Das Schwert der Vorsehung
tu es für dich, damit du dich vor Venzlav blicken lassen und die Belohnung kassieren kannst, die er dir sicherlich dafür versprochen hat, dass du zu mir vordringst. Aber nicht jetzt, jetzt habe ich zu tun. Komm am Abend zu meinem Baum.«
Als sie hinausging, stützte sich Freixenet auf den Ellenbogen, stöhnte, hustete, spuckte sich in den Handteller.
»Was geht hier vor, Geralt? Warum soll ich hierbleiben? Und was sollte das mit den Kindern? Wo hast du mich hineingezogen, he?«
Der Hexer setzte sich.
»Du wirst den Kopf behalten, Freixenet«, sagte er mit müder Stimme. »Du wirst einer von den wenigen sein, die lebend hier herauskommen, zumindest in letzter Zeit. Und du wirst Vater einer kleinen Dryade. Vielleicht von mehreren.«
»Was denn? Ich soll ... Zuchthengst sein?«
»Nenn es, wie du willst. Du hast keine große Wahl.«
»Ich verstehe«, murmelte der Baron und lächelte heuchlerisch. »Nun ja, ich habe Gefangene in Bergwerken arbeiten und Kanäle graben sehen. Da ziehe ich das kleinere Übel vor ... Wenn mir nur die Kräfte reichen. Hier gibt’s etliche ...«
»Hör auf, dumm zu grinsen« – Geralt verzog das Gesicht – »und dir was einzubilden. Stell dir bloß keine Nettigkeiten vor, Musik, Wein, Fächer und einen Schwarm von Dryaden, die dich anbeten. Es wird eine sein, vielleicht zwei. Und aus dem Anbeten wird auch nichts. Sie betrachten die ganze Angelegenheit sehr sachlich. Und dich erst recht.«
»Es macht ihnen kein Vergnügen? Aber unangenehm wird es ihnen doch wohl nicht sein?«
»Sei nicht kindisch. In dieser Hinsicht unterscheiden sie sich nicht von Frauen. Zumindest körperlich.«
»Das heißt?«
»Es hängt von dir ab, ob es für die Dryade angenehm oder unangenehm ist. Doch das ändert nichts an der Tatsache, dass sie ausschließlich an der Wirkung interessiert sein wird. Deine Person ist zweitrangig. Erwarte keine Dankbarkeit. Ach ja, und versuch auf gar keinen Fall, aus eigener Initiative etwas zu unternehmen.«
»Aus eigener was?«
»Wenn du sie am Morgen triffst«, erklärte der Hexer geduldig, »grüße sie, aber, zum Teufel, ohne Grinsen oder Augenzwinkern. Für eine Dryade ist das eine todernsteAngelegenheit. Wenn sie lächelt oder auf dich zukommt, kannst du mit ihr reden. Am besten über Bäume. Wenn du von Bäumen nichts verstehst, dann übers Wetter. Aber wenn sie so tut, als ob sie dich nicht sähe, halt dich fern von ihr. Und halte dich von den anderen Dryaden fern und gib auf deine Hände acht. Für eine Dryade, die nicht bereit ist, gibt es derlei nicht. Du rührst sie an und kriegst ein Messer zwischen die Rippen, weil sie die Absicht nicht versteht.«
»Du kennst dich gut aus« – Freixenet grinste – »mit ihren Hochzeitsbräuchen. Hattest du die Gelegenheit?«
Der Hexer antwortete nicht. Vor Augen stand ihm die schöne braunhäutige Dryade, ihr unverschämtes Lachen. Vatt’ghern, bloéde cáerme. Ein Hexer, verdammtes Pech. Was hast du uns da gebracht, Braenn? Was soll der uns? Mit einem Hexer ist nichts anzufangen ...
»Geralt?«
»Was?«
»Und die Prinzessin Cirilla?«
»Vergiss sie. Aus ihr wird eine Dryade. In zwei, drei Jahren schießt sie ihrem eigenen Bruder Pfeile ins Auge, wenn er versuchen sollte, den Brokilon zu betreten.«
»Verdammt«, fluchte Freixenet und krümmte sich. »Ervyll wird toben. Geralt? Könnte man nicht ...?«
»Nein«, schnitt ihm der Hexer das Wort ab. »Versuch’s gar nicht erst. Du würdest Duén Canell nicht lebendig verlassen.«
»Also ist das Mädchen verloren.«
»Für euch ja.«
VI
Eithnés Baum war, versteht sich, eine Eiche, genauer gesagt, drei zusammengewachsene Eichen, noch immer grün, ohne alle Anzeichen des Austrocknens, obwohl der Hexer sie auf mindestens dreihundert Jahre schätzte. Die Eichen waren innen hohl, und die Höhlungen hatten die Größe einer ansehnlichen Stube mit hoher, kegelförmig zusammenlaufender Decke. Das Innere war von einer nicht rußenden Öllampe erhellt und bescheiden, aber nicht primitiv als bequeme Wohnung eingerichtet.
Eithné hockte in der Mitte auf einer Art Fasermatte. Vor ihr, aufrecht und reglos, wie versteinert, saß auf ihren Fersen Ciri, gewaschen und vom Schnupfen geheilt, die großen smaragdgrünen Augen weit offen. Geralt bemerkte, dass ihr Gesichtchen jetzt, da der Schmutz und die Grimasse boshafter Teufelei davon verschwunden waren, ganz hübsch aussah.
Eithné kämmte die langen Haare des Mädchens, langsam und sorgfältig.
»Komm herein, Gwynbleidd.
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