Das Schwert der Keltin
mich darum kümmern oder zumindest jemanden finden, der sich der Sache annimmt. Wenn deine Pferde und deine Männer wohlauf sind und du die Zeit erübrigen kannst, wäre es vielleicht ganz nützlich, wenn du den Technischen Offizier ausfindig machtest. Die Bäder sind sein ganzer Stolz, und wenn er feststellt, dass die Rohre nicht funktionieren, könnte er, ähnlich wie mein Pferd, zu dem Schluss kommen, dass es an der Zeit ist, alle viere von sich zu strecken und sich dem Gott zu ergeben. Er heißt Lucius Bassianus, ein Iberer - von ihm wirst du doch bestimmt schon gehört haben?«
Der Fremde lehnte an der Wand der letzten Stallbox in der Reihe, die Daumen in seinen Gürtel gehakt, und er betrachtete Julius Valerius so eingehend, wie ein Mann vielleicht ein kürzlich erworbenes Hengstfohlen begutachten würde. Das Schicksal der Versammlungshalle oder der Latrinen war ihm ganz offensichtlich ziemlich gleichgültig. Als ihm klar wurde, dass sein Gesprächspartner eine Antwort von ihm erwartete, schüttelte er den Kopf. »Tut mir Leid«, erklärte er, »das habe ich nicht, aber andererseits bin ich ja auch erst seit zwei Tagen hier, und diejenigen, die so gerne Klatsch und Tratsch verbreiten, befassen sich nicht mit so kleinen Fischen wie einem Wasserbautechniker und den Kloaken, die er baut. Sie interessieren sich nur für die höheren Tiere. Und die redseligsten unter ihnen, oder vielleicht auch die rachsüchtigsten, reden über einen Mann, der erst vor kurzem zum stellvertretenden Kommandeur der Fünften Gallischen befördert wurde und einen Schecken besitzt, der die Verkörperung des Bösen ist, und über seinen einstigen Freund, den Präfekten Corvus, der früher einmal ein Gefangener hier auf der Insel war.«
Sein Ausdruck und seine Kopfhaltung ließen erkennen, dass er nun eine Frage erwartete und dass er diese auch prompt beantworten würde. Jeder normale Mann würde wissen wollen, was andere hinter seinem Rücken über ihn sagten. Als Gegenleistung dafür würde solch ein Mann mehr Informationen liefern, als die Klatschmäuler ausplaudern konnten.
Valerius hatte allerdings ohnehin schon eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie über ihn geredet wurde, und er hatte kein Verlangen danach, die einem spätabendlichen Besäufnis entsprungenen Ausschmückungen zu hören. Statt also auf den Köder anzubeißen, sagte er: »Haben sie dir erzählt, dass wir einen Statthalter haben, der auf dem Weg zu seiner neuen Provinz in dem festen Glauben war, reiche Siegesbeute machen zu können, und der sich stattdessen mitten in einem unvollendeten Krieg wiederfand, den zu gewinnen ihn zehn Jahre und mindestens ebenso viele Legionen kosten könnte?«
Der Thraker gab sich gut gelaunt geschlagen. »Nein«, erwiderte er. »Wenn ich die nackte Wahrheit hören will, wende ich mich an ältere Leute mit mehr Lebenserfahrung. In den Augen derer, mit denen ich zeche, sind Gespräche über den Krieg reine Zeitverschwendung, wenn wir doch stattdessen über Liebe und Verlust sprechen können und über die leidenschaftlichen Gefühle, die uns erregen. Bei dem Klatsch über den Statthalter ging es ausschließlich um seinen Sohn, der ranghöchster Tribun bei der Zweiten Legion ist, stationiert im fernen Südwesten. Der Junge, so erzählen sie, hatte sich noch kaum in seinem neuen Quartier niedergelassen, als er auch schon wieder zurückgeschickt wurde, um dem Kriegsrat des Statthalters beizuwohnen und die Nachricht zu überbringen, dass die Legion von Stammeskriegern attackiert wird und der Legat es nicht wagt, seinen Posten zu verlassen.«
»Was natürlich eine ganze Menge mit Liebe und Verlust und der Erweckung leidenschaftlicher Gefühle zu tun hat.«
Der Thraker grinste. »Könnte durchaus sein. Man hat mir nämlich erzählt, dass der Sohn des Statthalters groß und ungemein attraktiv ist, mit jettschwarzem Haar und ausdrucksvollen rehbraunen Augen, und dass der Legat ihn in Wirklichkeit deshalb in den Osten geschickt hat, um ihn vor den Zenturionen der Zweiten zu schützen, die schon zu lange in der Garnison und der übrigen jungen Soldaten allmählich überdrüssig sind.« Der Mann schätzte die Wirkung seiner Bemerkung ab und fügte dann, nur ein wenig ernster, hinzu: »Aber selbstverständlich wissen diejenigen von uns, die einen höheren Rang bekleiden, dass der Junge deshalb geschickt worden sein wird, weil man sich bei ihm darauf verlassen kann, dass er seinen Vater von der Ungeheuerlichkeit der Lage überzeugt, in die sie
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