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Das Schwein unter den Fischen

Das Schwein unter den Fischen

Titel: Das Schwein unter den Fischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmin Ramadan
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Casino. Aus Versehen. Kein Gangster war tot, nur sie war tot, nur meine mom.«
    »Oh, das tut mir leid.«
    »Ihr Name war Candy. Sie war sehr blond, sehr groß und kräftig, sie sah aus wie Audrey Hepburn in blond and big.«
    »Verstehe. Wusste sie, dass du Arzt werden wolltest?«
    »Nein, ich wollte das erst später, als sie tot war. Ich brauchte eine Beschäftigung, ohne viel an privates Zeug zu denken. Davor wollte ich eigentlich art studieren.«
    Er deutet auf seinen Pullover und streicht zärtlich über die Tiger.
    »Tut mir leid«, sage ich noch mal.
     
    Dr. Ray gibt dem Kreuz, das am Spiegel baumelt, einen Schubs, und ich lege meine Hand auf sein Bein. Er nimmt sie, sieht mich kurz eindringlich an, schiebt sie langsam weg, seufzt und bittet mich um eine Zigarette. Ich habe ihn noch nie rauchen sehen. Er inhaliert den Rauch tief, hustet aber nicht.
    »Warst du schon immer schwul? Ich meine, so ohne Ausnahmen?«
    »Ich habe meine Erfahrungen gemacht, es war interessant, mehr nicht«, sagt er, zieht noch einmal an der Zigarette und drückt sie dann im Aschenbecher aus.
    »Findest du mich attraktiv? Irgendwie?«
    »Ja, aber ich würde lieber mit deinem Vater knutschen.«
    »Soll das ein Witz sein?«
    »Nein.«
    Das sitzt, mein Kloß im Hals ist so groß, dass ich das Gefühl habe, nicht mal schlucken zu können. Dr. Ray reicht mir eine Literflasche Wasser und sagt:
    »Hier, austrinken, dann fühlst du dich besser. Ich bin ganz sicher nur eine Projektionsfläche, in ein paar Jahren lachst du dich tot darüber.«
     
    Ich steige aus dem Auto, knalle die Tür zu, laufe ein paar Schritte und atme tief durch. Er ist noch immer nicht losgefahren, also gehe ich zurück und klopfe ans Fenster. Er kurbelt es runter, ich gebe ihm einen sanften Kuss auf den Mund und sage:
    »Ich wollte nur mal wissen, wie du schmeckst. Schöner Pullover übrigens!«
    Nun doch stark hustend und leicht errötet versucht Joseph ein Lächeln.
    »Und?«
    »Nach Marlboro-Menthol, Kaugummi, Martini, Bergamotte und irgendwie auch nach Mann.«
    Er grinst, fängt an zu lachen und legt dabei den Kopf in den Nacken. Ich sehe auf seinen Adamsapfel unter der gebräunten Haut, er ist nicht zu groß und nicht zu klein. Als er sieht, dass ich ihn anstarre, hört er auf zu lachen.
    »Schluss jetzt, Stine, du brauchst einen Tapetenwechsel, musst mit Leuten in deinem Alter fun haben. Whatever, du bist so pretty und klug, du findest sofort einen smarten Typ, wenn du mal ausgehst.«
    »Die sind alle langweilig. Und hübsch bin ich schon gar nicht. Hast du dir mal meine Nase angeschaut?«
    Er gibt mir einen Kuss auf die Stirn und tippt mir auf die Nase.
    »Deine Nase ist interessant, aber wenn du damit psychisch langfristig nicht okay bist, kann ich es operieren. So, that’s enough! Geh raus in die Nacht, in Bars, Discos und so, ich bin zu alt und viel zu homosexual!«

UNTER LEUTEN
    Ich mag es, wenn die Wohnung leer ist. Ich ziehe mich aus und stelle mich nackt vor den Spiegel. Ich ziehe den metallicblauen Push-up-BH an, den Ramona mir gekauft hat. Die Größe stimmt sogar, damit scheint sie sich auszukennen. Es sieht gar nicht so schlecht aus, das Ding ist extrem gefüttert und formt selbst meine kleine Oberweite zu einem Dekolleté. Es liegt noch eine passende Unterhose in der kleinen Tüte. Ein Stringtanga, der ein bisschen zu locker sitzt. Aber so alles in allem gefalle ich mir ganz gut. Ich mache mir einen hohen Pferdeschwanz, ziehe meine weitesten Baggypants an, drehe »Fit But You Know It« von The Streets voll auf und tanze und pose vorm Spiegel herum. Ich mache die Musik schließlich so laut, dass Frau Boje von oben klopft. Das macht die sonst nur, wenn Ramona und Reiner sich streiten. Ich ziehe die BH-Träger noch ein bisschen straffer und hole mir ein Bier aus dem Kühlschrank.
    Kassian hatte meinen Brüsten gar keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Er streifte sie, als er schon längst in mir drin war, nur ein Mal ganz kurz mit der Zungenspitze. Eigentlich ist mir Sex ziemlich egal. Was daran romantisch sein soll, verstehe ich gar nicht. Mein erstes Mal fand ich auf eine andere Weise gut, die ich nicht benennen kann, und man erlebt Sex nur mit einigen auserwählten Menschen, exklusiv eben. Vielleicht ist das das Tolle daran, und Romantik ist noch exklusiver, die höchste Stufe. Eigentlich habe ich überhaupt keine Ahnung, aber ich wäre manchmal gern jemandem nahe, Haut an Haut. Als Kassian in mir drin war, war es, als wäre er ganz weit weg.

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