Das Schwein war’s: Kriminalroman (German Edition)
heran. »Und das ist wirklich dein Neffe?« Sie hauchte die Worte förmlich.
»Gibt es einen Grund, dass er es nicht sein sollte?«
»O nein. Nein, nein. Nein, nein.« Sie schaute noch einmal zu Aaron. Der trat von einem Fuß auf den anderen. »Ist schon in Ordnung.«
Fast argwöhnisch machten die Frauen einen Bogen um das Schwein und strebten Lollys Transporter zu. »Willst du sie nicht wegen – du weißt schon –, wie hieß er doch gleich, befragen? Tovey? Declan Tovey?«, rief ihnen Aaron hinterher. Die Frauen blieben stehen. Keine von beiden regte sich. »Ich meine«, fuhr Aaron fort, »na ja, du weißt schon, was ich meine.«
Lolly wandte sich an Kitty. »Was meint er damit?«
»Er meint Declan«, erwiderte Kitty. »Hast du ihn in letzter Zeit gesehen? Declan?«
Ihre Stimme klang lässig, war geheuchelte Nonchalance, auch Lolly konnte nicht überhören, dass die Frage der reinste Spott war.
»Declan Tovey? Nein. Wieso sollte ausgerechnet ich den gesehen haben?« Sie ging weiter.
»Einen Grund gibt es eigentlich nicht. Außer dass ich – ich ihm just heute morgen begegnet bin.«
Lolly blieb erneut stehen. »Oh.« Sie zögerte, fragte dann aber doch: »Und wie geht es ihm dieser Tage?«
»Halt so, wie man es nicht anders erwarten kann.«
»Ach ja? Dann grüß ihn schön, wenn du ihn das nächste Mal siehst.«
»Warum grüßt du ihn nicht selbst?«
»Mach ich, wenn ich ihn sehe.«
»Du wirst ihn bestimmt sehen.«
»Vielleicht. Vielleicht auch nicht.«
»Du wirst ihn gleich sehen. Und dass es dir so leicht gemacht wird, hast du meinem lieben Neffen zu verdanken.«
»Ach ja?« Lolly hob den Kopf und blickte hochmütig in die Runde, wobei sie Verwunderung mimte. »Komisch. Ich sehe ihn nirgends.«
»Er ist dort drüben. Im Haus. Erwartet dich.«
»Ach ja?«
»Komm rein, du bist herzlich willkommen.«
»Ein anderes Mal.« Sie wandte sich wieder Aaron zu, wollte etwas sagen, streifte ihn mit ihrem Blick von oben bis unten und zurück von den Füßen bis zur Stirn, fand nicht die rechten Worte, drehte sich um und lenkte ihre Schritte erneut Richtung Transporter.
»Pass auf, dass du nicht in das Loch fällst«, rief Kitty. »Schließlich hast du es gegraben, um erst mal so viel zu sagen.«
»Ich?«
»Du. So wahr du Lolly McKeever heißt und die bist, die es ihm angetan hat.«
»Ihm und angetan? Was getan?«
»Getan, was ihm angetan wurde. Von dir.«
»Von mir?«
»Von dir, du Schlampe!«
Lolly reckte sich und geizte nicht mit ihren prallen Brüsten, die sie allen Schiffen auf hoher See zur Schau stellte. »Von mir? Und ›Schlampe‹ hast du gesagt?«
»Komm und überzeug dich selbst. Meine Geduld hat ein Ende.«
»Ich werde gebraucht.« Mit nicht mehr ganz so hocherhobenem Kopf drehte sich Lolly langsam zu ihrem Laster um, schien aber nicht sonderlich erpicht, auf das Fahrzeug zuzugehen.
»Er ist hier.«
»Und fix und alle?«
»Fix und alle.«
Aaron blickte zur Erde, fand es dann aber besser, über die Klippe ins Weite zu schauen. Das Schwein machte eine Kehrtwende, hielt es nicht länger für nötig, seine Vorderansicht zu verbergen. Es hob den Rüssel, zuckte mit den Ohren und wackelte ein weiteres Mal mit dem Schwanz. Dann stand es still und blinzelte ebenfalls in die Ferne.
Die Frauen marschierten zur Küchentür, wobei KittyAaron zurief: »Ich zeige ihr Declan Tovey, kann ja sein, du möchtest dabei sein.«
Lolly McKeever stand am Kopfende der Bettstatt und betrachtete das Skelett, das vor ihr ausgestreckt lag. Nach einem belustigten Auflachen verschränkte sie die Hände auf der Brust. »Um Gottes und auch der heiligen Maria willen!« Sie musste wieder lachen, legte eine Hand auf die mit dem Jackett bekleidete Schulter des Skeletts und ließ sie dort ruhen. Kitty hatte sich ans Fußende gestellt und stützte sich auf den hölzernen Bettrahmen. Aaron blieb unmittelbar neben der Tür stehen. Er sah mit Wohlgefallen, wie Lollys Haar bei gesenktem Kopf nach vorne fiel.
»So hat Declan Tovey also geendet«, sagte Lolly.
»Und du hattest nicht mal ein Laken als Leichentuch für ihn übrig«, sagte Kitty. Lolly sah Kitty an. Kitty sah Lolly an. Lolly schüttelte den Kopf, nahm dann die Hand von der Schulter des Toten und berührte seine Baseballkappe. »Du hast ihn auf dem Gewissen, nun wissen wir’s.«
»Ich?«, sagte Kitty. »Nie und nimmer.«
»Wenn nie und nimmer, dann ist nie und nimmer jetzt. Und alle wissen auch, warum.«
»Ach ja?«
»Declan Tovey war von den
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