Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)

Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Caldwell
Vom Netzwerk:
nicht das, was sonst niemand weiß? Denk doch mal nach. Wenn deine Mutter eine Hexe ist, dann bin ich nach dem, was sie von mir denkt, auch eine Hexe.« Kitty war mit sich höchst zufrieden. »Ja, so und nicht anders. Ich bin eine Hexe. Schau mich an. Ich bin eine Hexe.«
    »Eine Hexe hat keine Seele. Eine Hexe kann nicht sterben. Meine Mutter aber kann sterben«, entgegnete er ruhig. »Und Sie auch.« Er schwieg kurz. »Und ich auch.«
    So entschlossen, wie er einherschritt, so fest, wie seine Stimme bei seinen Worten klang – es verunsicherte Kitty, und sie erwog, es mit der Fragerei gut sein zu lassen. Vielleicht blieb man in diesem Fall, wie in den meisten Fällen, lieber unwissend. Sie sollte jetzt besser umkehren und den Hügel erklimmen, zu ihrer Burg, zu ihren Geistern gehen. Zu ihrem Mann.
    Peter war stehen geblieben, bohrte wieder in der Nase und holte einen noch kleineren Popel heraus. Neugierig betrachtete er ihn, mit voller Konzentration. »Wenn Sie Taddy und Brid loswerden wollen, müssen Sie die Burg in die Luft sprengen. Dann verschwinden sie.«
    Auch Kitty wäre gern stehen geblieben, aber der Junge lief schon wieder weiter. »Wie sollte ich die Burg in die Luft sprengen?«
    »Das Schießpulver.«
    »Ich meine nicht
wie
. Ich meine,
weshalb
sollte ich sie in die Luft sprengen?«
    »Damit Taddy und Brid gehen. Wenn Sie sie loswerden wollen, ist das die einzige Möglichkeit.«
    »Ich soll losziehen und mir Dynamit besorgen …«
    »Nicht nötig. Ich hab’s doch eben gesagt. Das Schießpulver. Es ist dort oben.«
    »Wo?«
    »Dort.«
    »Was heißt dort?«
    »Meine Mutter sagt, manchmal lassen Einzelheiten zu wünschen übrig.«
    »Na, vielen Dank. Erst erzählst du mir, ich sitze auf einem Pulverfass, und dann willst du mir nicht sagen, wo es ist.«
    »Nicht mal Brid und Taddy wissen es.«
    »Wie können auch die das nicht wissen?«
    »Sie wissen gar nichts. Sie wussten damals nichts, und sie wissen jetzt nichts. Sie wissen nicht einmal, weshalb sie dort sind oder was mit ihnen geschehen ist. Sie wissen nur, dass sie eigentlich irgendwo anders sein müssten. Wiederum müssen sie auch auf der Burg sein. Jedenfalls solange es die Burg gibt.«
    »Und wenn man die Burg in die Luft sprengt, sind auch sie mit fort, landen irgendwo anders, wo auch immer?«
    »Die Burg ist der Ort, wo sie gehängt wurden, ohne zu wissen, warum ihnen das geschah. Eigentlich sollte die Burg untergehen. Nicht sie. Solange die Burg steht, müssen sie bleiben.«
    »Einen anderen Weg gibt es nicht? Nur den, die Burg in die Luft zu sprengen?«
    »Meine Mutter sagt, nur so geht es und nicht anders. Und das glaubt sie nicht nur. Sie weiß es.«
    Ein völlig neuer Gedanke kam Kitty. Maude McCloskey
war
eine Hexe. Eine richtige Hexe. Eine Zauberin. Sie war es, die die Schatten der sich grämenden Brid und des verwirrten Taddy gerufen hatte. Mit ihren Zauberkräften hatte sie sie herbeigeholt, einzig und allein zu dem Zweck, Kitty McCloud von der Burg zu vergraulen. Sie neidete Kitty ihren Erfolg und Wohlstand, ihr gutes Aussehen und dass sie sich den besten Mann auf Erden geangelt hatte. Die ganze Welt beneidete sie – bei all ihren Begabungen,konnte es da überhaupt anders sein? Was der Junge über ihre Phantasie, über ihre Besonderheit, wie er es nannte, gesagt hatte, war pure List und Gerissenheit, eine Form von Schmeichelei, der sie, wenn auch nur kurz, erlegen war. Aber das war aus und vorbei. Sie würde sich aus den Fesseln der Seherin befreien. Alles, was man ihr hatte weismachen wollen, war hinfällig. Selbstverständlich würde sie die Burg nicht in die Luft sprengen.
Ihre
Burg. Sie würde Pater Colavin bitten, noch einmal zu kommen, um die unerwünschten Geister zu beschwören und sie von ihrem Grund und Boden zu vertreiben. Schluss mit dem ganzen Spuk. Es ging nur um die richtigen Worte, die richtigen Segenssprüche, und er würde …
    Sie hielt inne. Was redete sie sich da ein? Nie und nimmer könnte sie so etwas tun – sie mit Glocke, Bibel und Kerze terrorisieren. Sie vertreiben – sie verstoßen, als wäre sie selbst eine aus der anglo-irischen Oberschicht, die noch einmal zurückkehrte, um das unvollendete Werk zu vollenden.
    Sollte doch Kieran in die hübsche Brid verliebt sein. Sie war ein Geist, ein Schatten, ein wandelnder Schatten. Natürlich hatte auch Kitty Charme, greifbar und gegenwärtig, mit dem sie ohne große Mühe einen so liebebedürftigen Mann wie den ihrigen betören, seinen prachtvollen Körper mit

Weitere Kostenlose Bücher