Das Schwert der Keltin
Verstärkungstruppen, die er wahrscheinlich noch von den anderen Stämmen erwarten durfte.
Scapula fügte, basierend auf der Lage und der Stärke von Caratacus’ Truppe, zum Schluss noch seine eigene Einschätzung der vermeintlichen Taktik des Feindes hinzu. Abschließend erteilte er, wie von Theophilus vorausgesehen, den Befehl zum sofortigen Ausrücken.
XV
Die Ernte in den westlichen Bergen und auf Mona war diesmal eiliger eingebracht worden als in irgendeinem anderen der acht Jahre zuvor. Am Ende waren die Kornkammern der Stämme nicht ganz gefüllt - zu wenige der Stammesmitglieder hatten beim Aussäen geholfen, und noch weniger von ihnen waren in den zwischen der Aussaat und der Ernte liegenden Monaten zum Unkrautjäten abgestellt worden. Doch es war genügend vorhanden, um sicherzustellen, dass von ihrem Volk keiner verhungern würde, wie auch immer der Krieg ausgehen mochte. In den auf die Ernte folgenden Tagen machten sich die Kinder daran, Haselnüsse, Pilze und jene kleinen, bitteren Äpfel einzusammeln, die erst im Frühling ihre Süße erlangen würden. Die Älteren zerrieben Färberwaid zu einem Pulver, vermischten dieses anschließend mit dem Saft der ausgepressten Brombeeren und stellten daraus eine Farbpaste her. Außerdem brauten sie Ale, das sie den Winter über warm halten sollte. Die Krieger schliefen noch oder aßen oder schliffen vor den bewundernden Augen ihrer Kinder ihre Waffen. Die Träumer dagegen suchten die Welt ihrer Götter auf. Späher verkündeten die Ankunft Scapulas in der Festung der Zwanzigsten Legion und einige Tage später wieder seine Abreise, mit anderthalb seiner Legionen und zwei kompletten Flügeln der Kavallerie in seinem Gefolge. Scapulas Vorrücken nach Norden wurde genau überwacht, und immer wieder fielen von den an den Rändern marschierenden Soldaten und der Nachhut einige Männer den Angriffen der Krieger zum Opfer. Doch keine der beiden Seiten hatte einen signifikanten Verlust zu beklagen. Zu diesem Zeitpunkt konnte man das auch noch nicht erwarten.
In der vierten Nacht des neuen Mondes, unter einem schwarzen, frostig kalten Himmel, stießen die genesenen und ausgeruhten Krieger von Mona mit den versammelten Speerkämpfern der Ordovizer, der Silurer, der Cornovii und der Durotriger zusammen. Zu jenen, die bereits in den letzten acht Jahren für ihre Freiheit gekämpft hatten, gesellten sich nun zu Tausenden junge Männer und Frauen hinzu, die gerade das Erwachsenenalter erreicht hatten und die selbst den Krieg noch der Sklaverei vorzogen. Alles in allem waren sie rund zehntausend Kämpfer, eine Anzahl, die sich durchaus mit den beiden Legionen messen konnte.
Gegen die Stämme marschierten nun gerade jene Männer an, die in den Augen der Träumer und der Götter verantwortlich dafür waren, dass die Bewohner zweier kompletter Eceni-Dörfer den Tod durch den Strang gefunden hatten; selbst die Jüngste, ein dreijähriges Mädchen, war dabei nicht verschont worden. Zudem trugen diese Männer auch die Schuld an der grausamen, weiter andauernden Unterdrückung der Trinovanter. Der bevorstehende Kampf war also sowohl eine Vergeltungsschlacht als auch ein Kampf um die Freiheit.
Gemäß Caradocs Prophezeiung bildete der Fluss der Lahmen Hirschkuh die Grenze zwischen den beiden Armeen. Auf jeder der beiden Seiten brannten am äußersten Rande des Flussufers Feuer. Diesmal bestand für die Stämme kein Anlass, ihre Anwesenheit oder ihren genauen Aufenthaltsort zu verheimlichen. Wie schon einmal, hatte Caradoc auch diesmal befohlen, mehr Feuer anzuzünden, als es Krieger gab; die Legionssoldaten sollten beim Anblick der Lagerfeuer davon ausgehen, dass sie einer überwältigenden Mehrheit gegenüberstanden. Dadurch sollte ihr Mut geschwächt werden. Tief unten im Flussbett spiegelte das Wasser die kleinen Lichtpunkte der Sterne und die orangefarbenen Blüten der Feuer wider. Von den beiden Lagern führte ein langer, schmaler Engpass in nordwestliche Richtung - der einzige Ausweg aus dem Tal. Der Durchgang durch diesen Engpass jedoch war von einem festen Schutzwall aus Eichenstämmen und Findlingen versperrt, der anderthalb mal so hoch war wie ein Mann. Dies war der Wall an der Lachsfalle, die etwas größere Kopie von Caradocs erster Barrikade, denn er hatte seine Lektion aus der ersten Schlacht gelernt. Diesmal würden keine Pferde über den Schutzwall hinwegsetzen können, diesmal würden ihre Reiter unter den hinter dem Wall eingekesselten Kriegern kein solches
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