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Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)

Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Caldwell
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neben sich abgestellt. Er hatte einen beträchtlichen Teil Erde ausgehoben, um die Kuh zu befreien, selbst aus der Entfernung sah das Loch größer aus, als Kitty es erwartet hatte. Kieran hielt ein derbes Stück Papier in der Hand, das er von allen Seiten beäugte, als versuchte er dahinterzukommen, was sein Fund bedeutete. Er machte ein finsteres Gesicht, ein Zeichen äußerster Konzentration; erfahrungsgemäß vermied man dann besser, ihn zu stören. Vor ihm auf der Erde lag, was sie für eine Kiste aus Metall hielt, einigermaßen verdreckt und mit offenem Deckel, und oben lugte eine braune Schriftrolle heraus.
    »Das Schwein hat die Steine zum Einsturz gebracht«, rief sie. Als Kieran sie nicht beachtete, ging sie auf ihn zu und sagte: »Du hast da etwas gefunden. Eine Kiste, ein Papier oder eine Schriftrolle oder so was Ähnliches.«
    Kieran reagierte nicht, nicht einmal mit einer Kopf- oder Handbewegung. Offensichtlich hatte er herausgefunden, was bei dem Schriftstück oben und was unten war, und bemühte sich, es zu entziffern, wobei seine Lippen mitarbeiteten. Als Kittys unmittelbare Nähe ihn schließlich ablenkte, rollte er das Papier rasch zusammen und setzte eine gleichgültige Miene auf wie jemand, der sich im nächsten Moment mit einer Notlüge aus der Affäre ziehen würde.
    »Was ist das?«, fragte Kitty.
    »Nichts weiter.«
    »Nichts weiter? Dann schadet es ja wohl nichts, wenn ich mal einen Blick drauf werfe.«
    »Irgendeine alte Kritzelei.«
    »War es in der Kiste da?«
    »Sinnloses Zeug, hab ich doch schon gesagt.«
    »Ich kann aber nicht warten.« Sie streckte die Hand aus.
    »Es ist ohne Bedeutung. Lauter Gekritzel und ein paar dumme Zeichnungen. Wird ein gedankenloser Arbeiter liegengelassen haben, ist mit der Zeit von Erde und Gras überdeckt worden. Irgendwelche Entwürfe für Änderungen in der Burg, soviel ich ausmachen kann.«
    »Dann kann ich sie wohl auch sehen.« Sie bückte sich, nahm die andere Schriftrolle aus der Kiste und breitete sie auseinander. Wie Kieran drehte auch sie den Bogen von einer Seite zur anderen, strengte die Augen an, ging mit dem Kopf etwas zurück, zog die Nase kraus und gab sich alle erdenkliche Mühe, hinter den Sinn der Zeichen zu kommen. Ohne es sonderlich zu betonen, sagte Kieran: »Das Schießpulver. Es ist in den Steinplatten, mit denen die Große Halle gepflastert ist. Wir sind die ganze Zeit darüber hin und her gelaufen. Und die Kühe auch.«
    »Und Lord Shaftoe«, fügte Kitty mit tonloser Stimme hinzu. Sie starrte auf die offene Schriftrolle in ihren Händen. Der Text war irisch, aber die Schrift war schwer zu lesen, Schriftzeichen von früher, wie sie zuerst glaubte, für die zu entziffern man den Stein von Rosette gebraucht hätte. Bei längerem Betrachten allerdings hatten die Buchstaben eine gewisse Ähnlichkeit mit der Handschrift, wie sie Schwester Clothilde von den Kindern in der ersten Klasse verlangt hatte. Gruppen von Buchstaben ergaben erkennbare Wörter, und allmählich vermochte das Hirn auch eine Bedeutung hinter den Wörtern auszumachen. Die Zeichnungen jedoch, mehr oder weniger grobe Skizzen, entzogen sich jeder Deutung. Davon überzeugt, dass sieihr Geheimnis preisgeben würden, wenn Kitty lange genug darauf stierte, ließ sie kein Auge von ihnen und versuchte auch das flüchtigste Blinzeln zu vermeiden. Und dann kam sie schließlich dahinter. Es handelte sich um Anweisungen, wie die Steinplatten zu legen waren, mit allen Vorsichtsmaßnahmen, die zu bedenken waren, um sie keinesfalls mit einem Element in Kontakt zu bringen, das eine vorzeitige Explosion hätte auslösen können: Feuer. Auch waren lauter Namen aufgelistet, vermutlich die der Dienerschaft, die zur Burg gehörten. Sie sollten einen Vorwand ersinnen – Arbeit, die woanders zu erledigen war, Besuche eines kranken Verwandten –, irgendeine Entschuldigung, um zu dem Zeitpunkt, da der Sprengstoff gezündet werden sollte, nicht in der Burg zu sein. Einzig und allein der jüngst eingetroffene Lord Shaftoe sollte zugegen sein, der Mann, der auf Geheiß der Krone erschienen war, um die ländliche Bevölkerung strengsten »Zwangsmaßnahmen« zu unterwerfen, weil die sich entschieden geweigert hatte, sich vertreiben oder auspeitschen zu lassen oder Hungers zu sterben, wie es die Krone verlangte.
    Kittys Bemühungen, die Zeichnungen zu deuten, wurden von Kieran unterbrochen. »Wir brauchen uns keinen Kopf zu machen. Bei all der Feuchtigkeit und nach all den Jahren taugt das

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