Das Schwert der Keltin
nördlichen Ufer huschten, klein wie Feldmäuse, Männer und Frauen hin und her, kämpften um ihr Land und um ihr Leben, um Ehre und Ruhm, für die Zukunft ihrer bereits geborenen und der noch ungeborenen Kinder. Zwischen ihnen - unzähligen kleinen Käfern ähnelnd - kämpften die Soldaten der Legionen.
Es war schon lange abzusehen gewesen, dass es zu diesem Kampf kommen würde. Für eine Weile hatte es für beide Seiten so ausgesehen, als ob allein diese ungeheure Masse an Wasser sie schon besiegen würde und als ob Caradocs Lachsfalle sich niemals wirklich würde bewähren müssen. Dubornos jedoch, der dies alles beobachtete, fürchtete eher, dass Venutios vielleicht zu schnell sein würde und dessen Krieger, besonders die kleinen, undisziplinierten Kampfverbände der Selgovaer, unter Umständen nicht in der Lage wären, sich zu beherrschen, und folglich zu früh den Berg hinuntereilen, auf den Feind losstürmen und so den Plan vereiteln würden.
Erst als die Thrakische Reservetruppe als Nachhut des feindlichen Feldes heranritt, bekam Dubornos eine erste Ahnung davon, wie es vielleicht doch funktionieren könnte. Aus der Sicherheit seines so hoch gelegenen Platzes, dass er schon beinahe den Himmel zu berühren glaubte, sah Dubornos als Erstes das gescheckte Pferd, dann dessen Reiter, und dann - dies war unmöglich und vollkommen unfassbar - sah er hoch oben über dem Kopf des Reiters dessen persönliche Standarte flattern.
»Möge Briga ihn auf der Stelle niederstrecken! Er hat das Zeichen des roten Stieres gestohlen.«
Nun hatten auch andere Kämpfer auf dem Feld das Zeichen erblickt. Unter den Träumern, Sängern und Kriegern erschallte eine ganze Kette von Flüchen von Norden nach Süden und wieder zurück. Sollte Briga ihnen an diesem Tag ihr Ohr geschenkt haben, so müsste sie gehört haben, wie ihr Name in diesen Augenblicken häufiger angerufen wurde als zu jedem anderen Zeitpunkt während der gesamten Schlacht. Wenn sie dann auch noch hinuntergeschaut hätte, würde sie jedoch einen Mann entdeckt haben, der seine Flüche im Namen eines ganz anderen Gottes aussprach; einen Mann, der als sein Zeichen das Symbol des Stieres gewählt hatte, jenes Bild, wie es zum ersten Mal von den Ahnen der Stämme verwendet worden war, in jenen Tagen, als die Götter noch jung waren.
Allein diese Götter wussten, was das Symbol für sie bedeutete, aber in den Stämmen waren die Zeichen der Ahnen allen heilig, so dass kein Stamm sie allein für sich selbst beanspruchen durfte und sie stattdessen als Zeichen der Ehrerbietung für all ihre Götter betrachtete. Besonders der Stier war in seiner Schlichtheit wunderschön, massig und kühn, voller Stolz und unerschütterlicher Lebenskraft. Dass nun aber der Feind ganz unverfroren dieses Zeichen für sich in Anspruch nahm, war das schlimmstmögliche Sakrileg überhaupt, und die Tatsache, dass nun gerade Valerius dieses Zeichen in den gestohlenen Farben gehisst hatte, machte alles nur noch schlimmer; der Hintergrund der Flagge war das Eisengrau von Mona, und vor diesem prangte in einem dunklen, tiefen Rot ganz klar die abgerundete, fließende Form des Stieres der Ahnen - als habe man sie erst kürzlich und mit frischem Blut auf den Stoff gemalt. Auch Breacas Schlangenspeer war in genau der gleichen Farbe gezeichnet worden, dem Blutrot des ewigen Lebens, und zwar schon lange, ehe Claudius zum ersten Mal seine Legionstruppen nach Britannien geschickt hatte. Diese beiden Dinge zusammen, Farbe und Zeichen, waren nun die unmissverständliche Ansage eines Mannes, der Teil der Invasionsschlachten gewesen war und die seitdem vergangene Zeit darauf verwendet hatte, die Stärken seines Feindes so genau zu erforschen, bis er sie für seinen eigenen Zweck missbrauchen konnte. In einer Sprache, die jeder verstehen konnte, sagte dieses Banner: Was euch einst heilig gewesen war, ist nun meines. Ich habe es meinem Willen unterworfen. Lehnt euch ruhig gegen mich auf - wenn ihr es wagt.
»Das wagen wir! Oh, ihr Götter, das wagen wir!« Ausgeschlossen aus dem Kampf und vor lauter Frustration den Tränen nahe, schlug Dubornos mit der Faust auf den Felsen über seinem Kopf. »Efnís, wo immer du auch sein magst, komm zum Flussufer hinunter und führe die Steinschleuderer gegen diesen einen an. Wenn wir auch vielleicht keinen von den anderen niederstrecken mögen, so würde doch allein sein Tod den Kampf schon lohnenswert machen.«
»Es tut mir Leid.«
»Was?«
Das Herz und die Gedanken des
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