Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)

Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Caldwell
Vom Netzwerk:
all die verzweifelten Gebete, die in jenen Jahren an die gleiche Adresse gingen, als das Land verwüstet und die Unschuldigen gehängt wurden, wo immer sich ein Ast oder Balken dazu bot.
    Nachdem sie dem Himmel mit ihrem nutzlosen Gejammere zugesetzt hatte, musste sie ihrem weniger beeindruckten Gatten zuhören, der ihr darlegte, er habe weder die Mittel noch das Wissen, um die Burg in die Luft zu jagen, wie sie gedroht hatte. Außerdem gehöre ihr die Burg nicht länger und durfte nicht nach Lust und Laune zerstört werden. Sie würde wegen der angerichteten Verwüstung im Gefängnis landen, könnte allerdings die Zeit dort ununterbrochen nutzen, ihre Korrekturen am Roman
Die Mühle am Floss
anzubringen, und unter Umständen würde ihr der Richter sogar zusätzliche Zeit gewähren, ein, zwei weitere Romane zu korrigieren.
    Dass sie einfach wahnsinnig werden könnte, wurde als weitere Möglichkeit in Betracht gezogen. In ihrem fast geistesgestörten Zustand spürte Kitty, dass ihr nach der ungeheuerlichen Empörung nichts anderes übrigblieb, als das zu tun, was jeder sich selbst achtende Bürger der Republik angesichts einer bevorstehenden Vertreibung von Haus und Hof tun würde: ein großes und fulminantes Festgelage veranstalten und jedermann dazu einladen. Mit Brids und Taddys Schicksal würde sie sich später befassen. Ihr Verstand konnte nur eine gewisse Menge an Ereignissen aufnehmen und war schon dermaßen mit einander widerstreitenden Dingen überlastet, dass schierer Wahnsinn das einzige Mittel blieb, eben diesen ihren Verstand zu retten.
    Die Entscheidung für das Fest gab ihrem Leben wieder Sinn und Zweck, sie konnte sich über die jähe Schicksalswende hinwegsetzen und wurde mit der neuen Aufgabe von allem und jedem abgelenkt, das sie leicht ins Gefängnis oder in die Irrenanstalt hätte bringen können.
    Zunächst war sie vollauf mit dem tosenden Unwetter beschäftigt, dessen Ziel es offenbar war, die zivilisierte Welt auszulöschen, was wiederum nichts Ungewöhnliches in dieser Gegend darstellte. Kieran war nach Caherciveen gefahren, um Schalotten für das Dinner zu besorgen. Kitty musste sich zu den Gemeindewiesen unterhalb des Gipfels des Crohan-Bergs über die Abhänge hinaufquälen und mit Flüchen und unflätigen Ausdrücken, mit Drohungen und begütigenden Worten die in den Regenfluten fast ertrinkenden Kühe nicht nur von den Weidehängen sicher herunterbringen, sondern auch in die Große Halle der Burg bugsieren.
    Brid hatte sie begleitet, aber abgesehen davon, dass ihre Gegenwart ermutigend wirkte, konnte sie keine praktische Hilfe leisten. Doch da sie sich inmitten des verwirrten und verängstigten Viehs hielt, brachte sie bis zu einem gewissen Grade Ruhe in die Herde, die Kittys Klapse und Schubse nur noch mehr verstörten.
    Kitty war im Begriff, die gewaltigen Türen der Großen Halle zu sichern, nachdem auch die letzte der triefnassen Kühe drin war, da tauchte das Schwein auf. Sein Gequieke und seine lautstarke Empörung gegen die Ungeheuerlichkeiten von Blitz, Donner, Wasser und Wind konnten durchaus mithalten mit dem Heulen des Sturms. Kitty unternahm einen zweiten Versuch, die Türen gegen das Wüten der Elemente zu schließen, doch jetzt erschien nicht einfach nur das Schwein, sondern Lord Shaftoe höchstpersönlich, heraufbeschworen vom Sturm als eine weitere Geißel, welche die Erde und alle darauf Lebenden strafen sollte.
    Neben der anderen Erscheinung in der Großen Halle – Brid, der Wasser und Wind nichts anhaben konnten und die den Berg hinauf- und wieder herabgestiegen und in die Burg gelangt war, so trocken und unbeschwert wie nurmöglich – wirkte Seine Lordschaft gespenstischer, als es Brid oder Taddy je gewesen waren. Sein letzter Besuch hatte ihn nicht gelehrt, dass ein Regenschirm ein nützlicher Gegenstand ist, wenn man durch die Grafschaft reist. So sah er aus, als wäre er aus den Tiefen des Meeres emporgestiegen. Durchnässt und verdreckt, gehüllt in den Nebel seiner eigenen Ausdünstungen, brachte er in die durch die Kühe anheimelnd gemachten Räumlichkeiten den Geruch von nasser Wolle, der seiner Tweed-Jacke, den nassen Hosen, der Schirmmütze und dem zugeknöpften Regenmantel entströmte, der eigentlich die Feuchtigkeit hätte abhalten sollen.
    So vollgesogen mit Wasser, schien Seine Lordschaft unfähig, sich zu bewegen – war vielleicht auch gelähmt durch die Erkenntnis, dass er wie jedermann sonst, der in ein sich rasend gebärdendes Unwetter gerät, Opfer

Weitere Kostenlose Bücher