Das Schwert der Keltin
einer der Verteidiger noch fliehen und zu dem wartenden Ruderboot laufen könnte. Genau das schien der Grund zu sein, warum die zusätzlichen Reiter aufgetaucht waren.
Der Offizier in Valerius musste abermals Marullus’ Taktik bewundern, noch während er die Gegner abzuwehren versuchte. Die Stute wirbelte von allein wieder herum. Zwei Männer stürmten auf ihn los, von jeder Seite einer, und Valerius riss am weichen Maul des Pferdes und tat ihm damit weh, doch es bäumte sich auf der Hinterhand auf und brachte ihn mit einem Satz vorwärts außer Reichweite seiner Widersacher. Er spürte das kurze Zerren in seinem Rücken und begriff, dass soeben der Sklavenjunge hinuntergefallen war, und das tat ihm aufrichtig Leid. Dann tötete er den ersten seiner Angreifer und stellte fest, dass den zweiten bereits Luain mac Calma erledigt hatte. Eigentlich hätte der Träumer gar nicht hier sein sollen, denn er wurde dringend woanders gebraucht. In dem Knäuel von Kriegern, in dem sowohl Caradoc als auch Dubornos waren, hörte Valerius das unangenehme Geräusch von mindestens einem Eisenschwert, das auf eine bereits beschädigte Waffe prallte. Als er sich kurz umwandte, erkannte er Cwmfen, die ihr Pferd näher an Caradocs Rechte herandrängte und ihn auf diese Weise zu schützen versuchte, denn der Krieger verlor sichtlich an Kraft. Zwar empfand Valerius keinerlei Zuneigung für auch nur einen von denjenigen, die mit ihm kämpften, doch da ihr Tod eng mit dem seinen verknüpft sein würde, wollte er ihn möglichst lange hinauszögern.
Schon rückte Marullus’ zweite Kampfreihe gegen sie vor. Valerius zertrümmerte einen nach ihm geschleuderten Speer - die Gallier hatten Speere! - und rief in mac Calmas Richtung: »Kümmere dich um Caradoc. Mit mir ist alles in Ordnung.«
»Dann hol dir den Jungen und reite zu den Ruderbooten. Du bist es, den sie zu töten versuchen, nicht wir.«
Es stimmte. Der Hauptteil des römischen Angriffs richtete sich allein gegen ihn. Nur der wegrutschende grobe Kies des Strandes und die Krieger zu beiden Seiten hielten sie noch davon ab, ihn zu überwältigen. Über das Chaos des Kampfes hinweg brüllte der Träumer erneut: »Hol den Jungen!« Sein Schwert tanzte nach rechts und links, um ihnen etwas Platz zu verschaffen. Mac Calmas Haar und sein Umhang folgten flatternd jeder seiner Bewegungen. »Reite endlich zum Boot, Mann!«
»Kann nicht … eine neue Truppe von Galliern im Weg … tödlich, von hier wegzureiten.«
»Nein. Das sind unsere gallischen... Freunde...« Dann grub sich eine Klinge in die Flanke von mac Calmas Pferd, und sofort bäumte sich das Tier auf der Hinterhand auf, peitschte mit seinen Hufen die Luft und vereitelte dadurch einen für mac Calma sonst tödlichen Schwerthieb. Der Träumer hieb mit aller Kraft zurück. Eisen schlug krachend auf Eisen, und es bestand noch immer die Chance, dass er überleben würde, und das war mehr, als man von den anderen behaupten konnte.
Caradoc war verwundet. Valerius erkannte an der Art, wie sich sein Pferd bewegte, dass Caradocs rechte Hand nicht länger die Zügel hielt. Er wandte sich von mac Calma ab. Unsere Gallier? Unmöglich. Alle Gallier waren auf den Kaiser und auf Rom eingeschworen. Genau in Augenhöhe sauste eine Klinge an ihm vorbei, und er wäre fast getötet worden.
Denken tötete. Ohne weiter nachzudenken schlug er seinen Angreifer von dessen Pferd und beugte sich dann aus dem Sattel heraus, um sein Schwert in das Bein des Mannes zu rammen, woraufhin das Blut nur so aus der Hauptschlagader spritzte, während der Mann sich verzweifelt an die letzten Augenblicke seines Lebens klammerte. Ist das Leben einem erwachsenen Mann, der weiß, was er zu verlieren hat, denn weniger lieb...? Ich denke nicht. Valerius empfand mehr und mehr eine gewisse innere Distanz zu dem Geschehen, so dass es so war, als ob sich ein Teil von ihm aus seinem Körper löste und über dem Kampfgetümmel schwebte, um zu beobachten und zu beurteilen. Wie immer in solchen Augenblicken waren die Geister wieder verschwunden, was ungerecht war, denn wenn Valerius schon sterben musste, dann wollte er, dass sie seinen Tod zumindest miterlebten. Schroff rief er sie zurück, und sein Herz hüpfte freudig, als sie sich schließlich wieder einfanden.
Sein Instinkt zog ihn zu der Stelle am rechten Ende ihrer Reihe, wo Caradoc von seinem Pferd geglitten war und nun Seite an Seite mit Cwmfen kämpfte und dabei seinen Körper benutzte, um Math zu schützen, den sie auf
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