Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)
handelseinig.«
Kieran machte sich immer noch hinten am Lastwagen zu schaffen. »Soll ich mitkommen?«
»Nicht nötig. Wenn er nicht ganz so schwächlich ist, wie er aussah, ist er vielleicht sogar an Arbeit interessiert. Könnte bei den Reparaturen zur Hand gehen, die sie nicht zu Ende gebracht haben. Zum Beispiel beim Decken der Schuppendächer.«
Kieran rüttelte derb an der Ladeklappe. »Ich brauche niemanden, der mir zur Hand geht. Wenn ich mich nicht selbst um die Burg kümmern kann und um die paar Kühe und das bisschen Dachdecken – mit Schiefer …«
»Mit Reet!«, unterbrach ihn Kitty und beharrte auf ihrer schon mehrfach geäußerten Vorliebe.
»Darüber können wir reden, wenn es so weit ist«, befand Kieran. »Jedenfalls erwarte nicht von mir, dass ich jemand in einem Handwerk anleite, das man von Kindesbeinen an gelernt haben muss.«
Großartig ist er, dachte Kitty. Hat den gleichen Dickkopf wie ich. Am liebsten wäre sie einfach stehen geblieben und hätte ihren Mann voller Hingabe bewundert, aber sie wusste, sie würde ihn damit nerven. »Er ist schon so gut wie angeheuert.« Und wie um ihren Mann auf eine andere strittige Fährte zu locken, fügte sie hinzu: »Und das Schwein behalten wir auch. Schließlich ist es außer mir das einzige Lebewesen, das seine Augen zum Sehen nutzt und sieht, was jedermann hier sehen müsste.« Damit ließ sie die anderen stehen und strebte entschlossen der Burg zu. Mit dem rechten Arm winkte sie dem jungen Mann am Fenster. Dass er keine Anstalten machte, zurückzuwinken, bekümmerte sie nicht. Dass er einfach verschwand, ließ sie nur einen kurzen Moment innehalten.
Sie trat in den Vorhof und ging von dort weiter durch die mächtigen Türen in die Große Halle. Das Schwein immer hinter ihr her; in der Mitte des riesigen Raumes blieb es stehen und stierte in eine der hinteren Ecken. Dort stand der junge Mann, die Mütze in der Hand. Überdem Kittel, der mit einer Kordel oder besser einem Strick zusammengehalten wurde, trug er eine Jacke aus grobem Wollstoff. Die Hosenbeine reichten nur knapp bis unter die Knie. Er war barfuß. Die braunen Augen waren traurig und voller Erwartung auf das Schwein gerichtet, der Mund verkrampft und das Gesicht angespannt, als müsste er auf alles gefasst sein.
»Da bist du ja.« Kitty ging einen Schritt näher. »Ich bin Kitty McCloud. Ich habe die Burg hier erworben, wie du sicherlich weißt. Du bist gewiss einer der Hausbesetzer. Ich biete dir Arbeit an, wenn du willst.«
Sie sprach mit ihm irisch, die Sprache, die die Hausbesetzer, die aus Cork kamen, hatten lernen wollen. Doch er gab keine Antwort, stand auch plötzlich nicht mehr da, wo er eben noch gestanden hatte. War einfach verschwunden. Kitty rührte sich nicht, hielt die Augen auf den Fleck geheftet, wo sie den jungen Mann gesichtet hatte. Sie blinzelte zweimal und flüsterte dann: »Auch gut, wahrscheinlich sucht er gar keine Arbeit.« Das Schwein reagierte mit einem kräftigen Strahl Urin und benetzte so die Steinplatten des Bodens. Und plötzlich fiel Kitty ein, wo sie den jungen Mann schon mal gesehen hatte. Auf ihrem Hochzeitsfest.
Kapitel 2
Kitty McCloud war von sich selbst überrascht, dass sie nicht eine so einfache Eheschließung wie die von Aaron und Lolly gewollt hatte, sondern eine üppige Festivität, die sogar mit einer Hochzeitsmesse begann, die Pater Colavin zelebrierte – Pfarrer der Gemeinde St. Brendan, solange überhaupt jemand zurückdenken konnte – und der ein verschwenderisches Gelage in der Großen Halle ihrer erst kürzlich erworbenen Burg folgte.
Ihre Romane brachten so viel ein, dass sie sich geradezu verpflichtet gefühlt hatte, dieses die Zeiten überdauernde Zeugnis der Geschichte Kerrys zu erstehen und sich daselbst mit ihrem kürzlich geehelichten Gatten niederzulassen, entstammten doch beide in der Grafschaft seit undenklichen Zeiten ansässigen Familien. Sie wollten in dem Areal leben, das viel zu lange von fremdländischen Eroberern mit dem außergewöhnlichen Namen Shaftoe entweiht worden war, genau genommen den
Lords
Shaftoe. Diese Eindringlinge hatten die Burg Kissane jahrhundertelang in Beschlag genommen, und das bereits seit der unter Cromwell erfolgten Unterwerfung des Landes um sechzehnhundert soundso. (Möglicherweise hatte es etwas zu sagen, dass Kitty stets von ihren Bucheinkünften sprach und nicht von ihren Tantiemen oder Royalties, weil sie jeden Bezug auf die Abgaben scheute, die früher von im
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