Das Schwein unter den Fischen
hat immer gesagt, bis zur Hochzeit sei alles wieder gut.«
»Ach, das wär so schön, vielleicht heiratet Tante Trixi mich ja doch noch, aber ein Zungenkuss wäre auch schon o.k.«, sagt Blanco, steht auf und versucht Tante Trixi einen Kuss zu geben, bis sie schreit, sie küsse keine Männer. Ich trinke alle Gläser aus, die auf dem Tisch herumstehen, und gehe auf die Toilette. Ich knie mich auf den Boden und klappe den Deckel hoch, aber mir ist nicht schlecht genug. Also klappe ich ihn wieder runter und setze mich drauf. Mit einem Fuß stemme ich die Tür von innen zu. Den rostigen Schlüssel in Reiners Abwesenheit umzudrehen, wäre wirklich Geldverschwendung. Ich bleibe ungefähr so lange so sitzen, wie es dauern würde, um zu pinkeln, pinkle dann doch noch und setze mich wieder auf den Deckel. Schließlich kommt Reiner und fragt, ob alles in Ordnung sei.
»Mir ist nur schlecht.«
»Soll ich dich nach Hause bringen?«
»Ja, wenn’s dir nichts ausmacht.«
»Quatsch, Zelestine. Ich trink nur noch ein Likörchen, und dann ist finito la musica!«
Schließlich fährt mich Dr. Ray nach Hause, weil Reiner schon im Sitzen wankt. Ich frage mich, wann Reiner wieder einfällt, dass er Ramona sagen muss, dass Tante Trixi mit nach Italien kommt.
Mein Vater hält Feierlichkeiten generell für den idealen Moment, um Unannehmlichkeiten zu verkünden. Er meint, eine ausgelassene Stimmung stimme milde.
Dr. Ray und ich laufen durch die kühle Nacht. Er fragt, warum ich nicht noch ein bisschen ausgehe, auf den Kiez oder wo auch immer meine Generation sich rumtreibe. Ich antworte, dass ich froh sei, nach Hause in die leere Wohnung zu können und außerdem keine Lust auf meine Generation habe. Er fängt an zu laut »Lose Yourself« von Eminem zu rappen, er kann es komplett auswendig. Erst als wir endlich sein Auto gefunden haben, ist er still. Wir steigen ein, er sucht die CD, Eminem rappt weiter, ich zünde mir eine Zigarette an.
»Oh, sorry, Joseph, stört es?«
»Rauch ruhig, enjoy!«
Ich rauche und enjoye.
»Glaubst du auch, dass Trixi uns alle verarscht hat?«
»Wie meinst du?«
»Na, es ist doch wohl offensichtlich, dass es ihr überhaupt nicht so schlecht geht, wie sie tut. Sie wollte nur noch länger im Mittelpunkt stehen!«
»Von das Aufmerksamkeit?«
»Von der Aufmerksamkeit!«
»Ja, aber das is not so bad, wenn Aufmerksamkeit ihr bessere Laune macht, oder?«
»Aber das darf doch nicht das Einzige sein, also es kann doch nicht nur so ablaufen, dass man nur dann glücklich ist, wenn man mehr beachtet wird als alle anderen.«
»You know, manchmal es reicht, dass eine einzige wichtige Person einen nicht mehr beachtet. Dann will man von allen anderen mehr Beachtung, die gar nichts damit zu tun haben. Anyway, deine Oma hat was an Trixi kaputtgemacht forever. War sie wenigstens nett zu dir?«
»Nein, sie war zu niemandem nett. Und sie hat beschissen gekocht. Man hatte immer das Gefühl, sie will alles noch mal umbringen beim Kochen: Fleisch, Fisch, Gemüse, alles. Sie hat Gemüse immer so lange gekocht, bis es braun oder gelb wurde oder beige.«
»Vielleicht hatte sie Angst vor Keimen und Bakterien. Viele alte Menschen haben das, wegen Krieg. She never told you about it?«
»Nein, aber sie hat sich auch ziemlich oft gewaschen. Jedes Mal, nachdem sie auf der Toilette war, ist sie kurz duschen gegangen.«
»Hast du manchmal mit ihr gesprochen, über Trixi oder so?«
»Nicht direkt, sie hat bloß andauernd über sie hergezogen. Es war ihr sowieso ziemlich egal, ob irgendjemand glücklich ist mit seinem Leben. Sie hatte da sehr eigene Vorstellungen. Sie hat mir mal geraten, später jemanden zu heiraten, den ich nicht liebe, weil’s mir dann besserginge. Dabei ging es ihr gar nicht gut mit ihrem Mann, den sie nicht geliebt hat. Sie hatihre Tochter aus dem Haus gejagt! Oma Senta hat immer betont, sie hätte es nur gut gemeint. Ich glaube, sie hat Tante Trixi trotzdem geliebt, sie zumindest vermisst, sonst hätte sie ja nicht ständig von ihr geredet.«
»Whatever, Liebe ist das Geliebte zu lassen, wie es ist. Wer sich nicht daran hält, vergiftet sein Herz und andere Herzen auch.«
»Was ist eigentlich mit deinen Eltern?«
»Meine Mutter hat in Las Vegas in einem Casino gearbeitet. Sie hat immer vor Publikum geputzt, weil es nie geschlossen war. Eigentlich war sie eine actress. Sie hatte Humor bis zum Schluss, bis sie hatte Feierabend für immer.«
»Wie ist sie gestorben?«
»Bei einer Schießerei in dem
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