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Das Schwert der Keltin

Das Schwert der Keltin

Titel: Das Schwert der Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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Hügelkuppe und in Sichtweise des feindlichen Lagers lag und noch immer keinen Weg gefunden hatte, um das zu tun, was getan werden musste. Erst in diesem Moment offenbarte Tethis ihr Geschick.
    Sie war im Land der Kaledonier geboren und aufgewachsen, hoch oben im Norden, und hatte bis zu jenem Tag noch nie einen Fuß auf ein Schlachtfeld gesetzt. Keiner, weder die Briganter noch die Römer, hatte sie also schon jemals gesehen. Überdies war sie von dem kleinen Wuchs und hatte den dunklen Teint der Vorfahren, so dass sie, mit ein wenig Vorbereitung, als eines der brigantischen Mädchen durchgehen konnte, die noch nicht das Erwachsenenalter erreicht hatten. Gekleidet in lediglich eine mit einem Lederriemen zusammengebundene Tunika, mit ihren schlammverschmierten Beinen und dem offenen Haar, wurde sie rasch zu lediglich einer weiteren der vielen Gören, die man ungestraft einfach schelten und zurück aufs Feld schicken konnte, oder die man, sofern sie sich in der Nähe des römischen Lagers aufhielt, als Botin einspannen konnte, die man mit ein paar angelaufenen Kupfermünzen bezahlte und später vielleicht in ein Zelt lockte, um dort Arbeiten zu verrichten, die noch nicht einmal mehr bezahlt wurden.
    Vor ihnen vollzog sich also gerade die Verwandlung von der Kriegerin zur Rotzgöre, und selbst Braint - die bereits etwas Ähnliches vorgehabt hatte, wenn auch mit wesentlich weniger Aussicht auf Erfolg - musste einsehen, dass in Tethis ihre größte, wenn nicht gar ihre einzige Hoffnung darauf lag, an Caradoc heranzukommen. Die Streitereien waren also beigelegt worden, und kurz vor Einbruch der Morgendämmerung hatte das Mädchen sie verlassen und war den gräulichen Hügel hinabgerannt, um anschließend in jenem Flussnebel zu verschwinden, der das geräuschvolle Chaos des Lagers verbarg.
    Den ganzen langen Tag über warteten sie, zwölf kampferprobte Kriegerinnen und Krieger, während ein junges Mädchen, das sich noch nicht einmal seinen ersten Speer verdient hatte, sich allein unter eintausend Legionssoldaten und noch dreimal so vielen feindlichen Kriegern bewegte. Erschöpft, frustriert und von ihrer eigenen Ungeduld beinahe bei lebendigem Leibe aufgefressen, lag Breaca auf ihrem Umhang auf einem Vorsprung aus bröckeligem Schiefer, verborgen unter dem Schleier von absterbendem Farnkraut, das von dem über ihr aufragenden Hügel herabhing. Trotz mehrerer Lagen Wolle gruben sich scharfe Felskanten in ihr Fleisch, und schon bald krabbelten aus dem Farn auch die Insekten des Herbstes heraus, um die unverhüllten Fleckchen von Breacas Haut zu erkunden. Vor Breacas Gesicht erstreckte sich eine Ameisenstraße von der Breite einer Hand. Nach einer Weile, ganz einfach nur, um den stetigen Angriffen auf ihren Körper ein Ende zu setzen, begann Breaca, um Regen zu beten.
    Der Rest der Gruppe hatte es auch nicht bequemer. Schräg unter ihr, zu ihrer Rechten, lagen Braint und Ardacos dicht beieinander, jeder auf einem ganz ähnlichen Felsvorsprung ausgestreckt wie Breaca. Auch die anderen lagen in Rufweite, hatten sich Hasenkuhlen in den feuchten Farn gegraben oder sich auf den steinigen Felsvorsprüngen, die es in dieser Landschaft überall gab, bäuchlings hingelegt wie Breaca. Man konnte sich aussuchen, ob man lieber weich, aber nass liegen wollte, oder ob man lieber trocken blieb, dafür aber kalten, harten Untergrund in Kauf nehmen musste. In beiden Fällen jedoch zog sich der Tag derart in die Länge, dass sie dadurch an die Grenzen ihres Durchhaltevermögens stießen.
    Aber es gab auch einige Möglichkeiten, um sich die Zeit zu vertreiben. Breaca zählte die Krähen, die wie zerrissene Lumpen im Wind flatterten und sich taumelnd zu dem Aas der unter ihnen erhängten Krieger niedersinken ließen. Am Nachmittag, als der Wind von Osten her aufzog und den Gestank der an der Hügelkette aufgereihten Leichen herüberwehte, so dass er die verborgenen Beobachter würgen ließ, verlegte sich Breaca darauf, die Toten zu zählen und sie voneinander zu unterscheiden, unter ihnen die Männer und die Frauen auszumachen, die Erwachsenen von den Kindern zu trennen und die Hellhaarigen von den Dunklen. Sie befanden sich ein ganzes Stück von ihr entfernt und hatten schon einige Tage dort so im Wind gehangen. Breaca musste sie immer wieder zählen und kam doch keine zweimal auf die gleiche Anzahl. Diese Anstrengung jedoch hielt sie wach, und sie blieb aufmerksam, während sie jeden Augenblick die herausfordernden Rufe und das Waffengeklirr

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