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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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sieben, vergiss nicht.«
    »Und wieso, Himmeldonnerwetter, ist ein Rabe passender als ein Kormoran?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Ich auch nicht. Aber ich nehme an, in der Geschichte hat mich Eliza mit Hilfe dieses grässlichen Dings von einem Hemd aus Brennnesseln erlöst?«
    »Getroffen. Und wie geht es Eliza?«
    »Sie hat die Schwindsucht, die Ärmste. Lange macht sie’s nicht mehr.«
    »Traurig.«
    »Traurig«, bestätigte Freixenet ungerührt und blickte zur Seite.
    »Was den Zauber betrifft« – Geralt lehnte sich mit dem Rücken an die Wand aus geflochtenen, federnden Zweigen –, »Rückfälle hast du nicht? Es wachsen keine Federn?«
    »Gottlob nicht«, seufzte der Baron. »Alles in Ordnung. Das Einzige, was ich von damals behalten habe, ist Geschmack an Fisch. Für mich, Geralt, gibt’s kein besseres Fressen als Fisch. Manchmal gehe ich gleich früh am Morgen zu den Fischern, an die Anlegestelle, und ehe sie mir etwas Edleres herausgesucht haben, nehme ich mir ein, zwei Handvoll Ukeleien gleich aus dem Fischkasten, ein paar Schlammbeißer, einen Dickkopf oder Döbel ... Ein reines Vergnügen, kein Fressen.«
    »Er war ein Kormoran«, sagte Ciri langsam, den Blick auf Geralt gerichtet. »Und du hast ihn entzaubert. Du kannst zaubern!«
    »Das ist doch wohl klar«, sagte Freixenet, »dass er es kann. Jeder Hexer kann das.«
    »Ein He ... Hexer?«
    »Hast du nicht gewusst, dass das ein Hexer ist? Der berühmte Geralt der Rivier? Freilich, woher soll so ein Knirps wie du wissen, was ein Hexer ist. Heute ist es anders als früher. Heute gibt es wenig Hexer, man findet kaum einen. Du hast sicherlich noch nie einen Hexer gesehen?«
    Ciri schüttelte langsam den Kopf, ohne den Blick von Geralt zu wenden.
    »Ein Hexer, Knirps, das ist so ...« Freixenet verstummte und erbleichte, als er die in die Hütte kommende Braenn erblickte. »Nein, ich will nicht! Ich lass mir nichts ins Maul schütten, nie, nie wieder! Geralt! Sag ihr ...«
    »Beruhige dich.«
    Braenn würdigte Freixenet nicht mehr als eines flüchtigen Blickes. Sie ging sofort zu Ciri, die neben dem Hexer hockte.
    »Komm«, sagte sie. »Komm, Krümel.«
    »Wohin?« Ciri verzog das Gesicht. »Ich gehe nicht. Ich will bei Geralt bleiben.«
    »Geh.« Der Hexer rang sich ein Lächeln ab. »Du wirst mit Braenn und den jungen Dryaden spielen. Sie zeigen dir Duén Canell ...«
    »Sie hat mir die Augen nicht verbunden«, sagte Ciri sehr langsam. »Als wir hierhergekommen sind, hat sie mir die Augen nicht verbunden. Dir hat sie sie verbunden. Damit du nicht wieder herfindest, wenn du gegangen bist. Das heißt ...«
    Geralt schaute Braenn an. Die Dryade zuckte mit den Schultern, dann umarmte sie das Mädchen und drückte es an sich.
    »Das heißt ...« Ciris Stimme versagte plötzlich. »Das heißt, dass ich hier nicht fortgehen werde. Ja?«
    »Niemand geht von seiner Vorherbestimmung fort.«
    Alle wandten den Kopf, als diese Stimme erklang. Eine leise Stimme, doch klangvoll, fest, entschieden. Eine Stimme, die Gehorsam erzwang, keine Widerrede duldete. Braenn verneigte sich. Geralt beugte ein Knie.
    »Frau Eithné ...«
    Die Herrscherin des Brokilon trug ein langes, fließendes, hellgrünes Gewand. Wie die meisten Dryaden war sie feingliedrig und nicht groß, doch der stolz erhobene Kopf, das Gesicht mit ernsten, scharfen Zügen und der entschlossene Mund bewirkten, dass sie größer und gewichtiger wirkte. Ihre Haare und ihre Augen hatten die Farbe von geschmolzenem Silber.
    Sie kam in die Hütte, von zwei jüngeren Dryaden eskortiert, die mit Pfeil und Bogen bewaffnet waren. Wortlos nickte sie Braenn zu, und die ergriff sofort Ciris Hand und zog sie zum Ausgang hin, den Kopf tief gesenkt. Ciri ging steif und ungelenk, bleich und stumm. Als sie an Eithné vorbeikam, fasste ihr die silberhaarige Dryade mit einer raschen Bewegung unters Kinn, hob ihren Kopf, schaute dem Mädchen lange in die Augen. Geralt sah, dass Ciri zitterte.
    »Geh«, sagte Eithné schließlich. »Geh, Kind. Fürchte nichts. Nichts kann mehr deine Vorherbestimmung ändern. Du bist im Brokilon.«
    Ciri trottete folgsam hinter Braenn her. Am Eingang wandte sie sich um. Der Hexer sah, dass ihre Lippen zitterten und die grünen Augen sich mit Tränen füllten. Er sagte kein Wort. Er kniete noch immer, den Kopf gesenkt.
    »Steh auf, Gwynbleidd. Sei mir gegrüßt.«
    »Sei mir gegrüßt, Eithné, Herrin des Brokilon.«
    »Abermals habe ich das Vergnügen, dich als Gast in meinem Walde zu sehen.

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