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Das Schwert der Keltin

Das Schwert der Keltin

Titel: Das Schwert der Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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heißt Krähe, was so viel wie Tod bedeutet, und ich habe das für einen Scherz in Weinlaune gehalten. Aber da habe ich mich ganz offensichtlich getäuscht. Bist du verletzt?«
    »Nein. Ich falle morgens immer als Allererstes meinem Pferd zu Füßen. Das hat mir mein Arzt geraten. Danke.«
    Valerius ergriff die dargebotene Hand und rappelte sich vom Boden auf. In seiner Schulter kochte es förmlich, so als ob sie mit flüssigem Blei gefüllt wäre. Vor vielen Jahren hatte er an genau dieser Stelle eine tiefe Schwertverletzung erlitten, und das Fleisch reagierte sehr viel empfindlicher auf Prellungen und Quetschungen als anderswo. Er bewegte seinen Arm vorsichtig hin und her und ließ ein paarmal probeweise seine Schulter kreisen, um zu fühlen, ob die Knochen gebrochen waren. Als er jedoch kein Knirschen hörte und auch nichts Verdächtiges spüren konnte, beschloss er, seine schmerzende Schulter erst einmal zu ignorieren und sich stattdessen mit den im Moment dringlicheren Angelegenheiten zu befassen, nämlich mit dem Ausländer - er musste ganz einfach ein Ausländer sein, kein Angehöriger der Garnison hätte eine solch unbekümmerte Vertraulichkeit an den Tag gelegt - und dem Schecken.
    In Valerius’ Prioritätenwelt hatten Pferde grundsätzlich Vorrang vor den Menschen. Wortlos hob er den Riegel an der Boxentür und schob sich in das Innere. Krähe, dessen Name in der Tat so viel wie Tod bedeutete, fuhr herum, um nach ihm auszukeilen, als er die Box betrat, was ein gutes Zeichen dafür war, dass der Hengst keinen solchen Schock erlitten hatte, wie es zunächst den Anschein gehabt hatte. Rasch schlüpfte Valerius an dem Tier vorbei, packte ein Büschel der Mähne oben an Krähes Hals, schob dann seinen gekrümmten Arm unter die Kehle des Schecken und umfasste seinen Nasenrücken, so dass sein Arm und seine Hand eine Art behelfsmäßiges Halfter bildeten. Es war ein geheimes Zeichen zwischen ihnen, dass der Mensch den Kampf gewonnen hatte und das Tier sein Geschenk in Form von Getreide ruhig annehmen konnte, ohne sich in seinem Stolz verletzt fühlen zu müssen. Krähe tat dies auch prompt, und Valerius führte ihn zur Tür und schob sich dann rasch hinaus, bevor der Schecke erneut auskeilen konnte.
    »Danke. Ich glaube, er...« Er brach ab, als er merkte, dass er in die leere Luft sprach. Der Fremde hatte ihn einfach stehen gelassen und war ein Stück weiter die Reihe entlanggegangen; er beugte sich gerade über eine Boxentür und sprach mit einer kastanienbraunen Stute. Er war ungefähr im gleichen Alter wie Valerius, also alt genug, um ursprünglich, in seinem eigenen Volk, ein Krieger gewesen zu sein und dann später eine Ausbildung bei der römischen Kavallerie absolviert zu haben und vom einfachen Soldaten zu einem höheren Rang aufgestiegen zu sein, aber wiederum nicht so alt, als dass er schon in vielen Schlachten gekämpft haben konnte. Er war einen halben Kopf kleiner als Valerius, aber immer noch größer als die meisten Römer. Das Licht der Stalllampen verlieh seinem Haar die rostbraune Farbe eines Hirsches in der Brunft, und es fiel ihm dicht und voll bis auf die Schultern, wies allerdings nicht die Zöpfe oder den sonstigen Schmuck auf, die bei einem Gallier üblich gewesen wären. Er trug hohe Reiterstiefel, keine Beinharnische, was bedeutete, dass er bei der Kavallerie war und nicht bei der Infanterie, und die Spur von Fußabdrücken von der einen Stallbox zur anderen glich haargenau jener Spur im Schnee, der Valerius von den Latrinen aus nachgegangen war. Valerius schloss insgeheim eine kleine Wette mit sich selbst ab, was den Dienstgrad und die Herkunft des Mannes betraf.
    Als der Fremde ihn auf sich zukommen sah, wandte er sich von der kastanienbraunen Stute ab. Ohne zu salutieren, fragte er: »Hat deine Schulter Schaden erlitten?«
    Keiner, der rangmäßig unter einem Duplikarius stand, hätte mit solch unbekümmerter Vertraulichkeit gesprochen, und jeder Ranghöhere hätte irgendeine Form der Respektsbezeugung verlangt. Folglich musste der Rang des Fremden dem eines Oberstallmeisters entsprechen; den ersten Teil seiner Wette hatte Valerius damit also schon einmal gewonnen. Sein Lächeln galt der erfreulichen Erkenntnis, dass er richtig geraten hatte - nicht etwa dem Mann.
    »Nein«, erwiderte er, »oder zumindest keinen sonderlich großen Schaden. Krähe scheint sich ebenfalls wieder von dem Schock erholt zu haben. Er hatte schon die ganzen vergangenen acht Jahre versucht, mich zu beißen,

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