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Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition)

Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Caldwell
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zu rechtfertigen? Ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass mir die beiden sehr fehlen würden.«
    »Was du da sagst, hat keinen Sinn.«
    »Das weiß ich selbst. Aber als Erstes stellt sich doch die Frage, was für einen Sinn es hat, dass sie überhaupt hier sind. Wir wollen immer hinter allem einen Sinn sehen, wollen es ›verstehen‹. Kann man uns daraus einen Vorwurf machen? Wir sind in ein Chaos hineingeboren. Ein einziges Durcheinander. Da wird man uns doch wohl nachsehen, wenn wir das eine oder andere falsch verstehen. Wenn jemand nach uns, und sei es mein eigen Fleisch und Blut, all das hier dem Erdboden gleichmacht und Taddy und Brid keine Bleibe mehr auf Erden haben und in die Glückseligkeit entschwinden, dann soll es mir recht sein. Aber genauso gut dürfen sie – unsere Kinder oder Kindeskinder – mir nicht vorwerfen, dass ich das, was sie zu tun für richtig gehalten haben, nicht selbst getan habe. Und dabei bleibt es.«
    Declan legte gleich ihr die Hände auf die Brüstung. »Ich gehe jetzt.«
    Kitty nickte, suchte mit den Augen den Berg ab, vielleicht nach den verschwundenen Geistern, und sagte: »Ich bleibe.«
    Mehr Worte wechselten sie nicht.
    Kurz vor dem oberen Treppenabsatz blieb Declan auf der letzten Stufe stehen. Brid saß am Webstuhl, Taddy hatte die Harfe an die Brust gezogen und zupfte die imaginären Saiten. Declan schlich über den Treppenabsatz, rasch und der Verzweiflung nahe.
     
    Kitty blickte hinunter und schaute dem Dachdecker nach. Einst war er ein Draufgänger gewesen, jetzt aber gab er eine traurige Gestalt ab, wie er so zu seinem altersschwachen Lieferwagen stapfte. Nie würde sie den Mann mit der Münze konfrontieren und ihm die Wahrheit, die sich ihr durch sie offenbart hatte, ins Gesicht schleudern. Einen Augenblick lang hatte sie daran gedacht, es zu tun, wie sie es sich nach Peters grässlicher Enthüllung geschworen hatte. Peters Verzweiflung hatte sie dermaßen erbost, dass im Nachhinein nur die Tragweite der grausamen Wahrheit gegen das Übel ankam, das die Münze dem Jungen zugefügt hatte.
    Declan hatte genug Leid zu tragen. Er hatte seine eigenen Sorgen, manche waren ganz offensichtlich, andere sollte er nie erfahren. Sie würde seine Beschützerin sein – in dem Maße, wie sie ihn schützen konnte. Weiteres Leid sollte ihm erspart bleiben, zumindest würde es ihm nicht von Kitty McCloud zugefügt werden. Selbst das Fingerknöchelchen, ein Erinnerungsstück an seinen Verlust, würde sie ihm nicht geben. Es würde im Meer landen, das ein Anrecht darauf hatte.
    Was die Münze anging, so wollte sie sie auf anonymem Wege Seiner Lordschaft zuspielen. Sie hegte nicht die geringsten Zweifel, dass er sie schon allein wegen ihres Wertes behalten würde. Wahrscheinlich würde er sie für ein Dankeszeichen eines heimlichen Bewunderers halten, der sich ihm wegen einer Geringfügigkeit erkenntlich zeigen wollte, derer er sich selbst nicht mehr erinnern konnte. Und sollte die Münze mit einem Fluch beladen sein …, nun gut, das wollte sie sich nicht weiter ausmalen.
    Declan hatte den Wagen erreicht und hievte sich hoch. Die Tür schlug zu, und das Gefährt ratterte aus dem Hof die Burgstraße hinab. Als sie einen letzten Blick auf den Berg warf, auf dem kein Taddy und keine Brid mehr waren, auch kein Michael an ihrer statt, kam es ihr so vor, als wandere da trotz seiner Leibhaftigkeit Declan als Schatten. Was er für Streben nach Sühne hielt, war Flucht vor sich selbst geworden. Was das bewirkthatte, würde sie nie erfahren – genauso wenig wie er. Das Schicksal hatte ihn ereilt, eine Erlösung gab es nicht. Was Kitty auf dem Herzen hatte, sagte sie laut. »Lieber Declan, komm zurück. Die Geister warten hier auf dich, glaub mir. Es kann durchaus sein, dass sie eines Tages die einzigen Gefährten sind, die du hast.«
    Der Wagen bog um die Ecke und verschwand.

Kapitel 15
     
     
    Kitty bereute bereits, dass sie Lolly angerufen und verlangt hatte, sie solle herkommen und ihre Schweine abholen. Sie müssten auf unerklärliche Weise ausgebrochen sein und tummelten sich jetzt auf dem Hang vom Crohan-Berg. Rein vom Verstand her konnten das unmöglich Lollys Schweine sein. Von ihrem Hof bis dorthin war es viel zu weit. Als das erste Schwein auftauchte, hatte Kitty noch angenommen, das vor kurzem dem Metzger überantwortete Tier wäre dessen Axthieb entkommen und hätte den Weg zurück gefunden, wo es Ruhe und Zufriedenheit empfand. Hatte es sich doch nur auf Kittys Hof,

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