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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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lustig?«
    »Hm.«
    »Weißt du was? Ich kann dich nicht ausstehen.«
    »Das ist schrecklich. Ciri, du hast mich mitten ins Herz getroffen.«
    »Ich weiß«, stimmte sie ihm ernsthaft zu und schniefte, worauf sie sich eng an ihn kuschelte.
    »Schlaf gut, Ciri«, murmelte er und atmete ihren lieben Spatzengeruch ein. »Schlaf gut. Gute Nacht, Braenn.«
    »Deárme, Gwynbleidd.«
    Über ihren Köpfen rauschte der Brokilon mit Milliarden von Zweigen und Hunderten von Milliarden Blättern.

IV
    Tags darauf gelangten sie zu den 
Bäumen
. Braenn kniete nieder, neigte den Kopf. Geralt fühlte, dass er dasselbe tun sollte. Ciri seufzte vor Verwunderung.
    Die 
Bäume
 – größtenteils Eichen, Eiben und Hickorynussbäume – maßen jeder mehrere Klafter im Umfang. Es war nicht auszumachen, wie hoch ihre Kronen reichten. Denn schon die Stellen, wo die mächtigen, hochgewölbten Wurzeln in einen glatten Stamm übergingen, lagen weit über ihren Köpfen. Sie konnten schneller gehen – die Riesen standen in größerem Abstand, und in ihrem Schatten konnte sich kein anderer Pflanzenwuchs behaupten, da war nur der Laubteppich.
    Sie konnten schneller gehen. Doch sie gingen langsam. Still. Mit gesenkten Köpfen. Hier zwischen den 
Bäumen
 waren sie klein, unwichtig, nicht von Belang. Sie zählten nicht. Sogar Ciri verhielt sich still – sie ließ sich gut eine halbe Stunde lang nicht hören.
    Nach einer Stunde aber hatten sie den Gürtel der 
Bäume
 durchquert, kamen wieder in Schluchten, in feuchte Buchenhaine.
    Der Schnupfen machte Ciri immer stärker zu schaffen. Geralt hatte kein Taschentuch, war ihr ständiges Schniefen aber leid und brachte ihr bei, sich in die Finger zu schneuzen. Dem Mädchen gefiel das außerordentlich. Angesichts ihres Lächelns und ihrer funkelnden Augen war der Hexer von Grund auf überzeugt, dass sie den Gedanken genoss, sie könnte sich mit der neu erlernten Kunst bald bei Hofe hervortun, während eines Festmahls oder eines Empfangs für einen Botschafter aus Übersee.
    Braenn blieb plötzlich stehen, wandte sich um.
    »Gwynbleidd«, sagte sie und wickelte eine grüne Binde von ihrem Ellenbogen. »Komm. Ich werde dir die Augen verbinden. So muss es sein.«
    »Ich weiß.«
    »Ich führe dich. Gib mir die Hand.«
    »Nein«, protestierte Ciri. »Ich werde ihn führen. Braenn?«
    »Gut, Krümel.«
    »Geralt?«
    »Ja?«
    »Was bedeutet Gwyn ... bleidd?«
    »Weißer Wolf. So nennen mich die Dryaden.«
    »Vorsicht, eine Wurzel. Stolpere nicht! Sie nennen dich so, weil du weiße Haare hast?«
    »Ja ... Verdammt!«
    »Ich hab doch gesagt, da ist eine Wurzel.«
    Sie gingen. Langsam. Unter den Füßen war es schlüpfrig von herabgefallenen Blättern. Er fühlte Wärme auf dem Gesicht, der Sonnenschein drang durch die Binde vor seinen Augen.
    »Och, Geralt«, hörte er Ciris Stimme. »Das ist so schön. Schade, dass du es nicht sehen kannst. Hier sind so viele Blumen. Und Vögel. Hörst du, wie sie singen? Och, so viele gibt es hier. Massenhaft. Oh, und Eichhörnchen. Vorsicht, wir gehen über einen Bach, auf einer Steinbrücke. Fall nicht ins Wasser. Och, wie viel Fische es hier gibt! Ganz viele. Sie schwimmen im Wasser, weißt du? So viele kleine Tiere, oje. So viele gibt’s sonst bestimmt nirgends.«
    »Nirgends«, murmelte er. »Nirgends. Das ist der Brokilon.«
    »Was?«
    »Der Brokilon. Der Letzte Ort.«
    »Ich verstehe nicht ...«
    »Niemand versteht das. Niemand will das verstehen.«

V
    »Nimm die Binde ab, Gwynbleidd. Jetzt darfst du. Wir sind da.«
    Braenn stand bis zu den Knien in einem dichten Teppich von Nebel.
    »Duén Canell«, sagte sie mit einer Handbewegung.
    Duén Canell, der Ort der Eiche. Das Herz des Brokilon.
    Geralt war schon hier gewesen. Zweimal. Doch er hatte niemandem davon erzählt. Niemand hätte ihm geglaubt.
    Ein Talkessel, von den Kronen großer, grüner Bäume umschlossen. In Nebel und Dunst gehüllt, die aus der Erde, den Felsen, den heißen Quellen drangen. Ein Talkessel ...
    Das Medaillon an seinem Hals ruckte leicht.
    Ein in Magie gehüllter Talkessel. Duén Canell. Das Herz des Brokilon.
    Braenn hob den Kopf, rückte den Köcher auf dem Rücken zurecht.
    »Gehen wir. Gib die Hand, Krümel.«
    Anfangs wirkte der Talkessel tot, verlassen. Nicht lange. Es ertönte ein andauernder, modulierter Pfiff, und auf kaum erkennbaren Stufen von Vorsprüngen aus Feuerschwämmen, die den nächsten Baumstamm spiralförmig umgaben, stieg behende eine braunhäutige,

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