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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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aus«, schluchzte sie. »Ich hab nichts gegessen seit ...«
    »Sei still.« Er griff in den Quersack, holte ein Stück Speck, einen kleinen Käselaib und zwei Äpfel hervor. »Da hast du.«
    »Was ist das, das Gelbe?«
    »Speck.«
    »Das esse ich nicht.«
    »Das trifft sich bestens«, sagte er undeutlich, den Speck zwischen den Zähnen. »Iss den Käse. Und einen Apfel.«
    »Warum einen?«
    »Zapple nicht. Iss beide.«
    »Geralt?«
    »Hm?«
    »Danke.«
    »Schon gut. Iss nur.«
    »Ich meine ... nicht deswegen. Dafür auch, aber ... Du hast mich vor diesem Hundertfüßler gerettet ... Brrr ... Ich wär vor Angst beinahe gestorben.«
    »Du wärst beinahe gestorben«, bestätigte er ernst. Beinahe wärst du auf eine außerordentlich schmerzhafte und widerwärtige Weise gestorben, dachte er. »Aber danken musst du Braenn.«
    »Wer ist sie?«
    »Eine Dryade.«
    »Ein Scheuweib?«
    »Ja.«
    »Dann hat sie uns ... Sie rauben Kinder! Sie hat uns geraubt? Eh, du bist ja nicht klein. Und warum redet sie so seltsam?«
    »Sie redet, wie sie redet, das ist nicht wichtig. Wichtig ist, dass sie schießt. Vergiss nicht, dich bei ihr zu bedanken, wenn wir haltmachen.«
    »Ich vergesse es nicht«, schniefte sie.
    »Zapple nicht, Prinzessin, künftige Fürstin von Verden.«
    »Ich werde keine Fürstin«, murrte sie.
    »Gut, gut. Du wirst keine Fürstin. Du wirst ein Hamster und wohnst in einer Erdhöhle.«
    »Das ist nicht wahr! Du weißt gar nichts!«
    »Schrei mir nicht ins Ohr. Und vergiss den Riemen nicht.«
    »Ich werde keine Fürstin. Ich werde ...«
    »Na? Was?«
    »Das ist ein Geheimnis.«
    »Ach so, das ist ein Geheimnis. Sehr gut.« Er hob den Kopf. »Was ist, Braenn?«
    Die Dryade war stehengeblieben. Sie zuckte mit den Schultern und blickte zum Himmel.
    »Ich bin müde«, sagte sie sacht. »Und du sicherlich auch, wo du sie doch getragen hast, Gwynbleidd. Hier machen wir halt. Es wird gleich dunkel.«

III
    »Ciri?«
    »Hm?«, schniefte das Mädchen und raschelte mit den Zweigen, auf denen sie lag.
    »Ist dir nicht kalt?«
    »Nein«, seufzte sie. »Heute ist es warm. Gestern ... Gestern hab ich schrecklich gefroren, oje.«
    »Seltsam«, ließ sich Braenn vernehmen, während sie die Riemen der hohen, weichen Stiefel löste. »So ein Krümel, und ist so eine weite Strecke durch den Wald gegangen. Ist durch die Vorposten gegangen, durchs Moor, durch das Dickicht. Kräftig, gesund und tüchtig. Sicherlich eignet sie sich ... Sie eignet sich für uns.«
    Geralt warf rasch einen Blick auf die Dryade, auf ihre im Halbdunkel funkelnden Augen. Braenn stand mit dem Rücken an einen Baum gelehnt, nahm das Stirnband ab, lockerte mit einer Kopfbewegung das Haar.
    »Sie ist in den Brokilon gekommen«, murmelte sie und kam einer Bemerkung von ihm zuvor. »Sie gehört uns, Gwynbleidd. Wir gehen nach Duén Canell.«
    »Das wird Frau Eithné entscheiden«, entgegnete er geduldig. Doch er wusste, dass Braenn recht hatte.
    Schade, dachte er, während er das Mädchen betrachtete, das sich auf dem grünen Lager herumdrehte. So ein resolutes Wichtel. Wo habe ich sie schon gesehen? Egal. Aber schade. Die Welt ist so groß und so schön. Ihre Welt aber wird nun der Brokilon sein, bis ans Ende ihrer Tage. Nicht vieler Tage vielleicht. Vielleicht nur bis zu dem Tage, da sie ins Farnkraut stürzt, von Schreien und dem Schwirren der Pfeile umgeben im sinnlosen Krieg um den Wald, auf Seiten derjenigen, die verlieren müssen. Müssen. Früher oder später.
    »Ciri?«
    »Ja?«
    »Wo haben deine Eltern gewohnt?«
    »Ich habe keine Eltern«, schniefte sie. »Sie sind im Meer ertrunken, als ich noch klein war.«
    Ja, dachte er, das erklärt vieles. Eine Prinzessin, Kind eines nicht mehr lebenden Fürstenpaares. Wer weiß, womöglich die dritte Tochter des vierten Sohnes. Ein Titel, der in der Praxis weniger bedeutet als der eines Kastellans oder Stallmeisters. Ein bei Hofe umhergeisterndes aschblondes und grünäugiges Etwas, das man möglichst schnell loswerden, verheiraten muss. Möglichst schnell, ehe es zu einer kleinen Frau wird, die Gefahr eines Skandals, einer Mesalliance oder eines Inzests besteht, wie es im gemeinsamen Schlafsaal des Schlosses leicht vorkommen kann.
    Über ihre Flucht wunderte sich der Hexer nicht. Er hatte schon mehrfach Prinzessinnen, sogar Königinnen getroffen, die mit wandernden Schauspieltruppen umherzogen und glücklich waren, dass sie vor einem senilen, aber immer noch auf einen Thronfolger versessenen König fliehen

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