Das Schwein war’s: Kriminalroman (German Edition)
anständigen und beherzten Männern aus unserer Gegend der Letzte, und wir alle haben ihn erlebt. Vergiss, dass er nicht größer war als wie er jetzt vor uns liegt; vergiss, dass sein rabenschwarzes Haar die reinste Pracht war, dass seine Augen denen eines heiligen Kriegers glichen, Himmelsglanz strahlte aus ihnen. Vergiss, dass seine Hände dein Gesicht umschließen konnten, als hielten sie einen Kelch, den er an die Lippen setzte zum Erlösungstrunk. Vergiss, dass er dich wie eine Opfergabe hinlegen konnte, die sich unter ihm wand, das heilige Martyrium zu empfangen.«
Wieder fühlte sich Aaron getrieben, dazwischenzugehenund der Frau Einhalt zu gebieten, aber sie war so in ihr Zwiegespräch mit sich selbst versunken, dass er sie besser gewähren ließ. »Vergessen wir das alles und rufen uns lieber anderes ins Gedächtnis«, fuhr Lolly fort. »Denk an den Tag, da er die vier Söhne von Maggie Kerwin rettete und die beiden Söhne von Sally Fitzgibbon, die in dem Sturm, der von Nord blies, mit ihrem Boot untergingen. Völlig allein fuhr der Mann in seinem Skiff hinaus, brüllte gegen das Tosen an. War in den Wogen verschwunden, tauchte auf und verschwand erneut, von den Wellenbergen unter sich begraben. Denk an das schäumende Meer, wie es angesichts seines Heldenmuts fauchte, wütete, weil er es wagte, ihnen allen zu trotzen – den Wellen, den Felsen und all den gefräßigen Fischen dort unten. Das war der Tag, an dem er in die Tiefe tauchte und die vier Söhne von Maggie Kervin und die beiden Söhne von Sally Fitzgibbon nach oben brachte, er, der Einzige, der noch die Stimme zu erheben vermochte im Toben der Elemente. Und denk daran, wie er Hanrahans Ziege aus der brennenden Scheune rettete und Kates Katze hoch oben aus den Ästen der Eiche holte, sich dabei die Hose zerriss, dass alle Welt seine Nacktheit sah.
Vergiss, dass seine Worte säuselten wie der Nachtwind, dass er die Gabe hatte, sich in Trance zu versetzen wie keiner vor ihm und niemand nach ihm, wie er mit geschlossenen Augen und offenem Mund die ganze Welt in sich hineinsog und wie er bald darauf den Mund schloss und die Augen öffnete, ins Leere starrte und die Welt für immer hinter sich ließ. Denken wir an das, was denkwürdig ist, und vergessen wir, was man vergessen sollte.«
Kittys lebhaftes Gesicht war wie zu Stein erstarrt. Sie nahm die linke Hand vom Bettrahmen und legte sie auf den Holzknauf, der den Abschluss der letzten Spindel des Bettgestells bildete. Sie richtete sich auf, reckte sich um einen Zoll und erklärte: »Die vier Söhne sind ertrunken, und mit ihnen auch die beiden anderen Söhne. Hanrahans Ziege retteteHanrahan selbst, und Kates Katze ist nie über die Baumwurzeln hinausgelangt.«
»Das waren ganz andere Zeiten«, sagte Lolly. »Ich habe nur von den Tagen gesprochen, als Declan da war.« Sie machte eine Pause und präzisierte: »Von den Tagen, als ich mit ihm zusammen war. Und sonst niemand weiter.«
»Und du hast ihn umgebracht, weil er es nicht ertrug, dass deine Hand ihn berührte, und es ihn dahin zog, wo es ihm besser gefiel, ob in Trance oder nicht in Trance.«
»Ich?«
»Mit einem Schlag auf den Kopf. Ein einziger brutaler Hieb.« Kitty riss die Mütze zur Seite und zerrte den Schädel zur linken Schulter. »Sieh selbst, was du angerichtet hast, ein Spalt, wie er jeden umbringen würde, selbst einen Mann wie ihn.«
Aaron reckte den Kopf, um besser zu sehen, konnte aber nicht ausmachen, ob es eine Schädelfraktur war oder nicht. Lolly strich über den Schädel. »Du hast es getan. Du warst es, und du hast ihn bei mir im Garten untergepflügt, mit gespaltenem Schädel und allem.«
»Ich? Untergepflügt?«
»Du. So wahr du McKeever heißt, wie zuvor auch dein Vater hieß.«
»Mit dem Pflug – da haben wir’s. Es war Kieran Sweeney, der hat’s getan. Kieran Sweeney hat deinen Garten umgepflügt. Mit meinem Traktor. Meinem Pflug. Aber drauf gesessen hat Sweeney, nicht ich, er hat Declan Tovey dorthin befördert, wo dann die Kohlköpfe wuchsen.«
»Nie und nimmer«, sagte Kitty. »Bei mir hat der Mann gepflügt, der hier vor uns liegt. Immer. In aller Heimlichkeit hat er’s gemacht, um mich zu erfreuen und zu überraschen. Immer wenn ich weg war, und er wusste, wann. Und wenn ich nach Hause kam, war alles gepflügt.«
»Das war Sweeney, niemand anders.«
»Nie und nimmer, hab ich gesagt.«
»Er war’s immer. Frag ihn doch selbst.«
»Mit einem Sweeney rede ich nicht. Aber dass man ihm Dinge in die
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