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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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konnten. Er hatte Königssöhne gesehen, die das unsichere Los eines Söldners einer vom Vater ausgesuchten hinkenden oder pockennarbigen Königin vorzogen, deren vertrocknete oder zweifelhafte Jungfräulichkeit der Preis eines Bündnisses und dynastischer Zusammenschlüsse sein sollte.
    »Schlaf«, sagte er. »Schlaf, kleine Waise.«
    »Ausgerechnet!«, murrte sie. »Ich bin eine Prinzessin und keine Waise. Ich hab eine Großmutter. Meine Großmutter ist Königin, dass du’s nur weißt. Wenn ich ihr sage, dass du mich mit dem Gürtel schlagen wolltest, lässt sie dir den Kopf abhauen, du wirst sehen.«
    »Grässlich! Ciri, erbarm dich!«
    »Ausgerechnet!«
    »Du bist doch ein gutes Mädchen. Den Kopf abhauen tut schrecklich weh. Nicht wahr, du sagst ihr nichts?«
    »Sag ich doch.«
    »Ciri.«
    »Ich sag’s, ich sag’s, ich sag’s! Du hast Angst, was?«
    »Schreckliche Angst. Weißt du, Ciri, wenn ein Mensch den Kopf verliert, dann kann er daran sterben.«
    »Machst du dich lustig?«
    »Wie könnte ich es wagen.«
    »Dir werden die Witze noch vergehen, du wirst sehen. Mit meiner Großmutter ist nicht zu spaßen, wenn sie mit dem Fuß aufstampft, knien die größten Krieger und Ritter vor ihr nieder, ich hab’s selber gesehen. Und wenn jemand ungehorsam ist, dann ratz-batz, und der Kopf ist ab.«
    »Schrecklich. Ciri?«
    »Hm?«
    »Sie werden wohl dir den Kopf abhauen.«
    »Mir?«
    »Klar. Schließlich war es deine Großmutter und Königin, die die Ehe mit Kistrin vereinbart und dich nach Verden geschickt hat, nach Nastrog. Du warst ungehorsam. Sobald du zurückkommst ... Ratz! Und ab ist der Kopf.«
    Das Mädchen verstummte, hörte sogar auf zu zappeln. Er hörte, wie sie schnalzte, sich auf die Unterlippe biss, Luft durch die verschnupfte Nase zog.
    »Stimmt nicht«, sagte sie. »Die Großmutter erlaubt nicht, dass mir der Kopf abgeschlagen wird, weil ... Weil es meine Großmutter ist, oder? Äh, höchstens werd ich verhauen ...«
    »Aha.« Geralt lächelte. »Mit der Großmutter ist nicht zu spaßen? Die Gerte war schon in Aktion, was?«
    Ciri schnaufte wütend.
    »Weißt du was?«, sagte er. »Wir sagen deiner Großmutter , dass ich dich schon verhauen habe, und zweimal darf man nicht für dieselbe Sache bestraft werden. Abgemacht?«
    »Du bist wohl nicht gescheit!« Ciri richtete sich auf dem Ellenbogen auf, dass die Zweige knisterten. »Wenn Großmutter hört, dass du mich geschlagen hast, kriegst du im Handumdrehen den Kopf abgehauen!«
    »Also tut dir mein Kopf doch leid?«
    Das Mädchen schwieg, schniefte wieder.
    »Geralt ...«
    »Ja, Ciri?«
    »Die Großmutter weiß, dass ich zurückkehren muss. Ich kann keine Fürstin sein oder die Frau von dem dummen Kistrin. Ich muss zurückkehren, und fertig.«
    Du musst, dachte er. Leider hängt das weder von dir noch von deiner Großmutter ab. Von der Laune der alten Eithné hängt es ab. Und von meiner Überzeugungskraft.
    »Die Großmutter weiß das«, fuhr Ciri fort. »Weil ich ... Geralt, schwör, dass du es niemandem verrätst. Das ist ein schreckliches Geheimnis. Ein fürchterliches, sag ich dir. Schwör.«
    »Ich schwöre es.«
    »Gut, dann sag ich dir’s. Meine Mama war eine Zauberin, dass du’s nur weißt. Und mein Papa war auch verzaubert. Das alles hat mir eine Kinderfrau erzählt, und als die Großmutter davon erfahren hat, war mächtig was los. Denn ich bin vorherbestimmt, weißt du?«
    »Wozu?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Ciri ehrfürchtig. »Aber ich bin vorherbestimmt. Das hat die Kinderfrau gesagt. Aber die Großmutter hat gesagt, sie wird’s nicht erlauben, eher wird das ganze vermak ... vermarredeite Schloss einstürzen. Aber die Kinderfrau hat gesagt, gegen die Vorsehung kann man sonst was machen, es hilft alles nichts. Ha! Und dann hat die Kinderfrau geweint, und die Großmutter hat geflucht. Siehst du? Ich bin vorherbestimmt. Ich werde nicht die Frau von dem dummen Kistrin. Geralt?«
    »Schlaf.« Er gähnte, dass das Kiefergelenk knackte. »Schlaf, Ciri.«
    »Erzähl mir ein Märchen.«
    »Was?«
    »Ein Märchen sollst du mir erzählen«, fauchte sie. »Soll ich etwa ohne Märchen schlafen? Also wirklich!«
    »Ich kenne, verdammich, kein Märchen. Schlaf.«
    »Lüg nicht. Du kennst eins. Als du klein warst, hat dir da etwa niemand Märchen erzählt? Worüber lachst du?«
    »Über nichts. Mir ist etwas eingefallen.«
    »Aha! Siehst du. Also, erzähle.«
    »Was?«
    »Das Märchen.«
    Er lachte wieder, legte die Hände unter den Kopf,

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