Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)
Schießpulver sowieso nichts mehr. Nur als Steinplatten im Fußboden hat es überdauert.«
Kitty gab das Enträtseln auf. »Können wir da wirklich sicher sein?«
»Es ist über zweihundert Jahre her. Und vergiss nicht: Das Schießpulver von Guy Fawkes war schon nach wenigen Wochen nicht mehr zu gebrauchen, nur dass er es nicht wusste. Die Elemente trennen sich in kürzester Zeit voneinander. Nie im Leben hätte der das Parlament in die Luft sprengen können. Und wir haben hier nur Steinplatten. Nichts weiter.«
»Zwischen Guy Fawkes und der Zeit, als die Platten hier gelegt wurden, liegen fast zweihundert Jahre. Hast du das vergessen? Keine Zivilisation kann Schritt halten mit den ›Verbesserungen‹, wenn es gilt, neues Schießzeug und sonstige Zerstörungsmittel zu ersinnen. Die Schwierigkeiten, die ein Mr. Fawkes hatte, dürften in den folgenden beiden Jahrhunderten überwunden worden sein.«
Kieran zuckte mit den Achseln. »Wir können es ja versuchen, wenn dich das glücklich macht. Wenn wir uns selbst hochjagen, wissen wir wenigstens, dass es noch funktioniert.«
»Es sagt ja niemand, dass wir die ganze Burg in die Luft sprengen müssen. Würde es nicht eine Ecke, ein kleines Stückchen, ein Steinbrocken tun? Dann wüssten wir doch, woran wir sind.«
»Von mir aus können wir es probieren.«
»Ich bin dabei.«
Sie trieben – nicht ohne gelegentliches Fluchen – die Kuh und das Schwein durch die Lücke in der Mauer zurück, brachen aus einer Steinplatte in der Großen Halle ein Stück aus, schafften es über die Straße und ein Ende weiter hinunter zu einer Weide mit felsigem Untergrund, machten ein Feuer an, und Kieran warf aus einiger Entfernung den Steinbrocken in die lodernden Flammen. Sie zogen sich ein Stück zurück. Nichts geschah. Sie warteten. Immer noch nichts. Augenscheinlich war Kitty in ihrem Lob des Fortschritts der Zivilisation zu großzügig gewesen.
Sie kehrten um und gingen die Straße entlang und waren schon fast bei den Ställen angelangt, als sie ein lautes Krachen vernahmen, es klang, als hätte man riesige Popcornkörner zum Platzen gebracht. Sie sahen sich vielsagend an und schauten dann zurück zum Feld. Flammende Holzscheite flogen durch die Luft, Funken zerstoben undrieselten zur Erde. Ganz in der Nähe stand Brid, starrte ungläubig auf das Geschehen und hielt die Hände ausgestreckt, um den einen oder anderen Funken zu erhaschen – als wären es Schneeflocken, die sie zum ersten Mal sah und über die sie nicht genug staunen konnte. Auch Taddy war wie betäubt von dem Schauspiel, blickte fasziniert auf der Erde umher, dass sie schon dachten, er würde die kleinen Bruchstücke, die eben noch undurchdringlicher Fels waren, zählen.
Rasch, wiederum nicht zu rasch, gingen Kitty und Kieran zu dem Wiesenstück zurück und bestaunten mit offenem Mund, was von dem von ihnen aufgebauten Holzstoß geblieben war: noch brennende, versprengte Holzsplitter zwischen geborstenen Steinen. Langsam wagten sie sich bis zum Brandherd vor. Sie brauchten eine ganze Weile, um die Reste der Glut auszutreten; Kierans Stiefeln bekam das nicht gerade gut, und Kitty opferte ein Paar Sneakers, die bei der Hitze schmolzen.
Taddy und Brid sahen zu, ihre Trauer schien verflogen. Mit großen, erwartungsvollen Augen verfolgten sie, was geschah. Kieran deutete ihren Gesichtsausdruck als ein zaghaftes Flehen, Kitty mehr als ein Hoffen, das von der Furcht, ihr Traum könnte nicht in Erfüllung gehen, gedämpft wurde.
»Jetzt können wir zum Werke schreiten und tun, was getan werden muss.« Kitty flüsterte, als hätten die Steine Ohren.
»Nichts dergleichen können wir tun. Nicht einmal in Erwägung ziehen.«
»Und einfach zulassen, dass sie gehängt werden?«
»Sie sind längst gehängt worden.«
»Ja, und man wird sie immer wieder hängen, wieder und wieder, bis …«
»Nein. Die Burg ist nicht mehr unsere. Oder wird esbald nicht mehr sein. Wenn du unbedingt eine Burg in die Luft sprengen willst, dann geh und kauf dir eine andere, und ich helfe dir, sie in jede x-beliebige Richtung hochzujagen. Nach oben, nach unten, nach allen Seiten. Ganz, wie du wünschst. Diese jedenfalls nicht.«
»Aber sieh doch, wie sie da stehen …«
»Ich sehe sie, ja. Und ich möchte, dass sie gehen …« Er hielt inne, um dann in aller Ruhe fortzufahren: »… obwohl ich es eigentlich nicht möchte.«
»Was … was soll das heißen?«
»Ich weiß es selbst nicht. Ich kann es nicht erklären. Aber die Vorstellung,
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