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Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition)

Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Caldwell
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wo es die Gegenwart des Geisterschweins, seines geliebten Partners spürte, wohlgefühlt und dick und rund gefressen.
    Doch als noch am frühen Morgen das nächste und bald darauf zwei weitere Schweine erschienen waren, hatte sie erbost mit Lolly telefoniert. Die hatte über den Unsinn, den sie zu hören bekam, nur gelacht und gesagt, sie würde ihre Herde zählen und zurückrufen.
    Sie hatte ihre Herde durchgezählt. Sie hatte zurückgerufen. Alle ihre Schweine waren da, es fehlte keins. Kitty konnte das zunächst nicht glauben. Lolly – und eben nur Lolly – war als Einzige in ganz Irland starrköpfig genug, weiter Schweine zu züchten, jeder andere Schweinehirt hatte seine Tiere längst in die »Intensivhaltung« abgegeben. Lolly musste kommen und ihre Biester fortschaffen, und zwar sofort. Das waren keine harmlos grasenden Tiere, nicht lange, und sie würden den ganzen Hang umgewühlt, Heidekraut und Ginster ausgerissen und somit Kittys Kühe ihrer nächsten Mahlzeit beraubt haben. Falls Lolly nicht vor Sonnenuntergang hier war, wollte Kitty die Viecher selbst zusammentreiben, ins Schlachthaus schaffen und den Reingewinn einstreichen.
    Kitty hatte voreilig gehandelt. Als sie wieder zum Berg schaute, zählte sie sieben Schweine. Ihre Verunsicherung wuchs. Auf dem Weg von der Großen Halle zu ihrer Turmstube warf sie erst noch einen Blick durchs Fenster der Galerie und erblickte mitten in der Herde Taddy und Brid. Und wenn sie nicht alles täuschte, hatte sich ihr Schwein, das Geisterschwein, zu ihnen gesellt. Es schnüffelte wie die übrigen im Gras und hob den Rüssel in die frische Bergluft. Offenbar fühlte sich das Tier in vertrauter Gesellschaft. Zu Kittys Verwunderung biss keines der Schweine auch nur einen Halm ab. Sie benahmen sich nicht wie richtige Schweine.
    Als noch ein weiteres Tier inmitten der Herde erschien (ja, »erschien«), verschlug es Kitty den Atem. Der Neuankömmling war nicht etwa den Hang hochgetrabt. Er war einfach da. Kitty holte tief Luft. Nach ihrer Zählung hatten sich jetzt acht Schweine, ebenso gespensterhafte wie ihr eigenes, auf dem Berg versammelt. Das konnte nicht sein. Es durfte nicht sein.
    Ungeachtet der dicken Strohballen stapfte sie quer durch die Große Halle und hinaus auf den Burghof. Auf dem Hang waren Taddy und Brid dabei, die Schweine höher hinaufzuführen. Die folgten ihnen bereitwillig, da bedurfte es keines Streichs mit der Gerte, niemand musste ihnen aufmunternd auf die Hinterbacken klatschen, auch brauchte sie kein übereifriger Hund ins Bein zu zwicken, von selbst wanderten sie langsam der Bergkuppe zu.
    Es konnte gar nicht anders sein, das waren Geister, die gekommen waren, um Taddy und Brid Gesellschaft zu leisten. Kitty hatte nicht die mindeste Ahnung, was das Ganze bezweckte. In dem Maße, wie ihre Unruhe wuchs, war sie bereit, sich alles selbst zuzuschreiben. Duldete man erst ein Schwein auf dem Anwesen, rannten bald viele umher – und das geschah eben jetzt. Gebot man ihnen nicht Einhalt, würden sie den gesamten Osthang oder noch mehr für sich beanspruchen. Schweinerücken und Schweineschinken würden sich aneinanderdrängen und das Grün der Berghänge verdecken. Lolly sollte sich ja beeilen;Kitty war außer sich, und das könnte sich noch in Flüchen entladen, die zu einer Burgherrin nicht passten.
    Lolly verstand sich auf Schweine. Sie müsste wissen, wie man vorgehen sollte. Aber konnte sie wirklich etwas tun? Im Umgang mit Geistern war sie völlig unerfahren (von ihrem verunglückten Roman abgesehen), wäre demnach überhaupt keine Hilfe. Typisch Lolly. Hier stand Kitty, Lollys beste Freundin, und welchen Beistand konnte Lolly ihr im Augenblick der akuten Schweinekrise leisten? Keinen. Gar keinen. So war es immer gewesen, und das würde sich nicht ändern. Nie.
    Also wäre das Beste, sie würde ihre Forderung, die Schweine abzuholen, widerrufen. Käme Lolly tatsächlich, würde sie keine Schweine sehen und Kitty zu Recht für geistesgestört halten. Sie würde Kitty auslachen. So sehr Kitty Lollys Glück auch am Herzen lag, dieses besondere Vergnügen, dieser Spott, überschritt die vorgegebenen Grenzen.
    Doch schon auf dem Weg zum Telefon fiel ihr ein, dass Aaron anstelle seiner Frau auch nicht die Lösung wäre. Er war ein McCloud wie sie, würde also die Phantomschweine sehen können. Das würde ihn amüsieren, er würde zu seiner Frau zurückfahren und …
    Plötzlich hatte Kitty eine Eingebung, die ihre sonstigen Bedenken in alle vier Winde

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