächst ähnlich ratlos wie Sie.«
    Vehkasalo nickte nur, offensichtlich bezwungen von
    Sundströms Ehrlichkeit, und seine Frau fragte plötzlich,
    ob sie denn nicht einen Kaffee kochen solle, und war
    schon aufgestanden.
    »Nein, nein, besten Dank«, sagte Sundström. »Wann
    ist Ihre Tochter denn zum Volleyballtraining aufgebro-
    chen? Haben Sie noch mit ihr gesprochen, bevor sie los-
    fuhr?«
    »Ja, sicher. Kalevi war im Büro, aber ich war da, wir
    haben gemeinsam zu Mittag gegessen, und dann ist Si-
    nikka zum Volleyballtraining gefahren und ich habe am
    Nachmittag meine Schwester in der Stadt getroffen.«
    »Worüber haben Sie während des Essens gesprochen?«
    fragte Kimmo Joentaa. »Gibt es etwas, das Ihnen jetzt,
    im Blick auf Sinikkas Verschwinden, ungewöhnlich
    erscheint? Etwas, das sie gesagt hat?«
    Sinikkas Mutter dachte eine Weile nach, schüttelte
    dann bedächtig den Kopf. »Nein, wirklich nicht. Wir ...
    heute war ja der letzte Schultag, deshalb ...« Ihre
    Stimme brach, sie begann zu weinen, fuhr aber fort:
    »Wir haben natürlich gestritten wegen ihres Zeugnisses,
    und ich war wohl laut geworden, weil ... weil wir ja
    eigentlich immer nur gestritten haben!« Sie begann
    plötzlich zu schreien. Joentaa spürte, wie Sundström
    neben ihm zusammenzuckte. »Weil es einfach unmög-
    lich ist, mit Sinikka nicht zu streiten!« schrie sie. »Weil sie immer nur alles haben will und nichts zurückgibt!
    Und jetzt ist sie ganz weg!! Jetzt ist sie ganz weg!! Jetzt ist sie nämlich ganz, ganz weit weg!!!« Sie schlug auf
    ihren Mann ein, der stocksteif dasaß, dann stand sie auf
    und rannte aus dem Zimmer. Kurz darauf schlug eine
    Tür. Vehkasalo starrte mit halb geöffnetem Mund in
    die Richtung, in die seine Frau gerannt war.
    »Entschuldigung, das ist ... es tut mir furchtbar leid«,
    sagte er. »Ich werde ... nach ihr sehen.«
    »Natürlich«, sagte Sundström.
    Vehkasalo ging wie in Trance.
    »Natürlich«, wiederholte Sundström

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