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Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)

Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Caldwell
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Moment hörte sie die Harfe, es klang, als striche eine sanfte Brise über sie hin, nicht Kieran Sweeneys ungelenke Finger. Man hatte den Eindruck, Messingsaiten waren aufgezogen. Kieran packte die Harfe fester, fürchtete, er könnte sie fallen lassen. Beide,Kieran und Kitty lauschten mit offenem Mund, wagten kaum zu atmen. Kitty drehte sich als Erste zu den Stufen um, zu der Stelle, wo sie sich zum Treppenabsatz öffneten. Dann wandte auch Kieran seinen Blick dorthin.
    Dort, gleich links neben der Treppe, standen Brid und Taddy, er ein wenig weiter vorn, sie etwas näher an der Wand hinter ihr. Ihr Gesichtsausdruck war verwirrt wie immer, nur schien es, sie wüssten noch weniger als sonst, warum sie hier waren oder auf welchem Pfad sie zu einem Ort des Friedens gelangen würden.
    Taddys hellbraunes Haar reichte bis zu den breiten, ebenmäßigen Schultern. Sein Oberkörper verjüngte sich zu den Hüften hin. Die Hände waren derb und schwielig, doch die langen Finger hatten immer noch etwas Zartes und verrieten, dass sie in Liebkosungen geübt waren. Seine braunen, fast dunklen Augen waren es vor allem, die ihm Gegenwärtigkeit verliehen.
    Es war, als täten sich ihrem Blick mehrere Ebenen auf, als sähen sie nicht nur diesen Raum und die Gegenstände und Menschen darin, sondern auch irgendeinen anderen Ort, wenn auch zu ganz anderer Zeit, und als schienen sie betrübt wegen des Verlusts des einen und ratlos beim Anblick des anderen. Taddys Mund, klein, doch wohlgeformt, war leicht geöffnet, nicht dass er reden wollte, mehr vor Erstaunen. Er trat einen halben Schritt zurück, so dass sein Arm nun Brid streifte, und mit der Seite seines lehmverkrusteten Fußes berührte er, was das sanfte Fleisch von Brids rechter Ferse gewesen wäre.
    Auch Brid schaute verwundert und bekümmert, schien jedoch eher ängstlich als überrascht zu sein. Ihr schwarzes Haar und die blauen Augen, ein tiefes Blau, das an Violett erinnerte, bildeten einen Gegensatz zu ihrer blassen Haut, deren Farbe sehr an frische Sahne erinnerte und somit nicht bleich genannt werden konnte. Die Lippen warenrot und feucht, als hätte sie Beeren gegessen, die sie von den Hecken am Weg zur Burg gepflückt hatte. Sie war schlank, und ihre gerade Kopfhaltung und der stete Blick (traurig wie die Augen auch waren) zeugten davon, dass ihr keine Schwäche innewohnte. Das grobe Wollgewebe ihres Kleids lag eng am Körper an, schmiegte sich über die kleinen Brüste, an die festen Schenkel und die Waden, die in wohlgeformte Knöchel übergingen, die unter dem Rocksaum hervorschauten. Sie verschob den linken Fuß und verdeckte so die Zehen von Taddys rechtem Fuß. Bei beiden war am Hals deutlich die rohe Kreisspur von dem Hinrichtungsstrick zu erkennen.
    Die erdfarbenen Fäden im Webstuhl und das fertige Tuch verschwanden. Kitty nahm den Fuß vom Tritt und stand auf. Kieran stellte die Harfe ab. Die Saiten lösten sich in Nichts auf, derweil die letzten Schwingungen der Saite, die er gezupft hatte, noch in der Luft hingen. Wie um Solidarität mit seiner Frau zu demonstrieren – denn Taddy war näher an Brid herangerückt –, ging Kieran leise zu Kitty hinüber und drückte seinen Oberarm gegen ihren. Beide schauten sie die Geister an.
    Kitty wusste nicht, was sie sagen sollte, sagte aber dennoch etwas, die Worte blieben ihr in der Kehle stecken, wollten nicht heraus, doch schließlich brachte sie es fertig, mit halberstickter Stimme zu fragen: »Weshalb seid ihr hier?«
    Die Frage schien ihre Ratlosigkeit nur noch zu vertiefen. Brid drehte sich leicht zu Taddy um, und Taddy hob den Kopf etwas höher. »Wir sind eure Freunde«, sagte Kitty, doch ehe ihr eine passende Beendigung des Satzes einfiel, rückten Brid und Taddy näher aneinander, und Brids Augen weiteten sich vor Angst und Schrecken. Sie schmiegte sich noch enger an Taddy.
    »Seid ihr Brid und Taddy?«
    Kaum dass ihre Namen erklangen, gerieten sie in Panikund verschwanden. Fort waren sie. Nirgendwo mehr zu sehen. Kitty und Kieran starrten länger als nur einen Augenblick auf die Stelle. Kittys Blick wanderte über den Treppenabsatz, über die nachgedunkelten Steinplatten des Bodens, selbst über die Balken in der Decke. Sie berührte den Webstuhl. »Sind sie weg?«, flüsterte sie kaum hörbar.
    »Ja, sie sind weg.«
    »Ich habe sie verscheucht. Sie haben offenbar kein Wort verstanden, von dem, was ich …« Sie sprach nicht weiter, holte tief Luft und schlug mit der rechten Hand auf den Rahmen des

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