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Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition)

Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Caldwell
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zurück, den ich gekommen bin. Zu Maude McCloskey, da hinten im Dorf. Die möchte vielleicht, dass ich ihr Schieferdach wieder mit Reet decke. Damit es aussieht wie früher. Ursprünglich hatten sie Reet, aber ihr Mann, der schon lange weg ist, hielt Schiefer für besser. Sie ist am Überlegen, ob Reet nicht doch schöner wäre; da würde er Augen machen, falls er jemals nach Hause zurückkommt.« Er brachte nicht mal ein halbes Lachen zustande und schloss: »Gott sei mit uns allen.«
    »Gott und auch Maria«, murmelte Kieran, als sich der Mannumdrehte und langsam zur Straße zurückging, weg von der Burg. Kummer und Sorgen, die seine einst so stolz emporgereckten Schultern unbarmherzig niederdrückten, nahm er mit sich fort.
    Ein Geist kann doch kein Dach decken. Unzählige Male hatten Kitty und Kieran Brid an ihrem Webstuhl in der Turmstube gesehen, nur einmal war dabei ein Stück Tuch entstanden, doch bald war es wieder verschwunden. Sonst hatte der sich bewegende Webstuhl nie etwas produziert. Brid hatte ihre bloßen, schmuddligen Füße auf dem Tritt gehalten und anmutig das Schiffchen von einer schlanken Hand in die andere durch die unsichtbaren Kettfäden geworfen. Kitty stellte sich ein Reetdach vor, das gedeckt und wieder abgedeckt wurde, wobei das geisterhafte Schilf ebenso verschwand, wie auch Declan verschwinden würde.
    Der Gedanke gefiel Kitty. Maude McCloskey war die weithin bekannte Seherin, die Dorfhexe gewissermaßen. Doch dass dieser jüngst erschienene Schatten ausgerechnet sie aufsuchte, verstimmte Kitty ein wenig, wollte sie doch, entgegen dem, was sie eben noch gedacht, aber nicht geäußert hatte, auf keinen Fall dulden, dass das ihr zustehende Recht, Geister zu sehen, eingeschränkt wurde. Dass Maudes Dach mit Reet gedeckt werden und das Reet wieder verschwinden würde, gönnte sie der Seherin, hatte sie sich doch in Kittys Domäne gedrängt.
    Declan hatte auf der zur Burg führenden Straße fast die Wegbiegung erreicht, von der es zu Maudes Häuschen ging. Kitty verspürte einen leichten Zweifel, ob er wirklich ein Geist war. Wer, wenn nicht Maude, würde doch wissen, ob sie ein Gespenst beauftragte, ihr Dach zu decken. Sollte es womöglich noch eine andere Lösung all dieser rätselhaften Erscheinungen geben, eine Erklärung, die noch entdeckt werden wollte?
    Dann sah sie, wie Declan stehen blieb. Auf einem niedrigen Steinwall saßen Brid und Taddy, als wollten sie Declan beim Vorübergehen zusehen. Auch das Geisterschwein war bei ihnen, das gleichfalls interessiert zu sein schien. Declan musste sie bemerkthaben, denn er verbeugte sich leicht. Taddy und Brid grüßten nicht zurück, doch das machten sie nie. Kitty und Kieran waren ihnen oft begegnet, aber nie deuteten die beiden auch nur an, dass man sich kannte. Das gespenstische Schwein allerdings hob den Rüssel, offenbar zum Gruß. Declan machte eine tiefere Verbeugung und ging weiter. Er und die Geister hatten etwas Gemeinsames. Er war einer von ihnen.
    »Er ist wieder da! Er ist zurück!« Kittys Zorn entflammte erneut. »Noch ein Geist! Und zu allem Unglück der von Declan Tovey! Schnell. Gib mir die Brennnesseln. Ich esse sie hier. Ich esse sie auf der Stelle. Rasch. Her damit!«
    Kieran, der stets auf die mitunter impulsiven Wünsche seiner Frau einging, sagte nur: »Lass sie mich erst abspülen.«
    »Nein! Ich will sie essen, wie sie sind. Und wenn sie noch so irre brennen!«

Kapitel 3
     
     
    Declan Tovey stand nur wenige Schritte neben der schmalen Straße, die parallel zur Steilküste am Atlantik verlief. Eine sanfte Brise umwehte sein Gesicht und spielte mit der schwarzen Haarsträhne, die die Narbe über dem linken Auge verdeckte. Die schwarze Jacke und Hose, beide aus wollenem Material und gut geschneidert, aber reichlich abgetragen, waren noch feucht. Er hatte die Nacht in einem Graben verbracht und war nicht zur Pension der Witwe Quinn zurückgekehrt, wo er eigentlich Logis genommen hatte, denn er hatte noch vor Sonnenaufgang am Meer sein wollen.
    Seit drei Tagen unrasiert, wirkten Wangen und Kinn dunkler als sonst, auch wenn die Bartstoppeln nicht ganz so schwarz wie der Schopf oder die krause Wolle auf der Brust waren, die aus dem offenen Hemdkragen quoll. Er spürte ein Steinchen im rechten Schuh, doch wollte er sich darum erst später kümmern. Versonnen schaute er auf das Wasser und weiter bis zum Horizont, wo sich in der Morgendämmerung die trägen Wolken abhoben; ihr rötliches und düsteres Grau ließ die Linie

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