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Das Schwein unter den Fischen

Das Schwein unter den Fischen

Titel: Das Schwein unter den Fischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmin Ramadan
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Leben lang. Ist immer noch besser, als ein Leben lang rumzuflennen.«
    »Du meinst also, Männer können besser mit ihren Gefühlen umgehen?«
    »Ja, auf den Punkt gebracht, schon, Stine! Das Leben ist ein Fass voll einfacher Lösungen, man muss es nur anstechen!«
    »Und was ist die Lösung?«
    »Moderne Frauen, so wie die eine da, na, wie heißt die doch gleich? Ach, nie komm ich auf den Namen.«
    Er steckt einen Löffel in den Metteimer und leckt einen dicken Klumpen ab.
    »Wo ist denn Ramona?«
    Ich bekomme keine Antwort.
    »Papa?«
    Er starrt plötzlich durch mich hindurch, so wie neulich, da knallte ich ihm versehentlich die Tür an den Kopf, als ich ins Bad wollte. Er stand neben dem Wäschekorb, wie erstarrt, Ramonas Bauchtanzrock in seinen Händen. Sie hatte sich eine Stunde vorher auf den Weg gemacht. Er drückte mir den muffigen Stoff ins Gesicht: »Hier, riech mal!« Ich schlug seine Hand weg.
    »Stinkt, Stint! Der wurde schon eine ganze Weile nicht mehr gewaschen.«
    »Sie ist eine Schlampe, Papa.«
    »Vielleicht merkt sie gleich, dass sie ihn vergessen hat, und kommt noch mal wieder.«
    »Nee, dann müsste sie schon längst wieder da sein, sie ist mit dem Auto los, da bräuchte sie zehn Minuten.«
    »Vielleicht haben die da Leihröcke, so wie Schlittschuhe auf der Eislaufbahn.«
    »Dir ist echt nicht zu helfen, Reiner, bescheiß dich doch alleine!«
    Ich knallte die Tür so stark zu, dass das Glas sprang. Ich öffnete sie noch mal einen Spalt breit und sah meinen Vater noch immer mit dem ekligen Rock in der Hand. Er schielte mit dem rechten Auge.
    »Tut mir leid, Papa, war nicht so gemeint, war der Wind. Kannst du mir ja vom Lohn abziehen. Bestimmt gibt es für alles eine logische Erklärung.«
    »Schon gut, Stint, ist doch bloß Glas.«
    Ich ging in mein Zimmer und wartete. Als Ramona zwei Stunden später nach Hause kam, hörte ich, wie Reiner sie fragte, wie es beim Bauchtanz gewesen sei, und ihr zur Begrüßung einen Kuss gab. Dann redeten sie über den Tagesumsatz und darüber, was es im Fernsehen gab.
    Reiner ist eine Memme. Lieber knetet er stundenlang Hackfleisch, legt sich in eiskaltes Badewasser oder hört
Rock Romance!
, statt sich einem Problem zu stellen.
    Später holte ich den Bauchtanzrock mithilfe einer Plastiktüte wieder aus dem Wäschekorb. Der Gummizug war vollkommen ausgeleiert. Ramona ist klein und schmal, ein bisschen was auf der Hüfte hat sie mittlerweile, aber der Rock würde nicht halten. Man müsste einen Knoten in das Gummi machen, damit er ihr nicht runterrutscht. Sie hat in den letzten Wochen sicher nicht darin getanzt. Ich schnitt ein großes Loch in die Mitte des Rocks.
     
    »Wo ist Ramona? Wird doch gleich die Hölle los sein über Mittag«, sage ich laut und trete Reiner ans Schienbein.
    »Ja, was denn? Die ist oben und wollte gleich mal los, sich vorm Bauchtanz noch ein Sommerkleid kaufen.«
    »Und das findest du in Ordnung, du sollst dich hier abrackern, und sie geht shoppen?«
    »Ach was, ist ja plötzlich so warm geworden, riechst du nicht den Sommer, Stint? Sie hat nichts mehr, das passt, sie hat ja so abgenommen im letzten Jahr, die kleine Süße!«, antwortet er und klatscht einen Spachtel voll Mett auf eine halbe Schrippe.
    »Ach ja? An Gehirnzellen vielleicht! Wie auch immer, ich geh duschen. Soll ich dir gleich helfen?«
    »Nö, Stint, mach dir mal einen schönen Tag, ich pieps dich an, wenn die Hütte brennt. Aber wäre toll, wenn wir heut Abend mal die Schichten durchquatschen könnten. Ich brauch dich diesen Monat noch ein bisschen mehr. Ramona muss sich entfalten, sie will sich vielleicht noch für Afro-Dance anmelden, oder für Flamenco.«
    Er drückt ein Gesicht in das Mett und legt es in die Verkaufsvitrine.
    »Läuft wie verrückt mit den Gesichtern drauf, nicht nur für die Kinder. Das Brötchen lächelt dich an, es will gegessen werden, so macht man Geschäfte! It’s time for music!«
    Hauptsache, die Geschäfte laufen. Ich verdrücke mich nach oben.
    Ich stopfe meine Sachen in die Waschmaschine und schließe das Bullauge, stelle mich unter die Dusche und lasse kaltes Wasser über meinen Körper laufen, bis es weh tut.
     
    Ich kann nicht den ganzen Sommer im Imbiss stehen, sonst werde ich verrückt. Schlimmer, als im Imbiss hinterm Tresen stehen, ist nur: im Sommer im Imbiss hinterm Tresen stehen. Der Schweiß auf meiner Haut mischt sich mit dem Frittierfett in der Luft zu einem einzigen Fettfilm. Ich dehydriere, trinke eine Unmenge Sprite, aber

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