Das Schwert der Keltin
Bruder Amminios’ Angriff überlebt hatte und zurückgekehrt war, um sein eigenes Volk abzuschlachten? Würde es Cunomar das Leben erleichtern, wenn er wüsste, dass es sein eigener Onkel war, der ihn versklavt hat? Seit der Junge alt genug war, um beim Feuer den Geschichten unseres Stammes zu lauschen, hat er das Andenken an Bán Hasenjäger, Hails Retter, doch geradezu verehrt. Es hätte ihm nicht gut getan, zu erfahren, dass die großen Taten der Vergangenheit von den Verleumdungen der Gegenwart ausgelöscht wurden.«
Dubornos hatte versucht, Bán mit seinen Worten zu verletzen - erkannte nun aber, wie sinnlos dieser Versuch gewesen war. Valerius lehnte noch immer lächelnd im Türrahmen, von Dubornos’ Worten völlig unberührt, unberührbar überhaupt.
Caradoc ging nun etwas direkter vor. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten sie aus Höflichkeit gegenüber Xenophon noch Latein gesprochen. Nun aber wechselte er ins Eceni, und die Tatsache, dass er der Älteste unter ihnen dreien war, verlieh seinen Worten noch zusätzliches Gewicht: »Bán, Sohn von Macha, Bruder von Breaca. Um des Jungen willen, der du einmal warst, um deinet- und um deiner Schwester willen hätte ich gern mein Leben für dich gegeben. Für das Böse aber, zu dem du geworden bist, würde ich dich auf der Stelle töten, wenn meine Kinder nicht die Geiseln deines Kaisers wären.«
»Zweifellos würdest du das tun.« Der Mann, der einmal Bán gewesen war, sprach ganz bewusst weiterhin Latein. »Und genau das ist auch der Grund, warum deine Kinder bei der Hügelkette jenseits des Flusses - dem Ort des jüngsten des ehrenvollen militärischen Sieges unseres Statthalters - eben nicht gestorben sind. Schließlich gibt es noch mehr Wege, einen Mann zu besiegen, als ihn einfach nur in einer Schlacht zu töten.«
Dies jedoch war eine Demütigung, die Caradoc sich im Geiste selbst schon so oft vorgeworfen hatte, dass ihre Klinge mittlerweile stumpf geworden war. Tonlos entgegnete er: »Aber Scapula ist tot.«
»Auch das weiß ich. Ich selbst habe Narcissus die Nachricht von Scapulas Tod überbracht. Und ich werde ihm bestimmt bald nachfolgen. Nun, da die Träumer ihr Zeichen haben, werden sie sicherlich nicht mehr lange brauchen, bis sie auch noch uns andere aufgespürt haben.« Valerius lächelte wölfisch. »Trotzdem - es ist ein beruhigendes Gefühl, sich vorzustellen, dass du die Reise noch vor mir antreten wirst. Ich wäre nur höchst ungern mit dem Bewusstsein gestorben, dass Amminios’ Lieblingsbruder noch am Leben wäre.«
Dubornos lachte bitter. »Bist du völlig verrückt? Niemand kann ernsthaft der Ansicht sein, dass Caradoc Amminios’ Liebling gewesen wäre. Die beiden haben sich gehasst, und jeder weiß das. Schließlich war Amminios es, der uns alle an Rom verraten hatte. Und Caradoc und deine Schwester hatten beide geschworen, ihn zu töten, sobald sie ihn auch nur zu Gesicht bekommen würden. Wenn Amminios also jemals den Mut gehabt hätte, in die Festung seines Vaters zurückzukehren, wäre er noch am gleichen Tage gestorben.«
»Aber Bán glaubt etwas anderes, nicht wahr?« Caradoc hatte sich mittlerweile wieder unter Kontrolle. Er ließ sich wieder auf die Pritsche sinken. Forschend wanderte sein Blick über das Gesicht des anderen Mannes, nahm begierig alle Details in sich auf - diejenigen, die sich an ihm verändert hatten, und diejenigen, die noch immer an Bán erinnerten. »Das letzte Mal hatten wir uns gesehen«, fuhr er nun vorsichtiger fort, »als du meinen Bruder bei einer Partie des Kriegertanzes besiegt hattest; ihr hattet damals so lang und so hart gekämpft wie in einer echten Schlacht. Danach hatte ich dir versprochen, während deiner langen Nächte der Einsamkeit über dich zu wachen und für dich vor dem Ältestenrat zu sprechen. Von deinem angeblichen Tod und den näheren Umständen habe ich erst erfahren, als ich in der Erfüllung meines Schwures wieder in das Land der Eceni zurückgekehrt war - wir hatten wirklich geglaubt, du wärst tot, das schwöre ich bei allen Göttern, die uns noch gemeinsam sind. Und nichts an alledem gibt dir das Recht zu glauben, dass ich für Amminios auch nur die geringste Zuneigung gehegt hätte. Du wusstest genau, wie abgrundtief wir uns hassten.«
»Und dennoch hast du meine Schwester betrogen, meinen Vater - uns alle -, und bist einfach abgehauen und nach Gallien gesegelt.« Jetzt dachte er wieder wie das Kind Bán, das war für alle klar zu erkennen. Beinahe war Valerius also
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