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Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition)

Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Caldwell
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werde vielleicht mal ein Jockey, meint mein Dad.«
    »Hättest du dazu Lust?«
    »Nur Lust haben genügt nicht. Ich werde mal Dachdecker. Zumindest wollte ich das werden, bis … bis ich … die Münze …«
    »Und jetzt bist du dir nicht mehr so sicher … nach der Sache mit der Münze? Von Declan?«
    »Ja«, sagte er leise. »Sie ist von Mr Tovey. Dem Dachdecker.«
    Zum Zeichen, dass sie keine weiteren Fragen stellen würde, nickte Kitty nur und ging weiter.
    »Mrs Sweeney?«
    »Ja?«
    »Sie … Sie möchten es doch wissen, nicht wahr? Was es war, dass …«
    »Ja. Aber es muss nicht …«
    »Doch, es muss. Es ist vielleicht etwas, was Sie erfahren sollten.«
    »Dafür ist es zu spät. Du hast es vergessen. Und das ist sicher gut so.«
    »Ich … ich könnte ja noch mal hinschauen.«
    Kitty drehte sich um. Peter stand mit gesenktem Kopf und herunterhängenden Armen da und schob mit der Schuhspitze ein Steinchen aus dem Weg. Sie schüttelte langsam den Kopf. »Ich glaube, es ist besser, wenn du nicht …«
    »Dann würden Sie es aber wissen. Und Sie möchten es wissen.«
    »Peter, tue nichts, was …«
    »Sie sind ja bei mir. Vorhin war ich allein. Aber jetzt sind Sie hier.«
    »Willst du wirklich …«
    Er hob den Kopf und streckte die Hand aus. Kitty ging zu ihm, sah ihm in die Augen, ein warmes Braun. Er streckte die Hand energischer aus. Behutsam legte sie ihm die Münze in die Hand. Er zog sie zurück, wartete einen Moment. Schluckte. Kitty rührte sich nicht. Er blickte auf die Münze.
    Noch ein Moment, und er begann zu sprechen, leise und monoton. »Sie wurden gehängt. Er hieß Taddy. Sie hieß Brid. Die Schönsten im Lande weit und breit. Sie hatten nichts Böses getan. Auch nichts im Schilde geführt. Aber sie wurden in der Burg dort gehängt, und niemand, der ihnen die schmutzigen Füße wusch. Und der Henker, und da war auch eine Frau, sie wurden bezahlt, eine Münze, pures Gold mit einem goldenen König, Belohnung für ihre Tat. Aber Schande kam über sie. Sie peitschten sich gegenseitig aus mit Ruten von einem dornigen Strauch, doch das war nicht genug. Und wieder peitschten sie sich, bis das Blut kam und durch die Kleidung sickerte. Sie versteckten die Münze zwischen zwei Steinen an der Feuerstelle und erklärten ihren Kindern, ein freundlicher Kaufmann hätte sie ihnen gegeben, weil sie sich selbst opfern wollten und sie aufGeheiß Seiner Lordschaft ausgepeitscht worden waren. Weil sie ihrem Priester beichteten und für den Rest ihres Lebens schreckliche Buße taten, erscheinen die jugendlichen Geister ihren Nachfahren nicht als Gehängte, sondern als wandernde Schatten, zu denen sie geworden waren, genauso, wie sie sich auch den Nachfahren der Sweeneys und McClouds zeigen, denn sie wussten ja nichts von Lord Shaftoes Anordnung und waren letztendlich unschuldig, auch wenn sie zu einem gewissen Grad zu ihrem Tod beigetragen hatten. Die Münze aber wurde von Generation zu Generation weitergereicht, niemals ausgegeben, auf dass man sehen konnte, wie tapfer die ausgepeitschten Vorfahren gewesen waren. Bekommen hatten sie sie aber für das Hängen.«
    Peter stand wie angewurzelt und starrte auf die Münze, unfähig, sich von der Vision loszureißen. Kitty wartete, scheute sich, ihn in seiner Trance zu stören. Schließlich sah er auf. »Mrs Sweeney? Sind Sie da?«
    »Ja. Ich bin hier«, antwortete sie ruhig.
    Er blinzelte und schaute in die geöffnete Hand. »Nein! Nein! Sie ist nicht meine!«
    Mit gleichbleibend ruhiger Stimme fragte Kitty: »Darf ich sie nehmen?«
    »Nein. Niemand darf sie nehmen. Niemand darf sie haben. Keinem darf sie gehören. Niemals. Oder ja, nehmen Sie sie. Schaffen Sie sie fort, damit ich sie nie wieder sehe … selbst wenn …«
    Kitty ging behutsam vor, berührte nur mit den Fingerspitzen die zarte Hand des Jungen, nahm die Münze an sich und hoffte, er würde ihre Fürsorge spüren. Langsam schloss sie die Finger zur Faust, die Münze in sicherem Gewahrsam.
    Peter wartete ein Weilchen, schaute dann in seine leere Hand, schloss wie Kitty die Finger zur Faust und öffnete sie wieder. Nachdem er sich vergewissert hatte, nichts mehr in der Hand zu halten, hob er den Kopf. »Ich habe es Ihnen erzählt, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Und Sie haben es nicht vergessen?«
    »Nein, ich habe es nicht vergessen.«
    »Möchten Sie es lieber vergessen?«
    »Nein, das möchte ich nicht.«
    »Ich habe es vergessen. Es ist schon weg.«
    »Gut so.«
    »Aber Sie erinnern sich noch?«
    »Ja, ich

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